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Britischer Professor: Political Correctness ist eine intellektuelle Diktatur!

01.03.2015 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Habt ihr auch manchmal das mulmige Gefühl, dass man gar nicht mehr so richtig sagen darf was man denkt? Ich meine, wirklich denkt? Politische Korrektheit – Neudeutsch Political Correctness – ist gefragt. Wer davon abweicht, wird mundtot gemacht. Oder ist diese Behauptung auch schon politisch inkorrekt?

Die politische Korrektheit ist eine intellektuelle Diktatur. Dieser Überzeugung ist der britische Mathematikprofessor und Wissenschaftsphilosoph John Lennox (Universität Oxford).

Schleichender Wandel des Toleranzbegriffs

In einem Interview mit idea (Informationsdienst der Evangelischen Allianz) beklagte der 69-jährige unter anderem, dass positive Begriffe wie “Toleranz” schleichend mit neuen Inhalten gefüllt würden. Das lateinische “tolerare” bedeute eigentlich, so Lennox, einem anderen eine Meinung zuzugestehen, die man selbst nicht teilt. Heutzutage gehe “Toleranz” immer mehr in die Richtung, dass man nichts mehr sagen dürfe, was einen anderen verletzen könnte. “Das ist eine gefährliche Tendenz” sagt der gebürtige Ire.

Er sieht eine grosse Problematik darin, dass insbesondere Christen nicht mehr frei zu ihren Überzeugungen stehen können. “In England sind wir inzwischen manchmal so weit, dass man in öffentlichen Reden nicht einmal mehr Gott erwähnen darf” sagt der Mathematiker, der sich seit vielen Jahren mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Religion auseinandersetzt und hierzu einige vielbeachtete Bücher geschrieben hat. Ein Kollege von ihm, weltbekannter Naturwissenschaftler, habe ihm unter Tränen berichtet, man meide ihn in wissenschaftlichen Kreisen wegen seines Glaubens. Studenten erzählten, man müsse sehr vorsichtig sein, was man von seinen christlichen Überzeugungen überhaupt noch preisgebe.[/vc_column_text][vc_message color=“alert-info“ style=“rounded“]

John Lennox (*1945 in Nordirland) ist Mathematikprofessor. Er studierte und promovierte in Cambridge. Anschließend lehrte er 29 Jahre an der Universität von Wales in Cardiff Mathematik. Während dieser Zeit verbrachte er als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung unter anderem Forschungsaufenthalte an den Universitäten Würzburg und Freiburg. Darüber hinaus hielt er in Europa und Nordamerika Gastvorlesungen in Mathematik und über die Auslegung der Bibel.

Heute lehrt Lennox, der neben Englisch auch Deutsch, Französisch und Russisch spricht, an der Universität Oxford und befasst sich insbesondere mit der Verhältnisbestimmung von Wissenschaft und Religion. Er ist verheiratet mit Sally Lennox. Die beiden haben 3 Kinder und 7 Enkelkinder.[/vc_message][vc_column_text]Das Kind mit dem Bade ausgeschüttet

Lennox zufolge wird intellektuelle Objektivität im Westen meist nur noch Naturwissenschaftlern zugeschrieben. Die Folge sei, dass man religiösen Glaubensaussagen keinen absoluten Wahrheitsanspruch mehr zugestehe und sie im direkten Widerspruch zur Naturwissenschaft sehe, was laut Lennox ein Missverständnis ist. Als Gründe für diese Situation gibt John Lennox zweierlei an:

  • Die Aufklärung
  • Das Erstarken der neuen Atheisten

In beiden Fällen wurde ihm zufolge “das Kind mit dem Badewasser ausgeschüttet”. Die Aufklärung, insbesondere in Frankreich, habe mit einer moralisch verdorbenen und intellektuell anfechtbaren Kirche abrechnen wollen, dabei aber Gott gleich mit aus der Gleichung genommen. Die neuen Atheisten um Richard Dawkins und Christopher Hitchens (✝ 2011) hätten nach 9/11 den gleichen Fehler gemacht und alle Religion zum Feind erklärt.

