Fussball: Anklageerhebung in Verbindung mit der Vergabe von Medienrechten

Im Zusammenhang mit der Vergabe von Medienrechten an verschiedenen Fussball-Weltmeisterschaften und FIFA-Confederations Cups hat die Bundesanwaltschaft (BA) Anklage gegen den ehemaligen Generalsekretär der Fédération Internationale de Football Association (FIFA), Jerôme Valcke, gegen den Geschäftsführer der BeIN Media Group, Nasser Al-Khelaifi, und gegen einen Geschäftsmann im Bereich von Sportrechten erhoben.

Die BA wirft Valcke passive Bestechung (Art. 4a Abs. 1 in Verbindung mit dem alten Art. 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb [UWG]), mehrfache qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs [StGB]) und Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) vor. Die zur Anklage gebrachten Sachverhalte werden nicht mehr als Betrug (Art. 146 StGB) qualifiziert. Al-Khelaifi und dem dritten Beschuldigten wirft die Anklage Anstiftung zu der von Valcke begangenen, qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 24 und Art. 158 Abs. 1 StGB) vor. Dem dritten Beschuldigten wird zusätzlich auch aktive Bestechung (Art. 4a Abs. 1 in Verbindung mit dem alten Art. 23 UWG) vorgeworfen.

Angeklagte Sachverhalte

Aus den Ermittlungen hat sich ergeben, dass Valcke von beiden Mitbeschuldigten nicht gebührende Vorteile erhalten hat. So erhielt Valcke eine für eine Villa auf Sardinien von ihm an Dritte geleistete Anzahlung von rund EUR 500’000 zurück, nachdem Al-Khelaifi über eine Gesellschaft an Valckes Stelle die Villa erworben hatte. Danach erhielt Valcke von Al-Khelaifi das alleinige Nutzungsrecht für die Villa für einen Zeitraum von insgesamt 18 Monaten – bis zu seiner Suspendierung von der FIFA – ohne dafür einen Mietzins im geschätzten Gegenwert von zwischen rund EUR 900’000 und rund EUR 1.8 Mio bezahlt zu haben. Vom dritten Beschuldigten erhielt Valcke drei Zahlungen im Gesamtwert von EUR 1.25 Mio an seine Firma Sportunited GmbH.

Der Anklagevorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung ergibt sich aus dem Umstand, dass Valcke die vorgenannten Vorteile der FIFA nicht gemeldet hatte und sich so im Rahmen seiner Tätigkeit als deren Generalsekretär pflichtwidrig verhalten und sich unrechtmässig bereichert hat. In diesem Zusammenhang wirft die Anklage Al-Khelaifi und dem dritten Beschuldigten entsprechende Anstiftung vor.

Betreffend Urkundenfälschung wirft die Anklage Valcke vor, er habe eine tatsachenwidrige Erstellung der Bilanzen der Sportunited GmbH für die Jahre 2013 und 2014 veranlasst, indem er die drei vorgenannten Zahlungen des dritten Beschuldigten fälschlicherweise als Darlehen verbuchen liess.

Die Vorwürfe der aktiven und passiven Bestechung sind darin begründet, dass Valcke zwischen 2013 und 2015 seinen Einfluss als FIFA-Generalsekretär dazu genutzt hat, Vergabeprozesse von Medienrechten für Italien und Griechenland an verschiedenen Fussball-Weltmeisterschaften und FIFA-Confederations Cups im Zeitraum zwischen 2018 und 2030 zu Gunsten der von ihm bevorzugten Medienpartner zu beeinflussen. Im Gegenzug hat der dritte Beschuldigte Valcke die vorgenannten drei Zahlungen im Gesamtwert von EUR 1.25 Mio. versprochen und gewährt.

Nicht erhärtet hat sich hingegen der Verdacht, dass Valcke im Gegenzug für seine Einflussnahme als FIFA-Generalsekretär eine ihm von Al-Khelaifi zu diesem Zweck geschenkte Luxusuhr angenommen haben soll. In Bezug auf diesen Sachverhalt wurde im Februar 2020 folglich eine Einstellungsverfügung erlassen.

