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Hepatitis C: 19.000 Franken für eine Packung Tabletten

16.08.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Mit einem neuartigen Hepatitis-C-Medikament macht der US-Konzern Gilead ein Milliardengeschäft. Die meisten Betroffenen können sich eine Behandlung mit der „Wunderpille“ allerdings nicht leisten und auch in der Schweiz bleibt sie für viele vorerst ausser Reichweite.

Hepatitis C ist eine heimtückische Krankheit. Jahrzehntelang bleibt sie unbemerkt und bereitet dem Betroffenen keinerlei Beschwerden. Treten schliesslich doch Symptome auf, ist die Leber in der Regel bereits stark geschädigt. Leberversagen, Leberkrebs oder Leberzirrhose sind dann oftmals die tödlichen Folgen der Hepatitis-C-Infektion.

70.000 bis 80.000 Personen in der Schweiz tragen laut Schätzungen das Virus in sich. Beunruhigend ist dabei vor allem, dass weniger als die Hälfte der Betroffenen davon weiss. Therapiert wird die Erkrankung bisher unter anderem mit dem immunstimulierenden Hormon Interferon. Dieses ist allerdings nicht nur sehr belastend für den Patienten, sondern führt auch häufig zu heftigen Nebenwirkungen und ist mit hohen Kosten verbunden, da zusätzlich weitere teure Medikamente gegeben werden müssen. Aus diesen Gründen sind auch bisher nur knapp 1000 Personen in der Schweiz mit dieser Therapie behandelt worden.

Jetzt könnte aber alles anders werden, denn der US-Pharmahersteller Gilead hat Ende 2013 ein neues Medikament mit dem Namen Sovaldi auf den Markt gebracht. Dieses Mittel wird als historischer Meilenstein im Gesundheitswesen angesehen, da es in klinischen Studien bei mehr als 80 % der Patienten eine Heilung herbeiführen konnte, wenn es über zwölf Wochen zusammen mit anderen Präparaten eingenommen wurde. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa 170 Millionen Menschen mit Hepatitis C infiziert sind, wird die enorme Bedeutung dieser Entwicklung ersichtlich.[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]

Tabletten. (Bild: MR. SUWIT GAEWSEE-NGAM / Shutterstock.com)

Tabletten. (Bild: MR. SUWIT GAEWSEE-NGAM / Shutterstock.com)

[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]Eine Packung Tabletten zum Preis eines Mittelklassewagens

Statt Lobeshymnen erhält der Hersteller Gilead allerdings von allen Seiten harte Kritik, denn der Preis von 28.000 Dollar für eine Packung mit 28 Tabletten sei laut US-Medien „skandalös“ und „unethisch“. Inzwischen wurde sogar eine Senatskommission damit beauftragt, Licht in die Preispolitik von Gilead zu bringen.

In der Schweiz hat Sovaldi dieses Frühjahr die Zulassung erhalten und zum 1. August wurde es sogar in die Spezialitätenliste aufgenommen. Dies bedeutet, dass das teure Medikament nun auch in der Grundversorgung von den Krankenkassen bezahlt werden muss. Der stolze Preis von 19.208 Franken pro Packung sorgt in diesem Zusammenhang natürlich bei allen Kassen für heftige Diskussionen. Denn selbst unter Berücksichtigung eines Innovationszuschlags von 20 % ist der Preis des Medikaments immer noch sehr hoch. Zudem muss Sovaldi zusammen mit anderen Medikamenten eingenommen werden, wodurch sich die Kosten für die zwölfwöchige Standardtherapie auf etwa 78.000 Franken belaufen. In besonders schweren Fällen muss die Therapie sogar auf 24 Wochen ausgedehnt werden, wodurch sich die Kosten auf 120.000 Franken erhöhen, so das Bundesamt für Gesundheit (BAG).

Selbst im BAG ist man der Ansicht, dass die Kosten für eine Therapie mit Sovaldi „hoch“ sind. Trotzdem hat man sich dort für die Aufnahme des Medikamentes in die Spezialitätenliste entschieden, da den hohen Kosten ein enormer therapeutischer Fortschritt gegenübersteht. Auf diese Weise hofft man, Folgeerkrankungen wie Leberkrebs oder Leberzirrhose verhindern zu können und damit auch die hohen Kosten, welche mit diesen Erkrankungen einhergehen. Um dieser Logik gerecht zu werden, müssten jetzt eigentlich alle Schweizer, die mit Hepatitis C infiziert sind, so schnell wie möglich therapiert werden. Selbst wenn man sich bei der Behandlung auf diejenigen beschränkt, die von ihrer Erkrankung wissen, würde dies die Krankenkassen auf einen Schlag rund 3 Milliarden Franken kosten.

Dieses Szenario wollte man im BAG allerdings verhindern und hat die Therapie kurzerhand mit einer Zugangsbeschränkung versehen. Dadurch müssen die Kosten von den Krankenkassen nur übernommen werden, wenn die Leber des Patienten bereits stark angegriffen ist oder sich die Krankheit ausserhalb der Leber im fortgeschrittenen Stadium befindet. Durch diese Massnahme konnte das BAG den betreffenden Patientenkreis auf knapp 1.500 Personen reduzieren.

Krankenkassen haben Bedenken

Zusätzlich zu den hohen Behandlungskosten befürchten die Krankenkassen jetzt einen hohen Mehraufwand, der durch die Überprüfung der Einschränkungen entstehen wird. Zudem wird es Diskussionen geben, wenn ein Patient nur knapp unterhalb des Interventionsstadiums liegt und trotzdem das Medikament verschrieben haben möchte. In der Regel wird es bei diesen Fällen zwar eine Teilübernahme geben, für viele Patienten wird der zu bezahlende Eigenanteil aber mit grosser Wahrscheinlichkeit eine unüberwindbare finanzielle Hürde darstellen.

Die Krankenkassen versuchen zwar mit Gilead zu verhandeln, der Verhandlungsspielraum dürfte aber gering sein, da der Hersteller als knallharter Verhandlungspartner gilt. Am Gilead-Hauptsitz in den USA sieht man die ganze Angelegenheit dann auch eher gelassen. Abwarten und Teetrinken lautet dort die Devise, denn Gilead-Chef John Milligan ist davon überzeugt, dass das Gesundheitssystem auf lange Sicht viel Geld durch Sovaldi sparen wird. Die Chancen für den Erfolg dieser Taktik stehen nicht schlecht und die Umsatzahlen geben dem Vorgehen des Pharmaherstellers Recht. Knapp 6 Milliarden Dollar konnte Gilead bereits im ersten Halbjahr mit Sovaldi verdienen und hat damit schon mehr als die Hälfte der 11 Milliarden Dollar wieder hereingeholt, die im Jahr 2011 an den Hersteller des Sovaldi-Wirkstoffs gezahlt wurden.

 

Oberstes Bild: © docstockmedia – Shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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