Kanton Bern: JVA Hindelbank begeht Jubiläum mit Festakt

In der Justizvollzugsanstalt Hindelbank hat aus Anlass zum 300-jährigen Jubiläum von Schloss und 125 Jahren Nutzung als Anstalt für eingewiesene Frauen ein Festakt stattgefunden.

Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die Zürcher Regierungspräsidentin Jacqueline Fehr und der Berner Sicherheitsdirektor Philippe Müller würdigten in ihren Ansprachen die Entwicklung und die Rolle der JVA Hindelbank für den Schweizer Strafvollzug.

„Hier werden im geschlossen und im offenen Vollzug strafrechtlich verurteilte Frauen aus der ganzen Schweiz betreut und darauf vorbereitet, sich nach der Verbüssung der Strafe wieder in die Gesellschaft zu integrieren“, sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter in ihrer Grussbotschaft. Aus Anlass zum 300- jährigen Jubiläum des Schlosses und den 125 Jahren Nutzung durch den Kanton Bern als Anstalt wurde auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hindelbank ein Festakt durchgeführt mit rund 100 geladenen Gästen aus Politik, den drei Schweizer Strafvollzugskonkordaten, der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz.

Bundesrätin Keller-Sutter ging auch auf das „dunkle und lange Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte“ der administrativen Versorgungen ein. Mit dieser Praxis konnten Frauen und Männer bis 1981 ohne Prozess und Urteil in eine Anstalt eingewiesen werden. „Die administrativ versorgten Frauen und Mädchen lebten Seite an Seite mit verurteilten Straftäterinnen“, beschrieb die Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) die damaligen Verhältnisse in der Frauenanstalt. Sie erinnerte dabei auch an das Schicksal von Ursula Biondi, die in den 60er Jahren in Hindelbank eingewiesenen worden war, weil sie als Minderjährige schwanger wurde und ihr Kind behalten wollte.

Entschuldigung für erlittenes Unrecht

Ursula Biondi hatte sich in der Folge jahrelang dafür eingesetzt, dass die offizielle Schweiz das erlittene Unrecht der administrativ Versorgten aufarbeiten und anerkennen muss. Am 10. September 2010 schliesslich bat die damalige Vorsteherin im Justiz- und Polizeidepartement, Eveline Widmer-Schlumpf, in der JVA Hindelbank die Betroffenen von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen im Namen des Bundes um Entschuldigung.

Die Zürcher Regierungspräsidentin Jacqueline Fehr ist damals auch in Hindelbank anwesend gewesen. Die offizielle Entschuldigung sei unglaublich wichtig und ein Moment ganz grosser Emotion gewesen, sagte sie in ihrer Rede. „Es ist ein wichtiger zivilisatorischer Fortschritt, dass wir uns diesem Teil der

Vergangenheit gestellt und dass wir uns bei den Opfern entschuldigt haben“, sagte die Zürcher Justizdirektorin weiter. Die Grundfragen, wie die Mehrheitsgesellschaft mit Minderheiten umgehe, wie sie auf Normverletzungen und Verstösse gegen die gesellschaftlichen Konventionen reagiere, seien aber nicht verschwunden, sondern blieben aktuell.

Gelingende Wiedereingliederung nützt allen

Der Vorsteher der Berner Sicherheitsdirektion, Philippe Müller, wies in seiner Ansprache auf die vielfältigen Biografien der heute eingewiesenen Frauen hin, die oftmals, bevor sie zu Täterinnen geworden sind, selbst Übergriffe und Gewalt erfahren haben. Damit solche Gewaltspiralen früh erkannt und gestoppt werden können, setzt sich laut Philippe Müller die Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt in seiner Direktion ein. Mit Blick auf die laufenden Erneuerungsarbeiten an der bestehenden Infrastruktur der JVA und der Einrichtung einer neuen Aussenwohngruppe für zwölf Frauen in Hindelbank fügte er hinzu: „Neben dem wichtigen Beitrag für die öffentliche Sicherheit ist es die Arbeit der Resozialisierung, in die wir als Gesellschaft investieren“. Gelinge die Wiedereingliederung, komme dies allen zugute, betonte Regierungsrat Müller.

Regierungspräsidentin Fehr nannte die JVA Hindelbank eine besondere Einrichtung, da sie die einzige Justizvollzugsanstalt für Frauen in der Deutschschweiz sei: „Damit ist sie für uns in Zürich wie auch für alle anderen Deutschschweizer Kantone eine wichtige Partnerin“. Bundesrätin Keller-Sutter ihrerseits stellte fest: „Heute steht die Justizvollzugsanstalt für einen adäquaten Freiheitsentzug, der den heutigen Anforderungen entspricht.“

Die Rednerinnen und Redner bedankten sich vor allem bei den Mitarbeitenden im Justizvollzug für deren wichtige und anspruchsvolle Arbeit im Dienste der öffentlichen Sicherheit. Musikalisch umrahmt wurde der Anlass vom Frauentrio „Les Coquelicots“.

Ausstellung und Schlossmärit

Die Ausstellung zum Jubiläum „Das Schloss. Die Anstalt. Das Dorf – 1721 bis heute“ dauert bis zum
27. November 2021. Der Eintritt ist frei. Am Wochenende des 26. und 27. Novembers 2021 findet im Innenhof des Schlosses zudem der traditionelle Schlossmärit statt. Der Zutritt ist nur mit COVID-Zertifikat möglich.

Angaben zu Ausstellung und Publikation

Öffnungszeiten vom 16.10 bis 27.11.21:

Mittwoch-Freitag 13.30-17.30 Uhr Samstag /Sonntag 10.00-17.00 Uhr Montag / Dienstag geschlossen

Der Eintritt ist gratis. Es gibt eine Cafeteria. Menschen mit Beeinträchtigungen werden beim Besuch der Ausstellung unterstützt (Anmeldung hierfür zwei Tage im Voraus: Tel. 079 523 50 18). Der Zutritt ist nur mit einem gültigen COVID-Zertifikat möglich.

Zur Ausstellung erscheint das Buch „Hindelbank. Das Schloss. Die Anstalt. Das Dorf – 1721 bis heute“.

304 Seiten, 200 Abbildungen Sinwel Verlag Bern
ISBN 978-3-85911-900-0

Das Buch kostet Fr. 48.- im Buchhandel, Fr. 40.- in der Ausstellung.

 

Quelle: Kanton Bern, Sicherheitsdirektion
Titelbild: Ksanawo – shutterstock.com

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