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Reden zum 1. August 2013 – Welches sind die wahren Stärken der Schweiz?

02.08.2013 |  Von  |  News

Am 1. August 2013 gab es in der Schweiz nicht nur Raketen und Höhenfeuer, sondern auch wieder vielerorts Politikeransprachen.

Die Reden zur Bundesfeier sind eine gute Gelegenheit, grosse Linien der Politik und Perspektiven für die Zukunft der Schweiz aufzuzeigen. Dabei werden durchaus interessante Fronten zwischen den Parteien sichtbar.

Auf der einen Seite betonten Politiker von SVP und CVP am Nationalfeiertag die Freiheit und Souveränität der Schweiz und den Kampf gegen Einmischung von aussen (vor allem durch die EU). Auf der anderen Seite stehen Politiker von SP, FDP und Grünen, die dem so nicht folgen wollen. „Wahre Schweizer Stärken“ seien vielmehr Toleranz, Vielfalt, Ausgleich, Respekt vor internationalem Recht oder soziale Gerechtigkeit.

Einig sind sich zumindest die Politiker in einem Punkt: Die Schweiz ist ein Erfolgsmodell!

Es folgen Auszüge von Politikerreden zum 1. August 2013 quer durch die Parteien.

Christoph Blocher, SVP: Widerstand statt Anpassung

„Die Geburtstagsfeiern zeigen: Die Schweiz ist von unten entstanden. Im Zentrum des Landes steht das Unten. Was in andern Ländern unten ist, ist in der Schweiz oben: Das Volk ist der Souverän.“

„Am 722. Geburtstag der Eidgenossenschaft spüren die Schweizer nicht nur das Gewicht sondern auch die Aktualität dieser Worte. Es ist die Bekräftigung zur „freiheitlichen Gestaltung der eigenen Geschichte“!“

„Die Geburtsurkunde wandte sich – und darin liegt vor allem ihre
politische Aktualität – „ausdrücklich gegen jeden fremden Eingriff […]“

„Aber Neid, Habgier und Machtstreben fremder Staaten greift um sich: Amerika droht, die Franzosen fordern ultimativ, die Deutschen begnügen sich nicht mit der Abgeltungssteuer, die EU will Geld, Geld, Geld……. Auch nichts Neues unter der Sonne.“

„Rufen wir uns in Erinnerung: Widerstand statt Anpassung hat das Land stark gemacht!“

„Offen gesagt: Bundesverwaltung, Regierung und die Mehrheit des Parlaments sind nicht bereit, die Unabhängigkeit, Freiheit, Volksrechte, Selbstbestimmung, Neutralität mutig zu verteidigen, sondern sie wollen letztlich diese Werte preisgeben, und die Schweiz der EU eingliedern – und damit diese 722-jährige Schweiz preisgeben!“

„Doch diesen Leuten ist zuzurufen: ,Meine Damen und Herren, wie schon der Bundesbrief bekundete: Wir wollen weder fremdes Recht noch fremde Richter.’ Oder um Schiller zu zitieren: ,Wir wollen keine fremden Richter haben.’“

Vollständige Rede

Christian Levrat, SP: Mehr als Finanzplatz, Réduit und Schwyzerörgeli

„Ist es wirklich der ewige Widerstand gegen fremde Mächte? Das überholte Bankgeheimnis? Die Abschottung gegen alle äusseren Einflüsse, wie es die Konservativen immer noch gerne und oft behaupten? Hat sich die Schweiz seit 1291 etwa nicht weiterentwickelt?“

„Die wahren Stärken unseres Landes […] sind heute doch ganz andere: Die AHV […], Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und demokratische Mitbestimmung für alle […], ein bestens funktionierender Service Public[…], ein Bildungssystem, um das uns alle Nachbarn beneiden […]“

„Die Schweiz ist mehr als Finanzplatz und Steueroase, mehr als Reduit und Schwiizerörgeli. Sie ist Heimat für Menschen mit unterschiedlichster Herkunft. Eine Heimat, die für Gemeinschaft, Solidarität und gegenseitigen Respekt steht.“

Vollständige Rede

Christophe Darbellay, CVP: Frei sein und frei bleiben

„Die Schweiz ist ein einzigartiges Modell. In vielerlei Hinsicht. Unsere Demokratie: Mustergültig. Minderheitenschutz: Er ist anderswo kaum ausgeprägter als bei uns. Wohlstand: Wir haben quasi Vollbeschäftigung und gehören zu den reichsten Nationen auf diesem Planeten. Kurzum: Wir sind ein Erfolgsmodell.“

„Wo Erfolg ist, muss man oft nicht weit nach Neidern suchen. Neid und Missgunst sind den Erfolgreichen so sicher wie die steten Preisaufschläge bei den SBB.“

