Schweizer Armee: Satiriker Vincent Kucholl spricht im Podcast über Kritik mit Respekt
Wer kennt ihn nicht – Oberstleutnant Karl-Heinz Inäbnit?
Der stellvertretende Waffenplatzkommandant von Bure, der unermüdlich seinen durch Abwesenheit glänzenden Kommandanten, Oberst im Generalstab Oberhänsli, bei öffentlichen Auftritten vertreten muss. Inäbnit ist Kult. Eine Karikatur des Berufsoffiziers, übermotiviert, korrekt, pedantisch – und trotzdem beliebt in der Truppe; selbst bei Berufsmilitärs. Nicht, weil man ihn ernst nimmt, sondern weil man in ihm vieles wiedererkennt.
Inäbnit ist eine fiktive Figur aus dem Repertoire von Vincent Kucholl; Komiker, Filmschauspieler und ehemaliger Korporal der Schweizer Armee. Kucholl, bekannt als eine Hälfte des Westschweizer Satire-Duos Kucholl & Veillon, ist eine feste Grösse in der Romandie. Er absolvierte die Rekrutenschule in Moudon bei der Sanität – und spricht im Podcast der Armee über Uniform, Verantwortung und den schmalen Grat zwischen Loyalität und Kritik.
Dabei sein und trotzdem kritisch bleiben
Der Komiker betont, dass er sich bewusst für die Armee entschieden habe. „Ich habe die Sanitäts-RS in Moudon gemacht. Ich war Korporal.“ Dabei sei er weder glühender Befürworter noch scharfer Gegner des Systems. Diese differenzierte Haltung zieht sich durch das Gespräch. Auf die Frage, warum er sich freiwillig in den Podcast setze, antwortet er: „Weil ich neugierig bin. Und weil es mir wichtig ist, zuzuhören.“ Kucholl zeigt, dass man Teil einer Institution sein kann und sie dennoch mit Witz hinterfragen darf.
Satire braucht Respekt und Distanz
Kucholl versteht Satire nicht als Angriff, sondern als Mittel, um komplexe Themen zugänglich zu machen – und gelegentlich den Spiegel vorzuhalten. „Ich habe nie jemanden angegriffen, der unten ist. Aber ich liebe es, die Systeme zu karikieren.“ Besonders in seiner Rolle als Lieutenant-Colonel Inäbnit, einem fiktiven Berufsoffizier, habe er oft direktes Feedback aus der Truppe erhalten. „Viele Soldaten haben gelacht – weil sie sich wiedererkannten.“ Das sei ein gutes Zeichen: „Wenn Direktbetroffene mitlachen können, beweist das Reife.“
Die Armee als Teil der Gesellschaft
Kucholl zeigt kein Bedürfnis, sich vom Militär abzugrenzen. Vielmehr spricht er mit Respekt über die gesellschaftliche Rolle der Armee. Kasernen seien nicht nur Ausbildungsorte, sondern auch soziale Räume. Dabei erkennt er auch Spannungen: Die Armee müsse heute vielfältiger, offener und durchlässiger sein als früher. „Man kann nicht mehr davon ausgehen, dass alle automatisch dafür sind. Vertrauen muss man sich verdienen.“ Kritik an der Armee bedeutet für ihn nicht Ablehnung. Sie ist vielmehr ein Zeichen von Engagement und Zugehörigkeit.
Humor als Brücke
Der wohl stärkste Moment des Gesprächs ist eine nachdenkliche Feststellung: «Was mich beunruhigt, ist, dass wir verlernt haben, zuzuhören.» Die Gesellschaft, sagt Kucholl, verliere ihre Fähigkeit zum Dialog, wenn jeder nur noch empört sei. Satire sei ein Gegenmittel, aber nicht Allheilmittel: „Satire funktioniert nur, wenn sie auf kluger Beobachtung basiert. Nicht auf Hass.“ Kucholl plädiert für einen verbindenden Humor. Für ihn ist klar: Eine offene Gesellschaft muss auch kritische Stimmen zulassen. Und wer Verantwortung übernimmt, darf auch lachen.
Quelle: Schweizer Armee/Kommunikation Verteidigung, Mathias Müller
Bildquelle: VBS/DDPS