Studie: Alarmierender Anstieg von Gewalt gegen Kinder in der Corona-Krise

Neuer Bericht von World Vision fordert starken Rettungsschirm für Millionen gefährdeter Kinder

Die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision macht in ihrem zweiten Bericht zu Folgen und Nachwirkungen der Corona-Pandemie auf eine alarmierende Zunahme an Gewalt gegen Kinder aufmerksam.

4 Millionen mehr Kinderbräute in den nächsten zwei Jahren – auch mehr Kinderarbeit

Besonders dringenden Handlungsbedarf sieht die Kinderhilfsorganisation dort, wo Kinder gerade mit ihren Familien in Existenznot geraten oder wo sie bereits unter Katastrophen-Folgen und Konflikten leiden. Für Jungen steigt unter diesen Umständen erfahrungsgemäss der Druck, Arbeit zu suchen statt zur Schule zu gehen, während Mädchen besonders von sexueller Ausbeutung oder Kinderheirat bedroht sind. In den nächsten zwei Jahren könnten rund vier Millionen mehr Mädchen als gewöhnlich in dem Zeitraum verheiratet werden, schätzt Dana Buzducea, Advocacy-Direktorin von World Vision International.

40 Prozent mehr Notrufe in Bangladesch

„Wir melden seit der Verhängung der Abriegelungsmassnahmen in vielen Ländern, dass Fälle von Kindesmissbrauch und Gewalt in die Höhe geschnellt sind“, erklärte die World Vision-Expertin. „In Bangladesch zum Beispiel ergab die im April von verschiedenen Institutionen, darunter World Vision, landesweit durchgeführte Analyse der Pandemie-Auswirkungen und des Hilfe-Bedarfes, dass Schläge durch Eltern oder Erziehungsberech-tigte um 42% zugenommen haben. Es gab auch 40 Prozent mehr Anrufe beim Kinder-Not-Telefon, und die Hälfte aller Befragten nannten fehlende Sicherheit für Mädchen als ein Problem bei den Ausgangssperren.“

Der Bericht „Aftershocks – a Perfect Storm“ wertet für die Prognosen neben Länderdaten zur Zunahme häuslicher Gewalt auch Informationen aus Programmgebieten von World Vision aus, da persönlich ausgeübte Gewalt gegen Kinder vielerorts kaum offiziell nachverfolgt wird und Schutz-oder Hilfsmechanismen nicht ausreichend finanziert werden.

Kinderschutz-Dienste müssen auch in der Krise funktionieren und ausgebaut werden

Es gebe viele Anzeichen dafür, dass die Pandemie die bestehenden Schwachstellen verschärfe und das Risiko nicht gemeldeter Gewalt erhöhe, so Dana Buzducea. Auch in Europa müsse man wachsam darauf reagieren. „Leider ist das Zuhause nicht für alle Kinder ein sicherer Ort, und durch Kontakt-sperren sind viele Familienmitglieder mit gewalttägigen Menschen isoliert. Schulen und soziale Ein-richtungen können betroffene Kinder derzeit nicht so schützen und unterstützen wie sie es sonst tun.“

Normalität für viele Kinder in weiter Ferne

„So neu und komplex die Corona-Krise ist: das erhöhte Gewaltrisiko für Kinder in Krisenzeiten kennen wir aus bitterer Erfahrung, und wir befürchten, dass die Pandemie eine vielschichtige globale Bedrohung für die Sicherheit von Kindern darstellt“, betonte Christoph von Toggenburg, CEO von World Vision Schweiz. „Für viele Kinder besteht die Gefahr, dass die Dinge für sie nie wieder ’normal‘ werden, und Millionen von Mädchen und Jungen in Gewaltzyklen gefangen bleiben. Wenn wir die Gewalt nicht beenden und damit sowohl die persönlichen Lebenschancen dieser Kinder als auch wichtige Fortschritte ihrer Gesellschaften auf dem Weg zu einer friedlicheren und nachhaltigeren Zukunft schützen, werden die Nachbeben noch unter den kommenden Generationen zu spüren sein.“

 

Quelle: World Vision Schweiz
Titelbild: obs/World Vision Schweiz/Chris Huber (World Vision)

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