Wetter: Was braucht es für die Bildung von Schauern und Gewittern?

Es ist zwar erst Ende Februar und die Jahreszeit der Schauer und Gewitter nähert sich erst langsam, dafür sicher.

Die heutige Wetterlage bietet sich jedoch an, um einen scheuen Blick auf die Voraussetzungen für die Entstehung von Schauern und Gewittern zu werfen.

Die Schweiz befand sich heute im Einflussbereich eines Troges, der sich vom Nordmeer über Mitteleuropa bis nach Nordafrika erstreckte. Unser Land befand sich auf der Vorderseite dieses Troges, weshalb in der Höhe Südwestwind wehte. Zudem war der Trog mit Kaltluft gefüllt, die ihren Ursprung in der Region Neufundland – Labradorsee – Südgrönland hatte.


Luftpakete, die in der Nacht auf heute Samstag 24. Februar über der Alpennordseite lagen, befanden sich vor ein paar Tagen noch über dem Gebiet Neufundland – Labradorsee – Südgrönland, wie Rückwärtstrajektorien zeigen (rot: Trajektorie für Luftpakete mit Start auf 5500 m ü.M., grün auf 3000 m ü.M. und blau auf 1500 m ü.M.). (Quelle: NOAA Hysplit)
Luftpakete, die in der Nacht auf heute Samstag 24. Februar über der Alpennordseite lagen, befanden sich vor ein paar Tagen noch über dem Gebiet Neufundland – Labradorsee – Südgrönland, wie Rückwärtstrajektorien zeigen (rot: Trajektorie für Luftpakete mit Start auf 5500 m ü.M., grün auf 3000 m ü.M. und blau auf 1500 m ü.M.). (Quelle: NOAA Hysplit)

Dank der Höhenkaltluft war die Atmosphäre über der Schweiz labil. Über die Labilität der Atmosphäre liesse sich mühelos ein eigener Meteoblog füllen. Hier bleiben wir bei einer stark vereinfachten Erklärung: je kältere Luft in der Höhe und je wärmere Luft in den tiefen Schichten, desto höher ist die Labilität.


Luftpakete, die in der Nacht auf heute Samstag 24. Februar über der Alpennordseite lagen, befanden sich vor ein paar Tagen noch über dem Gebiet Neufundland – Labradorsee – Südgrönland, wie Rückwärtstrajektorien zeigen (rot: Trajektorie für Luftpakete mit Start auf 5500 m ü.M., grün auf 3000 m ü.M. und blau auf 1500 m ü.M.). (Quelle: NOAA Hysplit)
Luftpakete, die in der Nacht auf heute Samstag 24. Februar über der Alpennordseite lagen, befanden sich vor ein paar Tagen noch über dem Gebiet Neufundland – Labradorsee – Südgrönland, wie Rückwärtstrajektorien zeigen (rot: Trajektorie für Luftpakete mit Start auf 5500 m ü.M., grün auf 3000 m ü.M. und blau auf 1500 m ü.M.). (Quelle: NOAA Hysplit)

Bei labilen Bedingungen entstehen gerne Schauer und Gewitter. Erstere gab es beidseits der Alpen, letztere vereinzelt auf der Alpensüdseite, zum Teil auch mit Graupel im Gepäck.


Graupel von heute Vormittag im Tessin (links und rechts oben aus Locarno, rechts unten aus Gordola). (Quelle: Meteomeldungen/App)
Graupel von heute Vormittag im Tessin (links und rechts oben aus Locarno, rechts unten aus Gordola). (Quelle: Meteomeldungen/App)

Nur weil die Atmosphäre labil ist – im meteorologischen, nicht psychologischen Sinne 🙂 –, heisst es noch lange nicht, dass Schauer und Gewitter einfach so entstehen. Labilität alleine lässt die Atmosphäre quasi noch kalt. Man muss sie schon etwas kitzeln, ihre Trägheit zu überwinden.


Schauer bei Schupfart im Fricktal (Quelle: AeCS Regionalverband Fricktal)
Schauer bei Schupfart im Fricktal (Quelle: AeCS Regionalverband Fricktal)

Gut zureden und hoffen reicht da nicht. Eine Trogachse, wie sie heute Morgen über die Alpennordseite von Südwest nach Nordost zog, schon eher. Auf der Vorderseite eines Troges oder eben einer Trogachse finden nämlich Hebungsprozesse in der Atmosphäre statt. Die Luft wird dadurch gezwungen, aufzusteigen. Die Trogachse fungiert somit quasi als Auslöser (Trigger) für Schauer und Gewitter.