Teileinstellung des Verfahrens infolge Teilrückzug des Strafantrags der FIFA

Grundlage dieses im März 2017 eröffneten und in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Polizei fedpol geführten Strafverfahrens war mitunter auch ein im Dezember 2016 eingegangener Strafantrag der FIFA wegen Privatbestechung (Art. 4a in Verbindung mit dem alten Art. 23 UWG) gegen alle drei Beschuldigten.

Nachdem die BA im Dezember 2019 die Schlusseinvernahme* durchgeführt und den Parteien auch insoweit den bevorstehenden Abschluss mittels Anklageerhebung schriftlich angekündigt hatte, hat die FIFA der BA Ende Januar 2020 schriftlich mitgeteilt, mit Al-Khelaifi eine nicht näher definierte „gütliche Einigung“ („accord amiable“) getroffen zu haben und infolgedessen ihren Strafantrag gegen Al-Khelaifi und teilweise auch gegen Valcke zurückzuziehen. Der Rückzug betrifft die Vorwürfe der aktiven und passiven Bestechung zwischen Al-Khelaifi und Valcke im Zusammenhang mit der Vergabe von Medienrechten an den Fussball-Weltmeisterschaften 2026 und 2030 sowie weiteren FIFA-Veranstaltungen im gleichen Zeitraum für die Region Naher Osten und Nordafrika im Gegenzug zur Gewährung der vorgenannten Vorteile im Zusammenhang mit der Villa auf Sardinien.

Da die Bestechung von Privaten in diesem konkreten Fall ein Antragsdelikt war**, entfiel mit dem Rückzug des Strafantrags eine Prozessvoraussetzung für die weitere Strafverfolgung dieser Delikte. Entgegen der bereits erfolgten Ankündigung gegenüber den Parteien wird die BA das Verfahren in Bezug auf diesen Verdacht deshalb konsequenterweise einstellen müssen. Zu diesem Zweck hat die BA diesen Verfahrensteil Im Februar 2020 vom übrigen Verfahren abgetrennt.

Der Teilrückzug betrifft nicht die Vorwürfe der aktiven und passiven Bestechung zwischen Valcke und dem dritten Beschuldigten, die nun angeklagt werden. Zudem hat der Teilrückzug keine Auswirkungen auf die Strafverfolgung in Bezug auf die Offizialdelikte, also der Verdacht der ungetreuen Geschäftsbesorgung, die Anstiftung zur ungetreuen Geschäftsbesorgung und die Urkundenfälschung, die nun ebenfalls angeklagt werden.

Hinweise im Zusammenhang mit der Anklageerhebung

Im Rahmen dieses Strafverfahrens ist beim Bundesstrafgericht (BStGer) zurzeit noch ein Ausstandsgesuch im Zusammenhang mit der Durchführung der Schlusseinvernahme hängig. Obwohl der diesbezügliche Entscheid des BStGer möglicherweise Auswirkungen auf das Verfahren haben kann, hat sich die BA nach erfolgter Risikoanalyse und Interessenabwägung sowie mit Blick auf die im letzten Quartal 2020 eintretende Verjährung der Strafverfolgung von einzelnen Sachverhalten für eine Anklageerhebung zum jetzigen Zeitpunkt entschieden.

Die BA wird ihre Anträge anlässlich der Hauptverhandlung vor dem BStGer stellen. Für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung bis zu einem rechtskräftigen Urteil. Mit Einreichung der Anklage ist das BStGer für weitere Informationen zuständig.

*Gemäss Art. 317 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) werden in umfangreichen und komplizierten Vorverfahren die beschuldigten Personen vor Abschluss der Untersuchung in einer Schlusseinvernahme nochmals befragt und dazu aufgefordert, zu den Ergebnissen der Untersuchung Stellung zu nehmen.

**Die Bestechung von Privaten wird nach Art. 4a Abs. 1 in Verbindung mit dem alten Art. 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geahndet, wenn die Tathandlung vor dem 1. Juli 2016 erfolgte. Für Tathandlungen ab dem 1. Juli 2016 sind die an diesem Tag in Kraft getretenen Art. 322octies und 322novies des Strafgesetzbuches (StGB) massgebend.

 

Quelle: Bundesanwaltschaft
Titelbild: Ugis Riba – shutterstock.com

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