Studie zeigt: Körperliche und psychische Gewalt an Kindern ist Teil des Alltags

Jedes zwanzigste Kind wird zu Hause regelmässig körperlich bestraft. Gar jedes vierte Kind erfährt regelmässig psychische Gewalt.

Die Sensibilisierungskampagne von Kinderschutz Schweiz wurde von den Eltern positiv aufgenommen. Nun kommt das Postulat Bulliard zur gewaltfreien Erziehung vor den Nationalrat.

Seit 2017 wird die Präventionskampagne „Starke Ideen – Es gibt immer eine Alternative zur Gewalt“ von der Universität Freiburg wissenschaftlich begleitet. Die Studie zum Bestrafungsverhalten von Eltern in der Schweiz wurde 2019 zum dritten Mal durchgeführt. Die Resultate der aktuellen Stichprobe weisen in beiden Bereichen – bei körperlicher wie auch psychischer Gewalt – einen leichten Rückgang gegenüber der Erhebung von 2017 auf.

Eltern bestrafen nach wie vor regelmässig

Die aktuelle Studie wurde 2019 im Auftrag von Kinderschutz Schweiz von der Universität Freiburg durchgeführt. Dabei sind nach wie vor die jüngeren Kinder öfter von Körperstrafen betroffen als die älteren Kinder: 4,4 Prozent der Elternteile gaben an, regelmässig körperliche Gewalt anzuwenden (2017 waren dies noch 5,79 Prozent). Trotz den insgesamt geringeren Werten manifestiert sich eine stabile Subgruppe von Eltern, bei denen körperliche Gewalt in der Erziehung dazugehört. 23,2 Prozent der Elternteile berichten von regelmässigem Verhalten gegenüber ihren Kindern, das Aspekte von psychischer Gewalt beinhaltet (2017 betrug der Anteil noch 25,15 Prozent). Es zeigen sich somit in beiden Bereichen – bei der körperlichen wie der psychischen Gewalt – eine geringe Abnahme und gleichzeitig eine hohe Stabilität.

Herausforderung ist durch die Bedrohung der Pandemie aktueller denn je

Die Ergebnisse der Studie zum Bestrafungsverhalten von Eltern zeigen, dass Gewalt in der Erziehung in jeder Lebenslage ausgeübt wird. Trotzdem gibt es Risikofaktoren, die sich zum Nachteil der Kinder auswirken können: Wenn die finanzielle oder emotionale Stabilität der Eltern in eine Schieflage gerät zum Beispiel. „Diese Risikofaktoren sind während der Pandemie erhöht. Mit den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Unsicherheiten steigt der Druck der Erziehenden und somit die Gefahr von Gewalthandlungen“, so Regula Bernhard Hug, Leiterin der Geschäftsstelle von Kinderschutz Schweiz. Aus diesem Grund sei das ganze Umfeld gefragt, wachsam zu sein und Hilfe zu holen oder anzubieten.

Die Präventionskampagne bringt den Unterschied

Die Befragung zeigt, dass die Kampagne viele Eltern direkt angesprochen hat. Sie haben daraufhin ihr Erziehungsverhalten hinterfragt und versuchten, dieses auch zu ändern. Viele Eltern bevorzugen private Hilfestellungen (Support durch Freunde, Bekannte) im Bereich Erziehung und zum Thema gewaltlose Erziehung. Eltern, die über Gewalt berichten, sind in der Folge auch offener für Unterstützung durch Dritte.

Gewaltfreie Erziehung im Parlament

„Regelmässige körperliche und psychische Gewalt in der Erziehung führt zu grossem Leiden und hinterlässt tiefe Spuren bei der Gesundheit und im Verhalten von betroffenen Kindern“, sagt Yvonne Feri, Stiftungsratspräsidentin von Kinderschutz Schweiz. „Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass alle Kinder gewaltfrei aufwachsen können und die Politik die gewaltfreie Erziehung zur Norm erklärt.“ An der Sondersession vom 29. und 30. Oktober kommt das Postulat Bulliard zum „Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung“ nun vor den Nationalrat. Mit dem Postulat will CVP-Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach den Bundesrat mit der Prüfung beauftragen, wie der Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung im Zivilgesetzbuch verankert werden kann.

 

Quelle: Kinderschutz Schweiz
Titelbild: New Africa – shutterstock.com

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