„Am meisten Sorgen macht mir hier unser Aussenminister. Statt stark und klar unsere Interessen zu vertreten, ist er zum Nachgeber-Minister geworden. Letzter Akt in diesem Rückzugstheater: Die Zusicherung gegenüber der EU, man wolle sich fremden Richtern beugen. Fremde Richter: Das war der Auslöser für die Schweizer Revolution vor über siebenhundert Jahren!“

„Meine Damen und Herren: Lasst uns zusammenstehen, um unsere Interessen zu verteidigen. So, wie es eben unsere Vorväter auch getan haben. Wir brauchen weniger ,Äxgüsi’ – und mehr: ,So nicht, Freunde!’“

„Wenn ausländische Regierungen nach 40 Jahren Schuldenwirtschaft auf den Kollaps zusteuern – dann ist das deren Verantwortung! Wir Schweizerinnen und Schweizer können mit erhobenem Haupt auf einen gesunden Staatshaushalt blicken – und gerade wegen der direkten Demokratie – auf ein gesundes Staatswesen. Aber eben: Die Neider im Ausland machen uns das Leben schwer: Frankreich will mit einer neuen Erbschaftssteuerregelung „en masse“ Geld bei uns holen, dass während eines ganzen Lebens bei uns erwirtschaftet worden ist. Wir sagen Nein! Deutschland will kein Abkommen in Bankfragen mit uns – Warum: Weil sie noch mehr Geld bei uns holen wollen. Sagen wir Nein! Die EU pocht auf neue Zahlungen für die neuen Mitgliedsländer – und zwar bevor notwendige Abkommen mit der Schweiz eingegangen werden. Zu so einem Deal mit Vorschusszahlungen ohne Erfolgsgarantie gibt es nur eine Antwort: Nein.“

Vollständige Rede

Gabi Huber, FDP: Die FDP will ein klares Verhältnis von Völker- und Landesrecht

„Den Nationalfeiertag haben SVP und CVP zum Anlass genommen, um gegen ausländische Richter zu wettern: sie bevorzugen anscheinend ein absolutistisches Landesrecht auf Kosten des Völkerrechts (siehe hier und hier). Die FDP stellt sich gegen solche Extremvorschläge und liefert ihrerseits mit einem Positionspapier konstruktive Lösungen: eine Klarstellung der Hierarchie zwischen Landes- und Völkerrecht sowie ein Gleichgewicht zwischen nationaler Souveränität und dem Respekt von international geltendem Recht. Eine Abkapselung im Rechtsbereich ist illusorisch – gerade wegen ihrer Internationalität ist die Schweiz heute so stark.“

Vollständige Rede

Regula Rytz, Grüne: Demokratie heisst: Auch an die übernächste Generation denken

„Während wir heute über die Geschichte, die Kultur und die Zukunft von der Schweiz nachdenken, gibt es in anderen Ländern wenig Grund zu feiern. In Ägypten, Nepal, Mali, Tunesien und vielen anderen Orten wird heftig über Demokratie, Freiheit und die Macht im Land gestritten.“

„Jeden Tag frage ich mich, womit ich das Glück verdient habe, in der Schweiz geboren worden zu sein und nicht in Afghanistan oder in Syrien.“

„Das ist keine Selbstverständlichkeit. Sondern ein Erbe unserer Vorfahren, die für Freiheit und Demokratie gekämpft haben. Auch sie haben grosse Risiken auf sich genommen. Wir vergessen das gerne, weil wir schon so lange in Frieden leben.“

„Ausgleich, Vielfalt und Toleranz prägen noch heute die Politik in der Schweiz. Auch hier in Krauchthal. Krauchthal ist eine Schweiz im Kleinen.“

„Zum Erfolgsmodell der Schweiz gehören Freiheit, Fairness, Ausgleich, Bescheidenheit und Toleranz. Zum Erfolgsmodell der Schweiz gehört der Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen als schwache und nicht umgekehrt. Zum Erfolgsmodell der Schweiz gehören die Wandlungsfähigkeit der demokratischen Institutionen und die Offenheit für die Welt, auch für die Sorgen dieser Welt.“

„Zum Erfolgsmodell der Schweiz gehören Weitblick und Verantwortung über die eigene Nasenspitze hinaus.“

„Es gibt wohl keinen Bauer und keine Bäuerin hier, die ihren Hof nicht in einem besseren Zustand hinterlassen wollen als sie ihn geerbt haben. Finanziell saniert, mit guten Böden und gesunden Tieren – so hat es die nächste Generation verdient. Ausserhalb der Landwirtschaft sieht das ganz anders aus. Noch nie hat die Menschheit einen grösseren Raubbau betrieben an unserem Planeten als heute.“

„Mein 1. August-Wunsch ist deshalb, dass wir den zukünftigen Generationen einen rundum gesunden Planeten hinterlassen. Ich bin sicher: Die jungen Krauchthalerinnen und Krauchthaler, die heute den Bürgerbrief erhalten, helfen kräftig mit.“

Vollständige Rede

 

Quelle: politnetz

Bild: © Martin Lehotkay / fotolia

Oberstes Bild: © Niyazz – Shutterstock