Weniger Nutztierschäden bei verbessertem Herdenschutz
Das Fachjournal „Frontiers in Ecology and the Environment“ berichtet in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe, dass die Tötung von Raubtieren nicht zu einer Verringerung der Nutztierschäden sorgt. In den meisten Fällen führen die Abschüsse sogar zu höheren Schäden.
Deutlich effektiver hingegen sind nicht-tödliche Methoden wie Herdenschutz oder visuelle Abschreckung.
Tötung von Raubtieren ist keine sinnvolle Lösung
Weltweit sehen viele Behörden, Jäger und Nutztierhalter den Abschuss von Raubtieren als einfachste Lösung, um Schäden an Nutztieren zu vermeiden. Doch damit werden meistens mehr Probleme geschaffen, wie die Studie im Fachjournal ‘Frontiers in Ecology and the Environment’ zeigt. Die Studie, welche auf einer umfassenden internationalen Datengrundlage basiert, zieht klare Schlüsse:
- Tödliche Methoden (wie zum Beispiel die Jagd, Giftköder und die Fallenjagd) sind keine Lösung für die Probleme von Nutztierhaltern, sondern verschärfen im Gegenteil oft die vorhandenen Probleme: Nur in 29 Prozent der untersuchten Fälle kann ein minimaler und nur kurzfristiger Rückgang der Übergriffe auf Nutztiere erzielt werden. Bei 43 Prozent wurden hingegen mehr Nutztierschäden als vor der Tötung festgestellt.
- Nicht-tödliche Methoden (zum Beispiel der Einsatz von Herdenschutzhunden oder visuellen Abschreckungen wie Flatterbänder) sind hingegen wirksam. In 80 Prozent der untersuchten Fälle nahmen die Nutztierschäden deutlich ab.
Aufgrund des heutigen Wissenstands empfehlen die Forscher daher, auf das Töten von Raubtieren zur Schadensvermeidung zu verzichten.
Für die Studie hat ein internationales Forschungsteam systematisch die Resultate und die Aussagekraft von verschiedenen Studien in Amerika und Europa unter die Lupe genommen. Auch Resultate aus Afrika und Asien bestätigen die Befunde.
Bedeutung der Studie für die Schweiz
Relevanz für Schweizer Jagdgesetzrevision: Die Ergebnisse der Studie sind auch relevant für die Schweiz. Der Bundesrat hat am 24. August die Vernehmlassung für die Revision des Jagdgesetzes eröffnet. Gemäss Gesetzesvorschlag sollen Wölfe bald präventiv geschossen werden dürfen, um Nutztierschäden zu vermeiden. Bei den Grossraubtieren im grenzübergreifenden Alpenraum handelt es sich aber um Tierarten, deren Bestände stark gefährdet sind. Schon deshalb sind präventive Abschüsse fragwürdig.
Gabor von Bethlenfalvy, Grossraubtierexperte beim WWF Schweiz sagt: „Es ist erschreckend, wie wenig Gehör die Politik praktischen Erfahrungen und Studien schenkt, und sich stattdessen vom Druck von Einzelinteressen leiten lässt.“
Gerade beim Wolf bedeuten Bestandes-Dezimierungen in der Praxis unspezifische Abschüsse – die Gefahr ist gross, dass dabei Tiere getötet werden, die für die Familienstruktur und die Nahrungsbeschaffung wichtig sind. Gabor von Bethlenfalvy fügt hinzu: „Das Risiko, die Situation für die betroffenen Nutztierhalter zu verschlimmern statt sie zu verbessern, ist zu gross. Der beste Schutz für die Nutztiere in einer Wolfsregion ist der Herdenschutz und eine stabile Wolfs-Familienstruktur.“
Artikel von: WWF
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