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Schweizer Bankengeheimnis gekippt – Trauer oder Aufbruchsstimmung?

09.06.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column width=“1/1″][vc_column_text]Die Emotionen bewegen sich zwischen tiefer Trauer und echtem Optimismus. Die Zeichen der letzten Wochen haben klargemacht, dass nun auch das Schweizer Bankengeheimnis schon längst nichts mehr Geheimes hat und in den kommenden Jahren bis 2017 vollends abgeschafft werden wird.

Was für Steuerbetrüger, Geldwäscher und Schwarzgeldsparer zum Albtraum wird, bietet den Schweizer Banken die Chance auf echte Weissgeldgeschäfte, bei denen sie sich dann ganz auf das Portfolio der Kunden und weniger auf deren Geheimnisse konzentrieren können.

Trauer und Angst auf der einen Seite

Jeder, der in der Schweiz auf irgendeiner Bank bislang Geld vorbei am Fiskus gebunkert hatte, kommt jetzt in Zugzwang. Deutlich wird das beispielsweise an den überproportional grossen Geldrückflüssen aus der Schweiz zurück nach Deutschland. In teils überhasteten Aktionen werden hier Konten geleert oder aufgelöst, das Geld wird in abenteuerlichen Aktionen zurück nach Deutschland geholt, und so mancher riskiert dabei auch den Zugriff von Zoll und Steuerbehörden.

Hier regiert die Angst vor der Entdeckung genauso wie die Befürchtung, dass man selbst mit einer Selbstanzeige nicht zu echter Steuerehrlichkeit zurückkehren könnte. Gleichzeitig wird dem lieb gewordenen Bankenplatz Schweiz nachgetrauert, da jetzt im gesamten europäischen Bereich kaum noch steuervermeidende Schwarzgeldgeschäfte möglich sind. Und selbst der Bankenplatz Hongkong weicht durch den internationalen Druck allmählich auf und bietet kaum noch mehr Sicherheit als das Konto in Luxemburg, Singapur oder eben in der Schweiz.

Trauer und Angst sind es also, die jetzt bei all jenen die Runde machen, die nicht ohne Grund Bedenken vor einer Steuerehrlichkeit haben. Die Trauer schwingt aber auch bei jenen mit, die trotz Steuerehrlichkeit ihr Geld eben gern in der Anonymität der Schweizer Nummernkonten gebunkert hatten. Und auch hier eben nicht ohne Grund.[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]

Über lange Zeit hinweg vermittelte sich der Eindruck, dass die Schweizer Geldinstitute dem Treiben rund um das Schwarzgeld aus Deutschland und anderswo gern billigend zugeschaut hatten. (Bild: Simon Zenger / Shutterstock.com)

Über lange Zeit hinweg vermittelte sich der Eindruck, dass die Schweizer Geldinstitute dem Treiben rund um das Schwarzgeld aus Deutschland und anderswo gern billigend zugeschaut hatten. (Bild: Simon Zenger / Shutterstock.com)

[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]Sind die Schweizer Banken Leidtragende?

Über lange Zeit hinweg vermittelte sich der Eindruck, dass die Schweizer Geldinstitute dem Treiben rund um das Schwarzgeld aus Deutschland und anderswo gern billigend zugeschaut hatten. Banken verdienen Ihr Geld nun einmal mit dem Geld der anderen, und da war es jahrzehntelang egal, ob diese anderen steuerehrlich waren oder nicht. Im Gegenteil: Jeder Ausländer, der sein Geld im eigenen Land nicht mehr sicher sah, hat es in die Schweiz transferiert und damit den Banken erkleckliche Gewinne verschafft. Damit dürfte nun allmählich Schluss ein, was den Bankiers in der Schweiz dennoch kaum Kopfzerbrechen bereitet.

Hier scheint eine wahre Aufbruchsstimmung zu entstehen, die vor allem aus dem Ende der Geheimniskrämerei resultiert. Endlich können die Banken mit voller Transparenz arbeiten und sich auch selbst der Bezichtigung der Beihilfe zum Steuerbetrug entledigen. Dabei bringt die Aufgabe des Bankengeheimnisses natürlich auch Probleme mit sich, die vor allem in jeder Menge Arbeit begründet liegen.

Allein die Teilnahme am automatischen Informationsaustausch (AIA) bringt nicht nur jede Menge Datensätze, sondern eben auch die entsprechende Arbeit in die Banken. Die lässt sich freilich jetzt auch besser leisten, wo die Bankberater nicht mehr als geheimste Geheimnisträger, sondern eben als echte Berater fungieren können. Jetzt lohnt sich die Beratung über interessante Anlageformen doppelt, da die Schweiz nach wie vor Bankenangebote zu offerieren hat, hinter denen so manche europäische Geschäftsbank weit zurückliegt. So wird der derzeitige Rückfluss von Bankguthaben in die Ursprungsländer recht schnell gestoppt sein und neues Geld in die Schweizer Geldinstitute fliessen.

Ist das eine Aufbruchsstimmung?

Hier fällt die Antwort wohl eher zwiegespalten aus. Es ist eben die Mischung aus dem Verzicht auf Altbewährtes und dem Optimismus einer neuen Bankenzukunft, die hier widerstreiten. Vergleichbar ist das vielleicht mit der Offenlegung eines bislang geheimen privaten Erbes, mit dem man sich ohne neugierige Fragen eine neue Zukunft aufbauen wollte. Wird dieses Erbe offengelegt, werden zunächst viele Fragen gestellt, bevor wieder Ruhe in die Geldgeschäfte einkehrt.

Ich persönlich würde hier nicht von einer Aufbruchsstimmung reden. Es ist vielmehr die Aufgabe alter Traditionen auf einen internationalen Druck hin, dem sich die Schweiz nicht mehr länger zu entziehen wusste. Ob das etwas mit Aufbruch zu tun hat, darf infrage gestellt werden. Immerhin profitierte das gesamte wirtschaftliche System der Schweiz mit von den geheimen Werteinlagen in den Schliessfächern und auf den Konten der Schweizer Banken. Selbst dann, wenn der Finanzplatz Schweiz auch in den nächsten Jahren attraktiv sein wird, ist er es nicht mehr in der bislang gekannten Form.

Letztes Wort ist nicht gesprochen

Egal wie man nun zur Aufweichung des Bankengeheimnisses in der Schweiz steht, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Wie die letztliche Entscheidung ausfällt, hängt immer noch von der demokratischen Stimme des Wahlvolkes ab. Denn sowohl das Parlament als auch das Wahlvolk selbst werden hier noch darüber abstimmen müssen, wie weit die Schweiz beim Kippen des Bankgeheimnisses gehen wird. Und hier bleibt das Volk der oberste Souverän.

In der Umsetzung internationaler Vereinbarungen wie etwa des automatischen Informationsaustausches hat die Schweiz jetzt noch bis 2017 Zeit. Genug, um das Volk auf internationale Steuerehrlichkeit und echtes Weissgeld einzuschwören. Und dennoch könnte letztlich eine ganz andere Entscheidung getroffen werden.

 

Oberstes Bild: © Skovoroda – Shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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