Kanton Bern: Im Einsatz für den Schutz der internationalen Diplomatie

In kaum einer anderen Stadt finden sich so viele diplomatische Vertretungen auf engem Raum wie in Bern und sie alle stehen unter dem Schutz des Gastgeberlandes.

Der Botschaftsschutz nimmt diese Aufgabe stellvertretend für die Schweiz wahr. Ein Botschaftsschützer gibt einen Einblick in seinen Beruf.

Diplomatinnen, Diplomaten und ausländische Vertretungen stehen gemäss dem Wiener Abkommen unter dem völkerrechtlichen Schutz des Gastgeberlandes. Diese herausfordernde, aber auch ehrenvolle Arbeit nehmen in Bern die Botschaftsschützerinnen und Botschaftsschützer wahr – und zwar rund um die Uhr, an 365 Tagen. Zu den Hauptaufgaben gehören die Gebäudebewachung und Fahrzeugpatrouillen. Oft sind sie bei einem Ereignis auch die ersten Einsatzkräfte vor Ort. Daniel Schüpbach, Schichtchef beim Botschaftsschutz, steht seit mittlerweile 15 Jahren im Dienst und berichtet über die Vielseitigkeit des Berufs, erlebte Herausforderungen und Situationen, die ihn geprägt haben.

Herr Schüpbach, im Juli feierten Sie Ihr Dienstjubiläum nach 15-jähriger Zugehörigkeit beim Botschaftsschutz. Hat sich in den letzten Jahren etwas verändert?

Vor 15 Jahren startete ich meine Ausbildung noch bei der Stadtpolizei Bern. Diese hatte aufgrund einer Zunahme von gefährdeten Botschaften und Konsulaten 1999 die Dienstgruppe Botschaftsschutz gegründet.

Damals war die weltpolitische Lage noch eine andere. Im Jahr 2004 gab es 30 bis 40 Botschaftsschützerinnen und Botschaftsschützer. Mit dem teilweisen Rückzug der Armee sind es heute mehr als drei Mal so viel. Der Botschaftsschutz übernimmt zudem, im Vergleich zu früher, zahlreiche Nebenaufgaben. Nebst der Gebäudebewachung und Fahrzeugpatrouillen sind wir oft auch als erste Einsatzkräfte vor Ort und können Sofortmassnahmen treffen. Zudem unterstützen wir auch bei Demonstrationen und Grossanlässen.

Wie sind Sie denn ursprünglich zum Botschaftsschutz gekommen?

Ich bin eigentlich gelernter Bäcker-Konditor und Zimmermann. Als ich jedoch erfuhr, dass bei unserem Betrieb diverse Stellen gestrichen wurden, machte ich mich auf die Suche nach einer anderen Tätigkeit. Ich stiess sogleich auf ein Inserat in der Zeitung und bewarb mich, zugegebenermassen etwas blauäugig, darauf. Ich wusste nämlich nicht, was denn genau von einem Botschaftsschützer erwartet wird und ob ich diese Anforderungen auch wirklich erfüllen konnte. Nun, 15 Jahre später, bin ich dankbar für meine damalige Neugier, denn ich blicke auf eine herausfordernde und interessante Zeit zurück.

Was ist besonders spannend, was herausfordernd an der Tätigkeit?

Spannend ist das Unvorhersehbare bzw. am Anfang des Dienstes nicht zu wissen, was mich erwartet. Das ist aber auch anspruchsvoll. Was viele nicht wissen, Botschaftsschützerinnen und Botschaftsschützer werden manchmal auch mit belastenden Situationen und Schicksalen konfrontiert. Da wir oft auf Patrouillenfahrt sind, kommt es schon mal vor, dass wir als Erste am Einsatzort eintreffen. Dabei sind Szenen von Gewalt oder Unfälle mit Schwerverletzten und Toten keine Seltenheit.

Interessant ist auch die Zusammenarbeit mit all den verschiedenen Menschen, mit denen man es immer wieder zu tun hat, aus allen möglichen sozialen Schichten, den verschiedenen Kulturen und den verschiedenen Lebenslagen, in denen sie sich befinden. Jeden Tag etwas Neues erleben, das ist das, was diesen Beruf für mich so einzigartig macht.

Erinnern Sie sich an ein Ereignis, das Sie während Ihrer Zeit beim Botschaftsschutz belastet hat?

Ja, ein solches gab es. Ich erlebte einst zwei Suizide in nur einer Nachtschicht. Beim ersten Vorfall war jemand von unserem Team als Vermittler dabei, um die Person von ihrem Vorhaben abzuhalten. Als dies nach etwas mehr als einer Stunde misslang, waren alle involvierten Personen niedergeschlagen und enttäuscht. Als wir versuchten, das Geschehene zu verarbeiten, passierte in der gleichen Nacht am Ende meiner Schicht nochmals ein Suizid. Eine Joggerin meldete der Zentrale eine unbekannte Person, die auf einer grossen Rasenfläche wohl eingenickt war. Wir wurden angefunkt und gebeten, uns das mal anzusehen und ich konnte bereits beim Heranfahren feststellen, dass diese Person nicht mehr lebte. Als Gruppenchef bist du dann in der Verantwortung, mit deinem Team solche Geschehnisse zu besprechen und allen vor allem Zeit zu geben, diese auch zu verarbeiten. Das ist nicht immer einfach.

In Bern sind Menschen aus rund 160 Nationen zu Hause. Wie vertraut müssen Botschaftsschützerinnen und Botschaftsschützer mit den jeweiligen Nationen und deren Kulturen sein, besonders im Hinblick auf potenzielle Gefahren wie z.B. eine Bedrohung durch Terrorismus?

Wir sind für die Sicherheit von Personen und Gebäuden verantwortlich, welche unter völkerrechtlichem Schutz stehen. Um uns professionell vorbereiten zu können, müssen wir natürlich auch die Herausforderungen kennen.

Leider sind die politischen Verhältnisse nicht in allen Ländern so stabil wie in der Schweiz. Wir werden laufend durch unsere Vorgesetzten über neue politische Vorkommnisse informiert, sodass wir uns auf ein Szenario einstellen und vorbereiten können. Denn Konflikte innerhalb eines Landes werden zuweilen auch vor dessen Vertretung in der Schweiz ausgetragen. Aber auf der anderen Seite ist ja genau auch der Umgang mit den vielen Nationen und Kulturen spannend und bereichernd.

Seit genau 15 Jahren vertreten Sie nun schon den Botschaftsschutz. Wird Ihnen nicht bald langweilig?

Nein, noch lange nicht. Der Botschaftsschutz ist alles andere als langweilig. Zudem kann ich weitere spannende Tätigkeiten ausüben; ich bin seit einigen Jahren im Dialogteam, kann bei der Rekrutierung von Nachwuchs mitwirken und bin seit sieben Jahren in einer Nebenfunktion als Polizeiverhandler bei der Verhandlungsgruppe tätig.

Derzeit lasse ich mich zum Psychologietrainer ausbilden. Die psychologischen Aspekte, die dieser Job mit sich bringt, haben mich stets interessiert. Die Tatsache, dass man so versucht, Konflikte gewaltfrei zu lösen, ist ein weiteres Plus. Mir gefällt die Abwechslung, und ich möchte meinem Beruf bis zur Pensionierung ausüben; auch wenn dies etwas rührselig klingt. Zum Glück geht das aber nochmals 15 Jahre (lacht).

 

Quelle: blog.police.be.ch
Artikelbild: Symbolbild © Peter Stein – shutterstock.com

Für Bern

Publireportagen

Empfehlungen

MEHR LESEN