AKW Leibstadt: Greenpeace verlangt Herausgabe der Radioaktivitätsdaten

Die Betreiber des Atomkraftwerks Leibstadt halten die detaillierten Daten über dessen radioaktive Strahlung unter Verschluss. Dagegen legt die Umweltorganisation Greenpeace Schweiz Beschwerde ein. Greenpeace will über die radioaktive Abluftfahne des AKW genau Bescheid wissen.

Denn auf diese Informationen hat die Bevölkerung ein international verbriefte Recht.

Die Anwohnerinnen und Anwohner des AKW Leibstadt sollen genau wissen, wie viel Radioaktivität aus dem Abluftkamin in die Umwelt gelangt. Um dieses Anliegen zu erreichen, legt Greenpeace Schweiz beim Bundesgericht Beschwerde ein gegen einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom Juni 2016.

„Radioaktive Strahlung kann die Gesundheit schädigen. Darum hat die Bevölkerung das Recht auf detaillierte Information“, sagt Florian Kasser, Atomexperte von Greenpeace Schweiz. Bei der Beschwerde stützt sich die Umweltorganisation unter anderem auf die Aarhus-Konvention, welche die Schweiz ratifiziert hat (siehe Kasten).

Öffentlichkeitsbeauftragter stützt Forderung nach Transparenz

Gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) hatte Greenpeace Schweiz 2014 Einsicht in detaillierte, hochaufgelöste Radioaktivitätsdaten des AKW Leibstadt verlangt. Die Organisation wollte wissen, wie die Emissionen über ein Jahr hinweg verlaufen und wie hoch die Emissionsspitzen sind. Diese Daten wurden bis anhin nicht öffentlich gemacht.

Der Öffentlichkeitsbeauftragte des Bundes hat im Oktober 2015 das Gesuch in einer Empfehlung gestützt. Dieser folgte die Atomaufsichtsbehörde ENSI mit einer formellen Verfügung. Gegen den ENSI-Entscheid hat das AKW Leibstadt Ende 2015 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Widersprüchliche Aussagen der Richter in St. Gallen

Im Juni 2016 hat das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen die Beschwerde von Leibstadt gutgeheissen. Als eines der zentralen Argumente führte das Gericht an, bei detaillierten Emissionsdaten handle es sich um Personendaten, deren Veröffentlichung den Ruf von Leibstadt schädigen könnte.

Diese potenzielle Rufschädigung gewichteten die Richter höher als den Transparenz-Anspruch der Bevölkerung. Nach Meinung von Greenpeace hält diese Interessensabwägung vor dem Gesetz und der Aarhus-Konvention nicht stand. Pikanterweise hielt das Gericht auch fest, eine Geheimhaltung der Daten könne den Ruf des AKW-Betreibers ebenfalls schädigen. „Diese widersprüchliche Feststellung zeigt, dass die Argumentation von Leibstadt auf sehr wackligen Beinen steht“, meint Greenpeace-Atomexperte Kasser.

Aarhus-Konvention: Internationales Abkommen für Transparenz im Umweltbereich

Greenpeace Schweiz stützt die Beschwerde beim Bundesgericht unter anderem auf die Tatsache, dass die Schweiz die Aarhus-Konvention ratifiziert hat. Diese Konvention, die weltweit über 40 Staaten unterzeichnet haben, garantiert der Bevölkerung Zugang zu Informationen über die Umweltbelastung von Infrastrukturen und Unternehmungen. Der Text der Konvention hält unmissverständlich fest, dass der Transparenzanspruch der Öffentlichkeit bezüglich Schadstoffen über kommerziellen Interessen von Unternehmungen steht. Weil radioaktive Emissionen zweifellos die Gesundheit von Menschen schädigen können, besteht Greenpeace auf den Zugang zu detaillierten Daten des AKW Leibstadt.

 

Artikel von: Greenpeace Schweiz
Artikelbild: © Tomasz Bidermann – shutterstock.com

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