Richter geben nigerianischer Regierung Mitschuld an Massakern an Christen

Der Gerichtshof der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) hat schwere Vorwürfe gegen die nigerianische Regierung erhoben. Beobachter bezeichneten ein aktuelles Urteil des Gerichts als „bahnbrechend“ und nannten es einen symbolischen Sieg bei der Aufklärung der Gewalt gegen Christen in Zentralnigeria.

Darin geben die Richter der nigerianischen Regierung eine Teilschuld an den wiederholten Gewaltexzessen und fordern eine offizielle Untersuchung der Geschehnisse vom Februar 2016 in der Region Agatu im Bundesstaat Benue.

Am 21. Februar 2016 hatten überwiegend muslimische Fulani-Hirten begonnen, mehrheitlich christliche Dörfer im Bundesstaat Benue (Nordnigeria) anzugreifen. Die Angriffe gipfelten nach Verlauf einer Woche in einem Massaker im Dorf Agatu. Über die Zahl der Todesopfer herrscht bis heute Unklarheit, weil das Gebiet nach dem Vorfall tagelang für Medien und Hilfsorganisationen verschlossen blieb.

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„Noch nie ein solches Ausmass an Zerstörung gesehen“

Die Regierung hat keine offiziellen Zahlen veröffentlicht. Zuverlässige Quellen schätzten die Zahl der Toten auf bis zu 500. In den Wochen nach den Angriffen entdeckten Christen eigenen Angaben zufolge mehrere Massengräber mit den sterblichen Überresten ihrer Angehörigen.

Die Vertreterin des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge in Nigeria und der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS), Angele Dikongue Atangana, kommentierte bei ihrem Besuch in dem Gebiet, dass die Anschläge in Agatu das Gebiet völlig zerstört hätten. „In meinen 20 Jahren humanitärer Arbeit habe ich noch nie ein solches Ausmass an Zerstörung gesehen“, sagte sie. Mindestens 20.000 Menschen wurden durch die Gewalt vertrieben.

Katholischer Priester als Führer der Anklage

Das aktuelle Urteil basiert auf einer Klage, die vom katholischen Priester Reverend Pater Solomon Mfa und elf weiteren Personen eingereicht wurde. Darin werfen sie dem Präsidenten Nigerias, dem Generalinspektor der Polizei, dem Generalstabschef der Armee und dem Innenminister vor, ihre grundlegenden Menschenrechte verletzt zu haben. In einem einstimmigen Urteil eines dreiköpfigen Gremiums entschied das Gericht, dass die nigerianische Regierung ihre Pflicht zum Schutz der Menschenrechte der Agatu-Gemeinschaft verletzt habe. Die Richter unter Vorsitz von Edward A. Asante forderten die nigerianische Regierung dazu auf, künftig für angemessene Sicherheit zu sorgen.

Normales Leben für Betroffene bis heute unerreichbar

Die Kläger gaben unter anderem an, dass Fulani-Hirten in den vergangenen drei Jahren über 50 Grossangriffe auf die Benue-Gemeinden verübt hätten. Die schwersten davon fanden demnach in den Gemeindebezirken Agatu, Gwer East, Gwer West, Makurdi, Guma, Tarka, Buruku, Katsina Ala, Logo, Ukum, Kwande, Oju, Obi und Konshisha statt. Infolge der Angriffe seien die betroffenen Gemeinschaften völlig handlungsunfähig, da ihre Besitztümer und ihre Lebensgrundlage mutwillig zerstört worden seien. Der massiven Zerstörung seien Häuser und Wohnungen, Haushaltsgegenstände, Bauernhöfe, Ernten, Pflanzungen, Fahrzeuge, Maschinen, Nahrungsmittel und Schulen zum Opfer gefallen. Über 1.000 Menschen seien insgesamt getötet worden.

Auf dem aktuellen Weltverfolgungsindex von Open Doors steht Nigeria auf Platz 12 unter den Ländern, in denen Christen am stärksten verfolgt werden.

 

Quelle: Open Doors Schweiz
Titelbild: patrice6000 – shutterstock.com

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