Zwischenbilanz zu Niederschlägen – Hochwassergefahr besteht fort

Die intensiven Niederschläge auf der Alpensüdseite und den angrenzenden Regionen haben sich in der Nacht auf Dienstag deutlich abgeschwächt. Ebenfalls deutlich nachgelassen haben die stürmischen Südwinde in den Alpen und auf der Alpensüdseite.

Die Pegel des Lago Maggiore und des Lago di Lugano steigen, auf die Gefahrenstufe 2. Die Waldbrandgefahr hat sich in den Niederschlagsgebieten entschärft. Detaillierte Informationen in den Naturgefahrenbulletins.

Intensive Niederschläge und heftige Sturmböen

Die intensive Südstaulage ist in der Nacht auf Dienstag zu Ende gegangen. Seit Anfang des Ereignisses fielen im Centovalli und im Onsernonetal über 400 mm, lokal sogar über 500 mm Niederschlag. Über 300 mm wurden im oberen Maggiatal und im Bedrettotal aufgezeichnet. Auf der übrigen Alpensüdseite, im Oberengadin sowie vom Rheinwald über das Tavetsch und Urserental bis ins Goms und Simplongebiet, gingen im selben Zeitraum an den meisten Orten noch über 200 mm nieder. Ferner wurden in den südlichen Walliser Alpen, vom Aletschgebiet über das Haslital bis zum Urner Oberland sowie praktisch im ganzen Kanton Graubünden über 100 mm totalisiert.

Am Dienstagmorgen lagen vom Tavetsch über das Hinterrheingebiet bis ins Oberengadin oberhalb von 1200 bis 1500 Metern rund 20 bis 30, lokal bis 50 cm Schnee . Im Wallis liegen in mittleren Lagen von 1300 bis 1800 Metern meist weniger als 10 cm Schnee.

In der Nacht auf Dienstag traten auf der Alpensüdseite stürmische Südwinde mit starken Sturmböen auf. So wurden auch in den Niederungen verbreitet Böenspitzen von 80 bis 110 km/h, in Lugano sogar knapp 130 km/h gemessen, was dem zweithöchsten Wert der langjährigen Messreihe von Lugano entspricht. Noch stärker war der Südsturm über den Alpen. Auf dem Gütsch ob Andermatt wurden extreme 213 km/h festgestellt, auf dem Piz Martegnas bei Savognin 181 km/h und auf dem Gornergrat 168 km/h. Der stürmische Südwind machte sich teilweise auch als Föhn in den nördlichen Alpentälern bemerkbar, wo beispielsweise in Elm 130 km/h aufgezeichnet werden konnten.

Ab Mittwoch Warnung Stufe 3 im Simplongebiet und im westlichen Tessin

Das kräftige Tief, welches die intensive Südstaulage ausgelöst hat, ist in der Nacht über die Alpen nach Norden gezogen. Damit drehten die Winde auf West bis Südwest, und die Südstaulage schwächt sich weiter ab. Allerdings setzen mit der sich auf morgen aufbauenden Föhnlage im Süden erneut kräftige Niederschläge ein, der Schwerpunkt liegt im im Simplongebiet und im westlichen Tessin.

Die stürmischen Südwinde sind auf der Alpensüdseite am Dienstagmorgen zu Ende gegangen. Auch über dem Alpenkamm haben sich die Südwinde abgeschwächt. Bis am Dienstagabend bleiben sie allerdings stark. Es sind Böenspitzen von 100 bis 130 km/h zu erwarten, was der Warnstufe 2 entspricht. Zudem erreicht auf der Alpennordseite, vom westlichen bis zum zentralen Mittelland und insbesondere über dem Jura, der Westwind bis Dienstagabend rund 70 bis 90 km/h. Auf Mittwoch baut sich im Alpenraum eine starke Föhnströmung auf, womit in den Bergen erneut stürmische Südwinde einsetzen und in den nördlichen Alpentälern mit starkem bis stürmischen Föhn gerechnet werden muss. Dieses Ereignis wurde heute mit der Stufe 3 bewarnt.

Klimatologische Einschätzung des Ereignisses

In Segl-Maria fiel mit 225 mm die höchste Dreitagessumme seit Messbeginn 1864. Der bisherige Rekordwert vom November 2002 war mit 223 mm allerdings vergleichbar hoch. Savognin registrierte eine Dreitagessumme von 213 mm. Das ist nur minim weniger als der Rekordwert von 214 mm vom November 2002 (Die Messreihe von Savognin reicht bis 1892 zurück).

