Kopftücher stören den Schulbetrieb nicht?

Die Schule darf das Tragen eines Kopftuches nicht verbieten. Zu diesem Urteil kam das St. Galler Verwaltungsgericht Anfang November im Fall einer muslimischen Schülerin aus St. Margarethen SG, dessen Familie eine Beschwerde gegen ein Kopftuch-Verbot in der Schule eingereicht hatte. Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, so hat es schweizweit bereits eine neue Kopftuch-Diskussion ausgelöst.

Nach Auffassung des Gerichts würde der Wunsch des Mädchens, die Hijab (das islamische Kopftuch) während des Unterrichts zu tragen, durch die Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützt werden. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Schulbetrieb durch das Tragen des Kopftuches gestört oder die Integration der Schülerin beeinträchtigt worden wäre.


Schule muss sich übergeordnetem Recht beugen

Im Sommer 2013 hatte das Mädchen begonnen, mit ihrem Kopftuch den Schulunterricht zu besuchen. Gestützt auf eine Empfehlung des St. Galler Erziehungsrates wurde daraufhin von der Schulgemeinde ein generelles Kopfbedeckungsverbot erlassen.

Gegen dieses Verbot legte die Familie des Mädchens Beschwerde ein. In der Verhandlung plädierte ihre Anwältin auf die Religionsfreiheit. Die Schulordnung könne sich schliesslich nicht einfach über das übergeordnete Recht der Bundes- und Kantonsverfassung hinwegsetzen.

Der Vertreter der Schulgemeinde hielt dagegen, dass sich das Verbot auch gegen andere Kopfbedeckungen wie Baseballmützen richten würde und nicht nur gegen Kopftücher. Seiner Auffassung nach würde die muslimische Familie eine klare „Verweigerungshaltung“ an den Tag legen, da deren Kinder weder mit ins Skilager gingen noch am Schwimmunterricht teilnähmen.

Rechtsunsicherheit besteht weiter

Auch wenn das Urteil ein Sieg für die Muslime und den freiheitlichen Geist der Schweizer Rechtsordnung darstellt, so herrscht beim Islamischen Zentralrat der Schweiz (IZRS) keine Euphorie. Bis sich die in der Öffentlichkeit verbreitete Ablehnung gegenüber des Islams und der Muslime zum besseren wenden würde, wäre noch ein langer Weg zu gehen, so der IZRS.

Für den Schulrat von St. Margarethen ist das Urteil dagegen ein Schritt in die falsche Richtung, da es die Rechtsunsicherheit noch weiter verstärken würde. Vor diesem Hintergrund möchte man nun prüfen, ob man sich mit dem Urteil ans Bundesgericht wenden werde.



Noch keine Entscheidung vom Bundesgericht

Bisher hat sich das Bundesgericht allerdings noch nie darüber geäussert, ob ein Kopftuch-Verbot an Schulen laut Verfassung zulässig sei. Mitte 2013, als es sich mit einem Fall aus dem Kanton Thurgau befasste, liess das Bundesgericht diese Frage unbeantwortet. Lediglich das Fehlen der gesetzlichen Grundlage für ein Verbot wurde damals von den Richtern festgestellt.

 

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