Vättis SG: Canyoning-Unglück mit drei Toten – Such- und Bergungsmassnahmen
Am Mittwoch (12.08.2020) hat sich in der Parlitobelschlucht in Vättis (Gemeinde Pfäfers) ein Canyoning-Unfall ereignet, bei dem drei spanische Touristen ums Leben gekommen sind.
Ein vierter Mann wird nach wie vor vermisst. Die Kantonspolizei St.Gallen berichtete darüber. Seit dem Ereignistag wurde trotz der schwierigen Verhältnisse versucht, die Vermisstensuche voranzutreiben.
Am Ereignistag, nach dem Meldungseingang um 19 Uhr, standen rund 100 Rettungskräfte im Einsatz. Nebst mehreren Patrouillen der Kantonspolizei St.Gallen mit Sondereinheiten der Drohnen, Alpinen Einsatzgruppe, Polizeitauchern und Hundeführern waren die Rettungsstation Pizol mit Canyoning-Spezialisten der Alpinen Rettung Ostschweiz, zwei Rega-Helikopter, ein Superpuma der Armee, der Helikopter der Kantonspolizei Zürich, Mitarbeitende des Kraftwerks Gigerwald und ein Team der Psychologischen Ersten Hilfe im Einsatz.
Aufgrund eines aufziehenden Gewitters musste die Suche nach dem vierten Vermissten in der Nacht vom 13.08.2020 um 3 Uhr abgebrochen werden. Sie wurde in den frühen Morgenstunden desselben Tages wieder aufgenommen, blieb jedoch leider erfolglos und musste wiederum aufgrund des schlechten Wetters am Nachmittag eingestellt werden. Im Einsatz standen an diesem Tag 15 Mitglieder der Alpinen Rettung Ostschweiz (ARO) sowie Flächensuchhunde der ARO und der Polizei. Canyoning-Spezialisten wurden erneut von einem Rega-Helikopter in der Schlucht abgesetzt um diese abzusuchen. Polizeitaucher suchten mit einem Boot den Gigerwald-Stausee ab, hatten jedoch mit extrem schlechten Unterwasser-Sichtbedingungen von maximal 50 cm zu kämpfen. Weiter wurde mit Drohnen und dem Polizeihelikopter das Seeufer abgesucht.
In den Folgetagen wurde jeweils mit Patrouillen der zuständigen Polizeiregion, punktuell mit Unterstützung von Spezialisten, die Unfallörtlichkeit begangen und insbesondere der Bereich zwischen Schluchtausgang und Seebeginn abgesucht.
14.08.2020: Begehung Suchgebiet. Weiterer Helikopter-Suchflug.
15.08.2020: Begehung Suchgebiet. Massive Geländeverschiebungen aufgrund Regenfällen in der vorausgegangenen Nacht festgestellt.
16.08.2020: Begehung Suchgebiet mit Hunden. Fund von Seilresten. Weitere Suche beim Fundort des Seils brachte den Vermissten nicht zu Tage.
17.08.2020: Geplante Suche mit Leichenspürhunden. Aufgrund Unwetter und zu hohem Wasserpegel zur Wahrung der Sicherheit der Einsatzkräfte nicht durchgeführt. Stattdessen Sichtkontrolle vor Ort.
18.08.2020: Begehung Suchgebiet. Fund von weiteren Seilresten. Weitere Suche beim Fundort des Seils brachte den Vermissten nicht zu Tage.
19.08.2020: Begehung Suchgebiet. Erneut massive Geländeverschiebungen aufgrund von Regenfällen feststellbar.
20.08.2020: Suche mit Leichenspürhunden der Kantonspolizei Zürich. Suche zwischen Schluchtausgang und Seebeginn. Suche mit Sondierstangen und Grabungen, wo Hunde mögliche Witterungen anzeigten. Kein Erfolg.
