Mehr Rechte für Mieter durch kommende Formularpflicht
[vc_row][vc_column][vc_column_text]Überproportional steigende Mietzinsen sollen in Zukunft der Vergangenheit angehören, wenn es nach einer neuen Idee des Bundesrats geht. Theoretisch sollte dies geringere Mieten für alle Mieter zur Folge haben.
Praktisch wird die kommende Formularpflicht aber nicht so einfach umzusetzen ein – und es ist auch noch nicht geklärt, ob tatsächlich sinkende Mieten und weniger „Abzocke“ durch allein profitorientierte Vermieter eintreten würden. Wir haben uns die Pläne des Bundesrats für Sie ein wenig näher angesehen.
Hilft ein Formular gegen übermässige Mieterhöhungen?
Der Mietzins darf nicht nach Belieben festgelegt werden – so viel steht fest. Jeder Vermieter muss einen bestimmten Prozentsatz einhalten, so dass (beispielsweise) eine Wohnung zu einem Mietzins von 500 Franken beim nächsten Mieter nicht plötzlich 2.000 Franken kosten darf. Das Problem für den Mieter ist jedoch offensichtlich: Er oder sie erfährt in den meisten Fällen gar nicht, wie teuer eine Wohnung vorher überhaupt war. Eine sogenannte Formularpflicht, die darüber Auskunft gibt, existiert zwar, aber sie ist bislang auf sieben Kantone (Genf, Freiburg, Neuenburg, Waadt, Nidwalden, Zug und Zürich) begrenzt. Um dieser – aus Mietersicht – Ungerechtigkeit entgegenzuwirken, soll die Formularpflicht in der ganzen Schweiz eingeführt werden.
Jenes Formular soll den potenziellen neuen Mietern dabei helfen, Einsicht in eventuell übermässige Erhöhungen zu erhalten. Unter anderem befinden sich darin folgende Informationen:
- Eine etwaige Erhöhung des Mietzinses soll begründet werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Miete nur um 5 % oder auch 50 % erhöht wird.
- Die Erhöhung wegen Investitionen am Mietobjekt ist zwar möglich, aber im ersten Jahr soll dies nur zulässig sein, wenn der Mieter darüber rechtzeitig informiert wurde. Mieterhöhungen aus heiterem Himmel sind damit ausgeschlossen.
Massnahme mit Wirkung
Offenbar machen die Mieter in den bereits mit der Formularpflicht ausgestatteten Kantonen auch regen Gebrauch von dieser Möglichkeit: Nach der Schlichtungsstelle des Stadtbezirks Zürich haben sich die Anfechtungen in Bezug auf die hohen Anfangsmieten seit der Einführung verfünffacht. In 139 Fällen musste die Stelle aktiv werden, in 85 % der Fälle bekam der Mieter Recht – sei es nach Gerichtsverfahren oder auch aussergerichtlich. Dies zeigt, dass die Mieter durchaus über ihre Rechte Bescheid wissen, aber bislang nicht in der Lage waren, diese auch anzuwenden. Offenbar besteht auch ein nur relativ geringeres Risiko eines langwierigen Gerichtsprozesses, denn dies kam in den genannten 139 Fällen nur drei Mal vor – was in etwa 2 % aller Anfechtungen entspricht.
Einfache, real existierende Beispiele zeigen, dass damit durchaus viel Geld gespart werden kann. In einem Fall, welchen die Schlichtungsstelle zu verwalten hatte, wurde eine Miete in Höhe von 2.800 Franken verlangt, obwohl der Vormieter nur 1.800 Franken bezahlen musste. Der neue Mieter wollte sich dieser Erhöhung um etwa 35 % nicht kampflos hinnehmen – und bekam Recht. Stattdessen einigten sich beide Parteien auf einen neuen Mietzins in Höhe von 2.300 Franken. Das Beispiel zeigt auch, dass die Mieter problemlos dazu bereit sind, mehr Geld für ein besseres Objekt zu bezahlen – nur dürfen jene Ansprüche ein gesundes Mass nicht überschreiten, was vor allem dann gilt, wenn aus dem im Interesse der Rechtssicherheit anzuratenden Übergabeprotokoll gar keine der angeblichen Verbesserungen hervorgehen.[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]
[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]Formularpflicht als Bumerang?
Einen möglicherweise wichtigen Aspekt hat der Bundesrat bislang aber vielleicht übersehen: Die Formularpflicht könnte – unbeabsichtigt – eine Erhöhung aller Mieten zur Folge haben. Falls die Hauseigentümer den Mietzins nicht mehr ohne gewichtigen Grund deutlich erhöhen dürfen, besteht die Möglichkeit, dass in bereits vermieten Wohnungen einfach kontinuierlich die Miete über Monate und Jahre hinweg angehoben wird. Diese schleichende Mieterhöhung würde für bestehende Mieter offensichtlich katastrophale Folgen haben. Die Hauseigentümer wären dazu aber vielleicht gezwungen, um nicht bei einem Mieterwechsel auf einem viel zu niedrigen Mietenniveau verharren zu müssen – denn übermässige Erhöhungen wären mit der Formularpflicht schliesslich nicht mehr möglich oder mit Risiken besetzt. Ob sich dieses Szenario tatsächlich so entwickelt, ist natürlich nicht mit Sicherheit absehbar, aber die Möglichkeit besteht.
Ein entscheidendes Mittel soll in diesem Kampf zwischen Mieter und Vermieter auch die Quartierüblichkeit sein: Mit diesem Vergleichsmittel wird festgelegt, welche ähnlichen Wohnungen in der Umgebung wie viel kosten, um so eine eventuell sehr hohe Mieterhöhung zu rechtfertigen. Jene Beweisbarkeit der Quartierüblichkeit soll im Zuge der Formularpflicht ebenfalls überarbeitet werden – aber diese Überarbeitung falle angeblich so komplex aus, dass die angesprochenen Beweise nur noch unter erheblichem Aufwand erbracht werden könnten. Darunter würden sowohl die Vermieter als auch die Mieter leiden. Ob die kommende Formularpflicht also wirklich alles so transparent und einfach macht und sich dahinter mehr verbirgt als nur ein weiterer Behördengang nach dem Umzug, wird die Zeit zeigen. Wann es soweit ist, steht übrigens noch nicht fest, denn auf ein Datum wollte sich der Bundesrat noch nicht festlegen.
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