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Zalando reagiert schnell auf „Shitstorm“ wegen unwürdiger Arbeitsbedingungen

19.04.2014 |  Von  |  Beitrag

Zalando hat seit Enthüllungen im Jahr 2012 nicht unbedingt den besten Ruf, was die Arbeitsbedingungen angeht. In einem aktuellen Fernsehbeitrag prangert RTL nun wieder unwürdige Zustände in einem Erfurter Logistikzentrum an. Im Gegensatz zu 2012 erfolgte die Reaktion diesmal jedoch schnell.

Und das war auch gut so, weil sich seit der Ausstrahlung der Sendung am 14. April ein von Unternehmen so gefürchteter „Shitstorm“ im Internet verbreitete. Der Fall zeigt einmal mehr: Eine schnelle Reaktion ist weitaus besser als eine verspätete oder gar keine.

Politiker sitzen Probleme gerne aus. Auch „hohe Tiere“ in Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen bedienen sich oft dieses Mittels, um mit Vorwürfen an ihre Person umzugehen: zunächst schweigen; dann nur zugeben, was nicht zu leugnen ist; und schliesslich zurücktreten, falls doch alles oder zu viel ans Tageslicht kommt.

Im Internet funktioniert diese Taktik weniger gut, weil sich mehr Menschen in kürzester Zeit über einen Missstand informieren und austauschen können. Die Folge ist oft ein sogenannter „Shitstorm“, ein Sturm der Entrüstung. Wer hier als Unternehmen nicht professionell und proaktiv vorgeht, kann massiv an Reputation und damit auch an Umsatz einbüssen.

Das hat Zalando offenbar verstanden und sich im aktuellen Problemfall anders verhalten als 2012, wo auf Bekanntwerden des Skandals erst einmal langes Schweigen folgte. Die Chronik der Ereignisse zeigt, wie blitzschnell Zalando reagiert hat – obwohl der Inhalt des Beitrags den Verantwortlichen offenbar nicht bekannt war.

14.04., 22.15 Uhr: Ausstrahlung der RTL-Sendung „Extra“. Die Journalistin Caro Lobig berichtet darin von ihrer Zeit als Undercover-Mitarbeiterin in einem Zalando-Logistikzentrum. Pausen habe es kaum gegeben, Überwachungsmethoden wurden eingesetzt. Am Schluss sei sie so eingeschüchtert gewesen, dass sie nur noch zu flüstern wagte.

15.04., 00:04 Uhr: Das Social-Media-Team von Zalando antwortet auf Anfrage auf Twitter, der Fernsehbeitrag sei inhaltlich nicht vorab bekannt gewesen.

15.04., 00:21 Uhr: Hinweis auf ein älteres Interview, in dem Zalando zu den früheren Vorwürfen Stellung nimmt.

15.04., 00:24 Uhr: Hinweis auf eine erste Stellungnahme des Unternehmens zu den Vorwürfen, ausserdem Dementi einer Meldung, in einem Logistikzentrum sei ein Mitarbeiter verstorben.

Auch auf Facebook erfolgte zeitnah eine Rückmeldung.

Offenbar hat Zalando fähige Social-Media-Manager in seinen Reihen. Eine schnelle Reaktion ist das Wichtigste und Mindeste, was ein Unternehmen tun soll, besonders wenn es wegen einer Sache schon mal in den Schlagzeilen war. Ob Zalando die Vorwürfe entkräften wird können, muss sich zeigen. Auf jeden Fall muss es jetzt glaubhaft vermitteln, dass die Zustände für Mitarbeiter verbessert werden.

Doch wird das am Ende etwas an Zalandos Geschäftserfolg ändern? Der Shitstorm dauert ein paar Tage, dann ist die Net-Community wieder mit etwas anderem beschäftigt. Auch Amazon sieht sich, genau genommen noch massiveren und besser belegten, Anschuldigungen ausgesetzt. Seinen gigantischen Umsatzzahlen hat das keinen Abbruch getan.

Vielleicht sitzen manche Unternehmen einfach doch so fest im Sattel, dass bei ihnen die alte Politiker-Weisheit am besten funktioniert. Mit einem Unterschied: Man muss reagieren – auch wenn man nichts verändert.

 

Titelbild: 360b – shutterstock.com

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