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Wetter-News: Es war einmal die Seegfrörni

20.01.2024 |  Von  |  Schweiz, Wetter

Der 10jährige Nachwuchs des Autors hat noch keine echte Seegfrörni erlebt.

Wo stehen wir diesbezüglich in diesem Winter und könnte es in den nächsten Wochen noch dafür reichen?

Um es gleich vorwegzunehmen: Der Eindruck täuscht. Die aktuell frostigen Temperaturen (die letzte Nacht war in weiten Teil der Schweiz immerhin die kälteste im aktuellen Winter) kompensieren knapp die Wärmeperiode der ersten Januarwoche, so dass der bisherige Januar schweizweit in etwa ausgeglichen ist (im Vergleich zur Norm 1991-2020). Zusammen mit dem viel zu warmen Dezember erstaunt es also wenig, dass die grösseren Seen im Schweizer Mittelland bisher noch weitgehend eisfrei sind.


Tiefstwerte heute Morgen im Messnetz der MeteoSchweiz. Vielerorts war die vergangene Nacht die kälteste im aktuellen Winter.


Wann friert ein See zu?

Seen reagieren unterschiedlich auf Kälte. Sehr vereinfacht gilt: Je tiefer ein See, desto mehr Kälte wird benötigt, bis er zufriert. Das hat damit zu tun, dass die gesamte Wassermasse des Sees zuerst auf etwa 4°C abgekühlt werden muss, bevor ein weiteres Abkühlen der oberflächennahen Wassermassen erfolgt und ein Zufrieren möglich wird. Als einfaches Mass für die benötigte Kälte haben sich die sogenannten negativen Gradtage (NGT) erwiesen. Hier werden die Grade der Tage mit einer durchschnittlichen Temperatur unter 0°C zusammengezählt. Ein Tag mit einer Durchschnittstemperatur von -5°C liefert so zum Beispiel 5 NGT.


Die Tabelle zeigt die benötigte Anzahl NGT (Negative GradTage) bei denen die jeweilige Seeoberfläche vollständig gefriert (Spalte „Median“). In der rot markierten Spalte sind die im aktuellen Winter gemessenen NGT aufgeführt. In der zweiten Spalte von links sieht man die zugehörige Messstation. Spalte „min“ und „max“ zeigt für bestimmte Seen die Bandbreite der Ereignisse (10% bzw. 90%). Am Beispiel des Pfäffikersees kann die Tabelle also wie folgt gelesen werden: Im Mittel gefriert der Pfäffikersee bei NGT von 120 vollständig. In 10% der Fälle gefriert er bereits bei NGT= 60, was nahe dem aktuellen Wert liegt (NGT= 53.7). Bei NGT=150 ist es nahezu sicher, dass der Pfäffikersee gefriert (also in 90% der Fälle). (Quelle: MeteoSchweiz)


Seegfrörni noch relativ weit entfernt

Wie an der obigen Tabelle erkennbar, ist eine Seegfrörni für die allermeisten Seen noch sehr weit entfernt. Mit viel Glück könnte es bis zum Ende des Winters noch knapp für den Pfäffikersee reichen. Dafür müsste allerdings die aktuelle Kälte mit Tagesmitteltemperaturen um -5 Grad noch rund 10 Tage anhalten, was aktuell sehr unwahrscheinlich erscheint.

Das letzte Mal begehbar war das Eis auf dem Pfäffikersee übrigens vor 12 Jahren. Die damalige Kältewelle brachte im Februar mehrere Tage mit Tagesmitteltemperaturen um -15 Grad. Totalisiert wurden damals 189 NGT. Letztmalig zumindest dünn gefroren war der Pfäffikersee 2018. Klimatologisch müsste er jedes zweite Jahr vollständig gefrieren.


Vorhersage der Temperaturen (Höchst- und Tiefstwerte) für die kommenden 2 Wochen, am Beispiel von Luzern. Je dicker die Boxen, desto unsicherer die Prognose. Die durchgezogenen Linien zeigen jeweils die Normwerte (im Vergleich zum 20jährigen Modellklima) in der Mitte, sowie die Extrema am oberen und unteren Rand der Grafik. (Quelle: ECMWF)


„Wintermezzo“ schon wieder vorbei

Die Aussichten sind wenig winterlich. Bereits am Montag liegen die Tageshöchstwerte wieder verbreitet im zweistelligen Bereich, für Mittwoch scheinen in den Niederungen gar knapp 15 Grad so gut wie gesichert zu sein. Selbst nächtliche Fröste, die eigentlich für Januar normal wären, sind um die Wochenmitte nicht mehr zu erwarten. Und auch die weitere Tendenz ist eindeutig zu mild für die Jahreszeit. Mein Nachwuchs wird sich wohl weiterhin gedulden müssen.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zu Seegfrörnen sind hier zu finden. Achtung: die verwendeten Referenzstationen unterscheiden sich von der obigen Tabelle, so dass zum Teil andere NGT-Werte vorliegen!


Kunstvolle Reifkristalle am Rande des Gattikerweihers bei Thalwil. (Bild: Daniel Gerstgrasser)


Kunstvolle Reifkristalle am Rande des Gattikerweihers bei Thalwil. (Bild: Daniel Gerstgrasser)


Kunstvolle Reifkristalle am Rande des Gattikerweihers bei Thalwil. (Bild: Daniel Gerstgrasser)


Kunstvolle Reifkristalle am Rande des Gattikerweihers bei Thalwil. (Bild: Daniel Gerstgrasser)


Kunstvolle Reifkristalle am Rande des Gattikerweihers bei Thalwil. (Bild: Daniel Gerstgrasser)


Der Gattikerweiher bei Thalwil ZH. (Bild: Daniel Gerstgrasser)


Egelsee bei Wolfhausen ZH. Kleinere Teiche und Weiher sind inzwischen gefroren, für die grösseren Seen reichte es bisher noch nicht.


 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Es war einmal die Seegfrörni – MeteoSchweiz (admin.ch)
Titelbild: Christa Hayoz

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