Interessant ist an dieser Stelle, dass Atheisten heutzutage ihren Glauben – denn um nichts anderes handelt es sich dabei – widerstandsloser vertreten können als Christen oder Vertreter anderer unpopulärer Positionen. Lennox weist darauf hin, dass in Grossbritannien laut einer jüngsten Umfrage etwa 20 Prozent der Bevölkerung atheistisch sind; dennoch verlieren Menschen in England wegen eines Gebets oder einer verschenkten Bibel ihren Job, während aggressiver Atheismus ohne Konsequenzen bleibt. Lennox’ Fazit: “Eine Art intellektueller Diktatur ist das auf jeden Fall.”

Ich kenne John Lennox persönlich. Der Mann ist kein Freund grossmäuliger Parolen; wenn er etwas so deutlich kritisiert, hat er einen triftigen Grund dafür. Er ist im Rahmen seiner Vortragstätigkeit viel herumgekommen, unter anderen in der ehemaligen Sowjetunion und anderen damaligen Ostblockstaaten. Dort existierte keine Meinungsfreiheit, was man tun und sagen durfte, wurde von der Kommunistischen Partei vorgegeben. Die Frage ist nur: Ist unsere Gesellschaft besser?



Toleranz: Lernen von Voltaire

Toleranz und Meinungsfreiheit sind wie Siamesische Zwillinge, nicht voneinander zu trennen. Was Meinungsfreiheit bedeutet, fasst folgendes Zitat wunderbar zusammen.

“Ich lehne ab, was Sie sagen, aber ich werde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen.”

Dieses Zitat wird dem französischen Philosophen Voltaire zugeschrieben. Obwohl er es so nicht direkt gesagt hat, drückt es doch seine Überzeugung aus. Bemerkenswert – denn Voltaire war Atheist und ein scharfzüngiger Spötter der Kirche und des Christentums im Allgemeinen. Dennoch war er dafür, dass auch Christen ihre Meinung vertreten dürfen, so wie er seine.

Zweierlei Mass

Das Problem ist doch: Es wird von Meinungsfreiheit geredet, zugestanden wird sie aber nicht jedem. Wer ein “Recht auf Abtreibung” einfordert, gilt als Menschenrechts-Avantgardist; wer sich für verzweifelte Frauen und deren ungeborene Kinder einsetzt, wird als “ultrakonservative bis demokratiefeindliche ausserparlamentarische Opposition” (O-Ton einer Reportage im Bayerischen Rundfunk) bezeichnet. Evolutionsbiologen dürfen ungestraft fröhliches Storytelling (gemeinhin als “Naturwissenschaft” bezeichnet) über die Entstehung des Lebens betreiben; wer einmal sachlich die Evolutionstheorie kritisiert, wird sofort als “Feind der Wissenschaft” diskreditiert und intellektuell gelyncht. Wer es wagt, eine Verbindung zwischen Islam und Islamismus herzustellen, muss sich sarkastischerweise als “Hassprediger” beschimpfen lassen; seltsam, dass sich gegen die unsäglichen Verunglimpfungen des christlichen Glaubens in Presse, Film, Theater und Literatur nie ein Politiker derart eingesetzt hat.

Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Zweifellos sind alle genannten Punkte diskutierbar. Aber das ist eben der Punkt: Es sollte eigentlich eine Diskussion stattfinden, und zwar im Voltaireschen Sinne; das ist europäische Kultur at its best. Stattdessen haben es einige Lobbys geschafft, bestimmte Meinungen – auffallend oft sind es solche mit christlichem Hintergrund – in den Köpfen als “gedankliches Verbrechen”, vergleichbar mit dem Leugnen des Holocaustst, zu verankern. An jenen Meinungen scheint etwas “Gefährliches” zu sein, zumindest für bestimmte Interessengruppen. Sonst würden sie sie nicht so erbittert bekämpfen…

Intellektuelle Demokratie statt Diktatur

In einem wirklich freien Europa sollte jeder seine eigene Meinung haben und auch vertreten dürfen. Unhaltbare Positionen würden sich in der öffentlichen Diskussion anhand von Fakten und Argumenten schnell als solche entpuppen. Abgesehen davon hält man durch Denk- und Redeverbote niemanden davon ab, auf Rattenfänger hereinzufallen, sondern nur durch Bildung.

Entscheidend ist jedoch die Haltung, die wir in Diskussionen einnehmen. Mit der Voltaireschen befinden wir uns auf Kurs, hin zu einer intellektuellen Demokratie.

 

Titelbild: © Steve Allen – shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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