Erschreckende Ausmasse im AKW Leibstadt nach Brennelementschaden

Die Folgen des Brennelementschadens im AKW Leibstadt sind schwerwiegender als gedacht.

Es wurden bereits 45 Brennstäbe mit rostähnlicher Oxidation entdeckt, obwohl erst ein Drittel davon untersucht worden ist. Diese Entwicklung bereitet Greenpeace Schweiz grosse Sorgen, weshalb sie fordert, dass ein externes Expertengremium beigezogen wird.

Ende August dieses Jahres teilt die Betreiberin des AKW Leibstadt (KKL AG) mit, es sei an acht Brennelementen eine beschleunigte Oxidation entdeckt worden. Gut einen Monat später gab es dann erste Indizien, dass das Ausmass der Schäden viel grösser ist: Die Wiederinbetriebnahme wurde auf voraussichtlich Februar 2017 verschoben.

Mittlerweile ist ein Drittel der Brennstäbe aus dem Reaktor untersucht, wie die KKL AG auf Anfrage der „Aargauer Zeitung“ sagt. Dabei wurden an nicht weniger als 45 Brennstäben diese rostähnlichen Schäden entdeckt. „Das ist meines Wissens nach ein europäischer, wenn nicht sogar weltweiter Negativrekord“, sagt Stefan Füglister, Atomexperte für Greenpeace Schweiz, zum Ausmass der Schäden.

Hoher finanzieller Schaden

Atomexperte Füglister rechnet damit, dass die Schäden weitreichende Folgen haben werden für das AKW: „Wenn die Untersuchungen weiterhin so viel Zeit beanspruchen, wird Leibstadt wohl noch einmal später als vorgesehen wieder in Betrieb gehen können“, schätzt er. Damit würde der finanzielle Schaden auf über eine Viertelmilliarde Schweizer Franken anwachsen.

Bevor eine Wiederinbetriebnahme in Betracht gezogen werden kann, muss aber erst die Ursache für die Schäden geklärt werden. Greenpeace Schweiz fordert eine lückenlose Aufklärung in einem transparenten Verfahren.

Aufgrund des riesigen Ausmasses der Schäden soll zudem ein externes Expertengremium beigezogen werden – so wie dies bei den Schwachstellen im Reaktordruckbehälter des AKW Beznau geschieht. „Bei Problemen dieser Grössenordnung ist eine unabhängige Zweitmeinung unabdingbar“, sagt Füglister.

Die Atomaufsichtsbehörde ENSI selbst hat sich in jüngster Vergangenheit in der Einschätzung der Lage mächtig getäuscht und den Betrieb trotz einem im Sommer 2015 gefundenen Brennelementschaden freigegeben, bevor die Ursache geklärt war.

Weiterbetrieb nur mit Leistungsreduktion?

Eine mögliche Ursache für die oxidierten Brennstäbe ist die sukzessive Leistungssteigerung, die im AKW Leibstadt durchgeführt worden ist. Füglister vermutet deshalb, dass ein Weiterbetrieb nur mit einer Leistungsreduktion von ca. 15% denkbar ist.

„Das würde wiederum den Verlust des ohnehin defizitären AKW noch weiter vergrössern“, so Stefan Füglister. Der zusätzliche Verlust würde geschätzte 50 Millionen Schweizer Franken pro Jahr betragen.

 

Quelle: Greenpeace Schweiz
Artikelbild: © RegenerationX – shutterstock.com

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