Landessprache soll Englisch in der Primarschule ablösen

Die kantonalen Lehrerverbände sind sich einig, sie wollen in der Primarschule nur noch eine obligatorische Fremdsprache anbieten. Dieser Entscheid fiel überraschend während der Präsidentenkonferenz am 10. September in einer Konsultationsabstimmung.

Noch ist die Entscheidung der Lehrerverbände nicht definitiv. Erst im November werden auch die Lehrervertreter der West- und der Deutschschweiz in ihrer Präsidentenkonferenz die gleiche Abstimmung durchführen. Verbindlich umgesetzt wird das Votum der Lehrer dann zwar noch immer nicht, man gehe aber davon aus, dass die Politik die Abstimmungsergebnisse ernst nehmen werde, sagt Jürg Brühlmann, Leiter Pädagogische Arbeitsstelle beim Lehrerdachverband (LCH)

Für den Lehrerverband ist das Abstimmungsergebnis wenig überraschend, auch wenn er sich bisher für zwei Frühfremdsprachen in der Primarschule starkgemacht hatte. Dies allerdings seit Jahren mit der Forderung nach der Einhaltung gewisser „Gelingungsbedingungen“. Zu diesen gehört beispielsweise die Forderung nach einer grösseren Anzahl an Lektionen für die einzelnen Fremdsprachen. Die Diskussion vom 10. September zeigt allerdings, dass viele Kantone weiterhin im Bildungsbereich sparen. Dies frustriere viele Lehrer, da es unter den heutigen Voraussetzungen zu wenig Erfolge bringen würde, zwei Frühfremdsprachen an der Primarschule zu unterrichten, berichtet Brühlmann.

Frühfranzösisch wird bevorzugt

Weiterhin hätte die Diskussion ergeben, dass die grosse Mehrheit der Lehrer das Frühenglisch zugunsten des Frühfranzösisch streichen möchte. Dafür sollen dem Fach dann aber nicht mehr wie bisher üblich zwei, sondern drei bis vier Lektionen zur Verfügung stehen. Allerdings wollen die Lehrerverbände das Frühenglisch auch nicht vollständig aus den Primarschulen verbannen, sagt Brühlmann. Es soll weiterhin als Frei- oder Wahlpflichtfach angeboten werden, da man ansonsten befürchtet, dass Kinder von wohlhabenderen Eltern Privatunterricht erhalten würden, während die anderen Schüler das Nachsehen hätten. Durch die Beibehaltung eines freiwilligen Englischunterrichts in der Primarstufe würde zudem auch einem weiteren Problem vorgebeugt werden: Bei einem totalen Wegfall des Englischunterrichts wäre nämlich die aufwendige und teure Englischausbildung der Primarlehrer vollkommen umsonst gewesen.

Thurgau brachte den Stein ins Rollen

Ausgelöst wurde die aktuelle Diskussion über Frühfremdsprachen in der Primarschule durch den Kanton Thurgau. Das Kantonsparlament hatte im August entschieden, den Französischunterricht in der Primarstufe wegfallen zu lassen. Kurz darauf unterschrieb die Regierung im Kanton Nidwalden eine SVP-Initiative, die das gleiche forderte. Eine ähnlich lautende Volksinitiative kam im Kanton Graubünden bereits im vergangenen November zustande. Lehrervertreter aus den betreffenden Kantonen meldeten sich auf der Präsidentenkonferenz ebenfalls zu Wort. Sie stellten klar, dass es ihnen nicht um die vollständige Abschaffung des Frühfranzösisch geht, sondern darum, in der Primarschule nur noch eine obligatorische Fremdsprache zu unterrichten.

 

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