Slow-Motion-Videos mit dem Smartphone
von Alin Cucu
Slow Motion ist cool, spätestens seit Keanu Reeves in „Matrix“ seine Kugeln in Zeitlupe abfeuerte. Können das nur Action-Regisseure und Profi-Filmer?
Mittlerweile kann man solche Videos auch per Smartphone erstellen – wenn auch mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
Zeitlupen-Videos haben eine gewisse Magie. Selbst alltägliche Dinge wie der Flügelschlag eines Schmetterlings ziehen einen in den Bann, wenn sie in Slow Motion wiedergegeben werden. Ganz neue Einblicke werden dadurch möglich; nicht umsonst verwenden etwa Biomechaniker oder Biologen die Zeitlupenfunktion für ihre wissenschaftlichen Analysen. Dafür braucht man aber nicht gleich eine Phantom oder GoPro. Welche Hard- und Software ein Smartphone für SloMo-Clips haben sollte, zeigen wir Ihnen im Folgenden.
2Wie entstehen Slow Motion-Videos?
Das Geheimnis hinter Slow Motion nennt sich Overcranking. Darunter versteht man, dass ein Video, das mit erhöhter Bildfrequenz aufgenommen wurde, in normaler Geschwindigkeit abgespielt wird. Perfekt also, wenn das Smartphone von Haus aus mit hoher Bildfrequenz aufnimmt. Das können aber momentan nur die Flaggschiffe iPhone 5s, Samsung Galaxy Note 3 und Galaxy S4 sowie das HTC One – sie schaffen 120 fps (frames per second, also Bilder pro Sekunde) und brauchen keine zusätzliche Slow-Motion-App. Wie toll so etwas aussehen kann, zeigt das folgende Video, welches mit einem iPhone 5s aufgenommen wurde.
Hat das eigene Smartphone dieses Hardware-Feature nicht, kann man mit einem Programm nachhelfen. Bei Aufnahmen mit weniger fps (bei den meisten Geräten 30 oder 60) muss die Software allerdings einen sogenannten Interpolator einsetzen, der im Prinzip die fehlenden Bilder durch Nachberechnungen ersetzt. Je besser die App, desto geringer die Fehler in der Berechnung, was sich sofort in der Zeitlupen-Qualität niederschlägt. In jedem Fall tut man gut daran, das Smartphone stationär zu installieren und Objekte mit möglichst geringer Geschwindigkeit zu filmen. Die berühmten Matrix-Projektile bekommt man mit einem handelsüblichen Smartphone aber in keinem Fall hin. Denn derartig schnelle Geschosse legen zwischen zwei Bildern eine so grosse Distanz zurück, dass eine Berechnung der Zwischenbilder für die Software unmöglich wird.
Slow-Motion-Apps für Android
Im Play Store finden sich zwar einige Slow Motion-Apps für Android, die aber allesamt nicht empfehlenswert sind. Die meisten sind lediglich Videoplayer, die Clips in verlangsamter Geschwindigkeit abspielen und ein Speichern und Exportieren der Zeitlupen nicht ermöglichen. Einige Android-Smartphones bieten diese Funktion jedoch werkseitig bereits an. In jedem Fall wird normalerweise beim Umwandeln ins Zeitlupenformat die Videoqualität heruntergesetzt.
Slow-Motion-Apps für das iPhone
Auch wer kein iPhone 5s besitzt, kann mit iOS ansehnliche Slow Motion-Aufnahmen erstellen. Möglich machen das die beiden Slow Motion-Apps SlowCam und SloPro. An die Qualität der iPhone 5s-Zeitlupen kommen sie jedoch nicht heran.
SlowCam kostet bei iTunes 1,oo CHF und läuft auch auf älteren iOS-Geräten, setzt aber iOS 7 voraus. SlowCam ermöglicht nach dem Festlegen des Aufnahmebereichs rudimentäre Belichtungseinstellungen und Fokussierung. Praktisch: Während der Aufnahme kann der Nutzer zwischen normaler Geschwindigkeit und Slow Motion wechseln. Die Qualität der Zeitlupen reicht nicht an jene der Standard-App auf dem iPhone 5s heran, da es einerseits zu unscharfen Aufnahmen kommen kann und die älteren iPhones unterschiedlich viele Bilder pro Sekunde unterstützen: Das 5er, 5c und das iPad mini kommen immerhin noch auf 60 fps, während iPhones der vierten Generation und älter nur 30 fps schaffen. Lohnenswert ist die Anschaffung der App jedoch auch für Besitzer eines iPhone 5s, da sie ein Exportieren der Slow Motion-Videos ermöglicht. SlowCam legt die Zeitlupen-Passagen fest im Video an, sodass der Effekt auch beim Teilen auf Facebook, Instagram und anderen Netzwerken erhalten bleibt.
SloPro ist eine kostenlose App, die ebenfalls Slow-Motion-Videos mit älteren iOS-Geräten erlaubt – allerdings mit den selben Beschränkungen hinsichtlich der möglichen Bildrate wie SlowCam. Möchte der Nutzer seine Videos speichern oder exportieren (60 fps Maximum), werden per In-App-Kauf 4,00 Schweizer Franken fällig. In der Vollversion verschwinden auch die Wasserzeichen, die mit der kostenlosen Version erstellte Videos „schmücken“. SlowPro bringt einen Bearbeitungsmodus mit, mit dem man auch ausserhalb der App erstellte Videos verändern kann. Unter anderem lässt sich die Wiedergabegeschwindigkeit der Aufnahmen anpassen, aber auch andere Effekte und Spielereien wie 500 fps und 1000 fps stehen zur Verfügung. Beim Rendern der Videos stürzt SlowPro allerdings zumindest auf einem iPhone 4s häufig ab.
Arbeiten wie die Profis
Letztlich sind die Möglichkeiten mit einem Smartphone jedoch allesamt nur Spielereien. Wer einen professionellen (Kurz-)Film wie den folgenden drehen möchte, braucht mehr als nur ein iPhone.
Um genau zu sein, bräuchte er 52 iPhones – oder alternativ GoPro-Kameras, die beim Spass mit den Vierbeinern zum Einsatz kamen, wie das folgende Making Of zeigt.
Fazit
Wer sich an die Slo Mo-Welt herantasten will, ist mit einem Smartphone gut bedient. Voraussetzung für wirklich gute Ergebnisse ist jedoch die richtige Hardware, 120 fps sollte das Gerät schon können. Generell gilt: Je höher die hardwareseitige Bildrate, desto besser die Slow Motion-Fähigkeit. Im Softwarebereich lautet das klare Urteil: 1:0 für den App-Store.
Titelbild: Screenshot YouTube