Radiosondierung aus Payerne VD vom Samstag, 24. Februar um 13 Uhr MEZ. Die hohe Labilität der Atmosphäre ist für das geschulte Auge daran zu erkennen, dass die Temperatur mit zunehmender Höhe stark abnimmt, in diesem Fall mehr oder weniger vom Boden bis zur Obergrenze der Wetterschicht (Tropopause) auf ca. 8300 m ü.M. (Quelle: MeteoSchweiz)
Radiosondierung aus Payerne VD vom Samstag, 24. Februar um 13 Uhr MEZ. Die hohe Labilität der Atmosphäre ist für das geschulte Auge daran zu erkennen, dass die Temperatur mit zunehmender Höhe stark abnimmt, in diesem Fall mehr oder weniger vom Boden bis zur Obergrenze der Wetterschicht (Tropopause) auf ca. 8300 m ü.M. (Quelle: MeteoSchweiz)

Nebst Trogachsen können zum Beispiel auch die Sonneneinstrahlung und damit die Erwärmung der bodennahen Luftschichten oder ein Gebirge als Trigger wirken.

Die erwähnte Trogachse von heute Morgen war denn auch im Zusammenspiel mit der Höhenkaltluft verantwortlich für ein paar Schauer über der Schweiz. Gilt damit also: Labilität + Trigger = Schauer + Gewitter? Nun ja, die Rechnung geht noch nicht ganz auf. Etwas fehlt da noch, aber was?


Radaranimation zwischen 3 und 9 Uhr MEZ (Quelle: MeteoSchweiz)
Radaranimation zwischen 3 und 9 Uhr MEZ (Quelle: MeteoSchweiz)

Genau! Ohne Feuchtigkeit gibt es natürlich auch keine Wolken und keinen Niederschlag. Kurzum: damit Schauer und Gewitter entstehen, sind mindestens die drei Grundzutaten Labilität, Auslöser und Feuchtigkeit nötig.


Satellitenbild überlagert mit der Höhenwetterkarte (weisse Linien: Isohypsen des Geopotentials auf 500 hPa bzw. ca. 5500 m ü.M.) und Radarechos (farbige Flächen). Trogachsen sind mit einer gelb strichlierten Linie markiert. Bei dieser Wetterlage (Trog mit Höhenkaltluft, keine Fronten vorhanden) fanden die Niederschläge zum Zeitpunkt meist im Zusammenspiel mit einer Trogachse statt. (Quellen: MeteoSchweiz/Eumetsat/ECMWF)
Satellitenbild überlagert mit der Höhenwetterkarte (weisse Linien: Isohypsen des Geopotentials auf 500 hPa bzw. ca. 5500 m ü.M.) und Radarechos (farbige Flächen). Trogachsen sind mit einer gelb strichlierten Linie markiert. Bei dieser Wetterlage (Trog mit Höhenkaltluft, keine Fronten vorhanden) fanden die Niederschläge zum Zeitpunkt meist im Zusammenspiel mit einer Trogachse statt. (Quellen: MeteoSchweiz/Eumetsat/ECMWF)

Wie im obigen Bild zu sehen ist, sind gleich mehrere Trogachsen eingezeichnet. Jene nördlich der Schweiz zog in der Nacht auf heute Samstag über die Schweiz, jene westlich bzw. nordwestlich der Schweiz werden bis zum frühen Sonntagmorgen über die Schweiz hinwegziehen. Wo und wann genau auf der Alpennordseite alle drei Zutaten ausreichend vorhanden sind, Hand in Hand zusammenarbeiten und so bis in die Nacht auf morgen weitere Schauer verursachen, kann nicht im Detail gesagt werden. Ganz so einfach ist die Meteorologie dann doch nicht 😊.


Animation 1-stündiger Niederschlagssummen zwischen Samstag 24. Februar 14 Uhr und Sonntag 25. Februar 7 Uhr MEZ aus dem Modell ICON-CH1-EPS (Modelllauf vom Samstag 24. Februar 9 UTC). (Quelle: MeteoSchweiz)
Animation 1-stündiger Niederschlagssummen zwischen Samstag 24. Februar 14 Uhr und Sonntag 25. Februar 7 Uhr MEZ aus dem Modell ICON-CH1-EPS (Modelllauf vom Samstag 24. Februar 9 UTC). (Quelle: MeteoSchweiz)

 

Quelle: MeteoSchweiz
Bildquelle: MeteoSchweiz (sofern nicht anders angegeben)
Titelbild: Schwacher Schauer beim Schauenberg im Zürcher Oberland. Dank der flachen Sonneneinstrahlung am Morgen werden die feinen Niederschlagströpfchen sichtbar. (Quelle: Gemeinde Elgg)

MEHR LESEN