21.08.2020: Erneute Begehung der Schlucht durch Canyoning-Spezialisten der Alpinen Rettung Ostschweiz. Optimale Verhältnisse mit wenig Wasser in der Schlucht. Kein Hinweis auf Vermissten innerhalb der Schlucht.
22./23.08.2020: Aufgrund konstanter Wetterverhältnisse keine Geländeverschiebungen und keine neuen Suchansätze.
24.08.2020: Erneuter Helikopter-Suchflug.
25.-29.08.2020: Aufgrund konstanter Wetterverhältnisse keine Geländeverschiebungen und keine neuen Suchansätze.
30.08.2020: Begehung Suchgebiet. Die heftigen Regenfälle vom 29./30.08.2020 haben enorme Wassermassen hervorgebracht. Das Bachbett wurde erneut umgestaltet. Suche blieb erfolglos.
31.08.2020: Aufgrund konstanter Wetterverhältnisse keine Geländeverschiebungen und keine neuen Suchansätze.
01.09.2020: Begehung Suchgebiet mit Einsatz von Metalldetektor. Kein Erfolg.
02.09.2020: Einsatz der Polizeitaucher. Problematisch war dabei die Sichtweite im Gigerwald-Stausee. Diese betrug maximal 30 bis 50 cm. Das bedeutete für die Polizeitaucher, dass der Seegrund abgetastet werden musste. Kein Erfolg.
Das obenstehende Suchprotokoll zeigt eindrücklich auf, dass sich die Suche im alpinen Gelände sehr schwierig gestaltet. Die Einsatzkräfte treffen insbesondere nach stärkeren Regenfällen ein verändertes Gelände an. Nur diese Geländeverschiebungen bringen neue mögliche Suchansätze hervor, indem Stellen frei gelegt werden, die vorher verborgen waren. An mehreren aufeinanderfolgenden Tagen ohne Geländeverschiebungen machen wiederholte Suchbemühungen auf bereits abgesuchten Gebiet daher keinen Sinn.
Leider muss bei diesen Sucheinsätzen von einer Leichensuche ausgegangen werden. Der Sicherheit der eingesetzten Einsatzkräfte wird deshalb durch die Einsatzleitung der Kantonspolizei St.Gallen höchste Priorität beigemessen. Weitere Sucheinsätze lassen sich nur bei optimalen Wetterverhältnissen verantworten.
Ebenfalls geprüft wurde der Einsatz von weiteren technischen Hilfsmitteln, wie beispielsweise eines Baggers. Trotz der intensiven Suche konnte bislang keine erfolgsversprechende Grabungsstelle ausgemacht werden. Das Suchgebiet ist ohne genaue Anhaltspunkte schlichtweg zu gross.
Die Kantonspolizei St.Gallen steht in engem Kontakt mit der spanischen Botschaft in der Schweiz sowie den Angehörigen der Opfer und des Vermissten. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurde seitens der Angehörigen der Wunsch nach dem Einsatz eines spanischen Bergungs-Teams geäussert. Die Kantonspolizei St.Gallen ist bereit, ein Team aus Spanien bei einem Sucheinsatz einzubinden, sofern es die Wettersituation und die Sicherheit der Einsatzkräfte zulässt. Die Kantonspolizei St.Gallen begrüsst es, wenn keine privaten Suchaktionen gestartet werden.
In der kommenden Herbst- und Wintersituation muss die Wettersituation weiter genau beobachtet werden. Ein Wintereinbruch limitiert die Suchmassnahmen oder führt zu deren Unterbruch. Solange dies aber nicht der Fall ist, wird im gleichen Rahmen mit den Suchbemühungen fortgefahren.
Die Kantonspolizei St.Gallen wird aktiv informieren, sofern die weiteren Sucheinsätze zum Auffinden des Vermissten führen. Die weiteren Sucheinsätze werden nicht einzeln kommuniziert.
Quelle: Kantonspolizei St.Gallen
Bildquelle: Kantonspolizei St.Gallen