Internationales Schleusernetzwerk in Bayern, Italien und in der Schweiz gesprengt
München, Bad Tölz, Oberammergau, Marktoberdorf, Bozen (ITA), Zürich. Der Staatsanwaltschaft Kempten und der Münchner Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung ist am Mittwoch (16. Oktober) erneut ein Schlag gegen die organisierte Kriminalität gelungen: Ein international agierender Schleuserring konnte im Rahmen einer koordinierten Aktion (Joint Investigation Team) gesprengt werden.
Spezialeinheiten der Bundespolizei und benachbarte Sicherheitsbehörden in Italien und in der Schweiz durchsuchten in den frühen Morgenstunden insgesamt 8 Wohnungen in Italien, in der Schweiz und in den bayerischen Städten Marktoberdorf, Bad Tölz und Oberammergau. Dabei nahmen sie 4 Beschuldigte fest.
Ausgangspunkt der groß angelegten Aktion waren aufwändige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kempten in Zusammenarbeit mit der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung München gegen eine Bande, die seit mindestens Oktober 2022 Schleusungen über die sogenannte Balkanroute durchgeführt hat.
Den 4 Beschuldigten mit türkischer Nationalität wird vorgeworfen, in mindestens 9 Fällen insgesamt 71 Personen, banden- und gewerbsmäßig gegen Bezahlung hoher Geldbeträge über die Balkanroute nach Italien und Österreich bis nach Deutschland eingeschleust zu haben. Der Großraum Bozen diente als Zwischenstation. Von dort aus sollen die Migranten dann von der Schleuserbande weiter in das Bundesgebiet transportiert worden sein. Die Täter gingen dabei überaus planvoll und sehr professionell vor: Die Fahrtrouten wurden umfangreich geplant und die Schleuser setzten sogenannte „Scoutfahrer“ ein, um im Vorfeld möglich Polizeikontrollen aufzuklären.
Die Ermittlungen der Spezialabteilung der Staatsanwaltschaft Kempten zur Bekämpfung der internationalen Schleuserkriminalität („Traunsteiner Modell“) und der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung führten nach einer Festnahme im Oktober 2022 ins benachbarte Österreich. Damals wurde eine türkische Staatsbürgerin bei der Schleusung von sechs Landsleuten in Vorarlberg festgenommen. Durch die internationale Zusammenarbeit wurden weitere Schleuseranlaufpunkte der Bande in Bozen (ITA) und in Zürich (CHE) ermittelt. Zudem konnten zahlreiche Einschleusungen im Ermittlungszeitraum sowohl auf italienischem als auch österreichischem Hoheitsgebiet vereitelt werden.
Bei dem Großeinsatz, an dem rund 120 Beamte der Bundespolizei sowie Sicherheitskräfte in der Schweiz und Italien eingesetzt waren, gelang bisher die Vollstreckung von 4 Untersuchungshaftbefehlen. Ferner wurde 1 Kfz sichergestellt, das für die Schleusungen benutzt worden sein soll. Des Weiteren konnte umfangreiches Beweismaterial, darunter zahlreiche Smartphones und 22500,- EUR Bargeld, sichergestellt werden. Die Beweismittel gilt es nun auszuwerten. Die Ermittlungen dauern an.
Hintergrund:
Das sogenannte „Traunsteiner Modell“ zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität wurde inzwischen bei neun bayerischen Staatsanwaltschaften unter anderem auch von der Staatsanwaltschaft Kempten eingeführt. Die jeweiligen Spezialabteilungen arbeiten bei der Verfolgung von international agierenden Schleuserbanden, Drogen- und Waffenhändlern nicht nur eng mit den ausländischen Polizei- und Justizbehörden zusammen, sondern auch mit Eurojust und Europol. Ziel ist es, durch eine Spezialisierung, Intensivierung und Koordinierung internationaler Ermittlungen erfolgreich Strukturermittlungen zur Ergreifung und Überführung der Hintermänner durchzuführen.
Quelle: Bundespolizeidirektion München
Bildquelle: Bundespolizeidirektion München