Am östlichen Alpennordhang sank die Schneefallgrenze regional bis auf 500 m. In Graubünden gab es vom 27. auf den 28. Oktober oberhalb von 1200 m 40 bis 70 cm Neuschnee. In Arosa auf 1878 m ü. M. fiel innert Tagesfrist ein neuer Oktoberrekord von 72 cm. Letztmals ähnlich viel Neuschnee im Oktober verzeichnete Arosa 1972 mit 68 cm und 1917 mit 65 cm innerhalb eines Tages. Alle übrigen Oktoberschneefälle lieferten in Arosa Tagessummen unter 50 cm (Die Aroser Neuschnee-Messreihe reicht bis 1890 zurück).

Auf der Alpensüdseite fielen innerhalb von drei Tagen verbreitet 200 bis 300 mm Niederschlag. Das östliche Tessin verzeichnete auch Werte zwischen 300 und 420 mm. In vielen Gebieten der Alpensüdseite sind solche Niederschlagssummen nicht ungewöhnlich. Sie sind über einen langen Zeitraum betrachtet etwa alle 3 bis 10 Jahre zu erwarten. Aussergewöhnlich waren die 3-Tagessummen hingegen im Puschlav. Die gefallenen rund 200 mm, treten hier seltener als alle 50 Jahre auf. Im Bergell und im Misox liegen die Wiederkehrperioden bei 10 bis 20 Jahren.

In den angrenzenden Gebieten vom Oberwallis über das Gotthardgebiet bis nach Nordbünden und ins Oberengadin, erreichten die Niederschlagsmengen 150 bis 240 mm. Im Oberwallis und im Gotthardgebiet sind solche 3-Tagessummen, über einen langen Zeitraum betrachtet, etwa alle 5 bis 10 Jahre zu erwarten. Lokal gab es auch Mengen mit Wiederkehrperioden zwischen 15 und 30 Jahren. Selten oder sehr selten sind solche 3-Tagessummen in Nordbünden und im Engadin. Die Wiederkehrperioden liegen verbreitet bei über 25 Jahren. Lokal waren die Starkniederschläge der vergangenen drei Tage sogar extrem aussergewöhnlich, so im Albula- und im Juliergebiet sowie im Oberengadin. Für diese Gebiete ergeben die Berechnungen Wiederkehrperioden von 100 Jahren oder mehr.

Hochwasser im Süden, Niedrigwasser im Mittelland und Jura

Die trockenen Böden konnten zu Beginn der Niederschläge noch viel Wasser aufnehmen. Die Gewässer stiegen darum erst mit einer gewissen Verzögerung an. Im Tessin war der Anstieg der Flüsse und Seen zeitweise stark, aber noch nicht kritisch. Die Maggia und einige kleinere Flüsse erreichten am Montagabend die Gefahrenstufe 2 (mässige Hochwassergefahr). In der Nacht auf Dienstag sanken die Pegel wieder. In den kommenden Tagen ist jedoch wieder mit Pegelanstiegen zu rechnen.

Der Lago Maggiore und der Lago di Lugano steigen seit Samstag stark an. Der Lago Maggiore wird am Dienstagabend, der Lago di Lugano am Mittwoch die Gefahrenstufe 2 erreichen. Die Seen konnten dank extrem tiefer Stände viel Wasser aufnehmen. So führte der Anstieg des Lago Maggiore von bisher bereits 2 Metern noch nicht zu Problemen.

In den übrigen Regionen der Schweiz hat der Regen ebenfalls etwas zur Entspannung der Trockenheit beigetragen. Die Pegel der Flüsse und Seen haben teilweise deutlich reagiert, befinden sich aber grösstenteils immer noch auf einem für die Jahreszeit tiefen Niveau. Im zentralen und westlichen Mittelland sowie im Jura liegt weiterhin eine Niedrigwassersituation vor. Für eine Normalisierung der Lage in den Flüssen und Seen dieser Regionen und insbesondere im Grundwasser ist eine längere Phase (Wochen bis Monate) mit regelmässigem und ergiebigem Regen nötig.

Bei intensiven Niederschlägen können Hangrutschungen und Steinschläge ausgelöst werden. Bis am Dienstag 30.10.2018 (Mittag) wurden keine Schadenereignisse von grossen Rutschungen gemeldet.

Waldbrandgefahr: Keine Feuerverbote mehr, aber im Norden noch erhebliche Gefahr

Die Waldbrandgefahr hat sich dank der grossen Niederschläge vor allem in den Kantonen Tessin, Graubünden und teilweise im Wallis entspannt. In der ganzen Schweiz sind keine Feuerverbote mehr in Kraft. Diese galten zum Teil seit Juli. Auf der Alpennordseite kann die Waldbrandgefahr aber erheblich bleiben, wenn es keine grösseren und anhaltenden Niederschläge gibt.

 

Quelle: Bundesamt für Umwelt BAFU
Titelbild: Symbolbild, Lago Maggiore © Rostislav Glinsky – shutterstock.com

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