US-Vorwahl-Berichterstattung – Publikumsräte beobachten
Im Rahmen ihrer diesjährigen gemeinsamen Medien-Beobachtung haben sich die fünf Publikumsräte der SRG (SRG.D, RTSR, Corsi, SRG.R und Swissinfo) näher mit der Fernsehberichterstattung im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen befasst. Dabei würdigten die Publikumsräte insgesamt das hochstehende SRG-Programm.
In Anbetracht der starken Personalisierung des Wahlkampfes leisteten die SRG-Sender eine ausgezeichnete Arbeit mit ihrer sachlichen Berichterstattung, wurde übereinstimmend festgestellt. Kritisiert wurden teilweise fehlende Hintergrundinformationen zum US-Wahlsystem und zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Präsidenten-Anwärter. Die Publikumsräte empfehlen, das Online-Dossier mit solchen Informationen zu ergänzen, um dem Publikum zusätzlichen Mehrwert zu bieten.
Die besonderen Bedingungen der SRG-Sender
Die viersprachig produzierenden SRG-Sender verfügen über deutlich weniger Ressourcen als die ausländische Konkurrenz. Zudem sind die Dimensionen der Schweizer Medienlandschaft nicht vergleichbar mit anderen Ländern. Im Gespräch mit Reto Ceschi – Verantwortlicher Abteilung Information von RSI – und Gregor Meier – Nachrichtenchef und stv. Chefredaktor SRF – stellt die nationale Arbeitsgruppe der Publikumsräte-Präsidien deshalb fest, dass die SRG gerade im internationalen Vergleich qualitativ hervorragend arbeitet.
Mehr Hintergrund-Infos gewünscht
Die Publikumsräte empfehlen – neben den kurzen tagesaktuellen Informationsblöcken in den Newsformaten – Hintergrundinformationen zu liefern, Schwerpunkte zu setzen und einzelne Beiträge kritisch zu reflektieren. Dies als Gegenpol zur Emotionalisierung und Personalisierung des Wahlkampfes.
Im Gegensatz zum Fernsehen, welches stark von aussagekräftigen Bildern abhängig sei, biete das Internet die Möglichkeit, nach Bedarf Informationen abzurufen. Deshalb wäre es hilfreich, wenn im vorhandenen Online-Dossier ein spezifischer Bereich zu den US-Wahlen mit Erklärungen zum Wahlsystem, den Positionen und Programmen der Kandidaten, den künftigen Herausforderungen und den Unterschieden zur Schweiz angeboten würde.
Allerdings müsste insbesondere bei der SRF-Website die Suchfunktion verbessert werden. Bei der TV-Berichterstattung von RTSR wird bemerkt, dass zu wenig Expertinnen und Experten zu Wort kommen, obwohl beispielsweise in Genf wahlberechtigte Superdelegierte vor Ort sind.
Die Beobachtung bezog sich auf den Zeitraum von Juni bis September 2016 und überwiegend auf die regulären TV-Informationssendungen während der Vorwahlen. Der Publikumsrat von RTR konzentrierte sich dagegen auf Radiosendungen und der bei Swissinfo auf zehn Internet-Beiträge. Die Berichterstattung über die Präsidentschaftswahlen in den USA zieht sich insgesamt über ein halbes Jahr hin, deshalb kann man erst nach dem 8. November gesamthaft ein Fazit ziehen.
Die Publikumsräte halten schon heute fest, dass im Herbst einige ausgezeichnete Hintergrundberichte ausgestrahlt wurden. Bei RTR wurden insbesondere die Porträts von Auswanderern geschätzt. Mit den Interviews wurden „Stimmen aus den USA“ in die Wohnzimmer der Rätoromanischen Schweiz gebracht.
Zusammenarbeit stärken
Im Zusammenhang mit SRG-Sendungen wird regelmässig die Zusammenarbeit zwischen den Sprachregionen thematisiert. Diese funktioniert sehr gut, wie auch Gregor Meier feststellt. Bei den US-Wahlen im 2008 wurde bereits sehr eng zwischen den SRG-Korrespondenten vor Ort in Chicago zusammengearbeitet, indem Kameraleute und Schnittplätze geteilt und einzelne Beiträge untereinander ausgetauscht wurden.
Reto Ceschi zufolge ist die heutige Herausforderung, dass der Druck auf die Redaktionen steigt und vermehrt nach Duplex-Schaltungen (Live-Kommentare vor Ort mit Einschätzungen) für die eigene Sprachregion verlangt wird. Trotzdem empfehlen die Publikumsräte, insbesondere bei den Online-Dossiers noch stärker zusammenzuarbeiten
Ebenso könnte man sich vor Ort stärker aufteilen und so spannende Porträts realisieren. Es geht auch darum, neben dem tagesaktuellen Austausch der Redaktionen die unterschiedlichen Kompetenzen und bisher geleistete Sendungen stärker miteinander zu teilen.
„Trumpisierung der Medien“ und die Folgen
Die Diskussionsteilnehmer sind sich einig, dass durch Social Media die Emotionalisierung und Personalisierung des Wahlkampfes zugenommen hat. Traditionelle Medien geraten unter Druck. SRF hat im letzten Medienclub im August das Phänomen „Trumpisierung der Medien“ diskutiert.
Diese Form des „Medienclubs“ ist leider nur in der Deutschschweiz bekannt. Die SRG-Programme aller Sprachregionen sollten auch diese Ebene in ihren Sendungen darstellen und sich kritisch mit der Arbeit der Medien auseinandersetzen. Die Programmverantwortlichen sind sich der Verantwortung einer objektiven, sachlichen und qualitativ guten Berichterstattung bewusst.
Artikel von: SRG SSR
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