Der grösste Devisenmarkt der Welt: FOREX
von Stephan Gerhard
Wenn von den internationalen Finanzmärkten gesprochen wird, denkt man als Erstes an den Handel mit Aktien, dann auch an Rohstoffe und Edelmetalle. Devisen werden meist erst später erwähnt – zu Unrecht, denn dem Volumen nach kann es kein Finanzmarkt mit dem Devisenhandel aufnehmen.
Fünf Billionen US-Dollar und mehr werden hier am Tag umgesetzt – eine kaum vorstellbare Summe, die die Grössenordnung selbst bedeutender Volkswirtschaften sprengt. Sie ist auch ein Ausdruck der globalisierten Wirtschaft. International hat sich für den Devisenmarkt die Kurzbezeichnung FOREX eingebürgert. Das Kürzel steht für „Foreign Exchange Market“, was nichts anderes als Währungs- oder Devisenmarkt bedeutet.
Elektronischer Handel – virtueller Markt
Der FOREX-Handel findet heute nicht mehr in Börsensälen, sondern ausschliesslich über elektronische Handelssysteme statt. Diese Natur als virtueller Markt mag dazu beigetragen haben, dass der FOREX als eigener Finanzmarkt nicht so stark wahrgenommen wird wie zum Beispiel der Aktienmarkt. Hier erfolgt der Handel inzwischen zwar auch überwiegend elektronisch. Doch es gibt immer noch den klassischen Parketthandel in Börsenräumen. Und das Bild, wenn an der New York Stock Exchange in Manhattans Wall Street die Börsenglocke geläutet wird, ist jedem unmittelbar präsent. Früher wurden Devisen ebenfalls an physischen Börsenplätzen gehandelt. Mit dem Aufkommen des Computerhandels wurden diese aber nach und nach aufgegeben.
Lange war der börsenbasierte Devisenhandel auch nur bestimmten Akteuren vorbehalten. Vor allem Banken, Zentralbanken, grosse Unternehmen und andere Institutionen hatten Zugang zur Devisenbörse. Privatleute kamen mit Devisen im Wesentlichen nur im Zusammenhang mit Auslandsreisen in Berührung, mancher vielleicht auch durch Geldanlagen in fremder Währung. Der Weg führte dann normalerweise über die eigene Bank. Seit einigen Jahren können auch Private über Broker am FOREX mitmischen. Es gibt inzwischen ein breites Angebot an entsprechenden Trading-Plattformen.
Die Geschichte beginnt in den 1970er-Jahren
Der Devisenhandel hat eine lange Geschichte. Er ist im Prinzip so alt wie das Geld selbst. Bereits aus dem antiken Griechenland gibt es Zeugnisse eines organisierten Münzhandels von Prägungen unterschiedlicher Stadtstaaten – ein Phänomen, das auch im mittelalterlichen Europa mit seinen zahlreichen Staaten und Herrschaften, die jeweils eigenes Geld herausgaben, seine Fortsetzung fand. Im Zeitalter der Industrialisierung wurde das zunächst anders. Im 19. Jahrhundert führten die wichtigsten europäischen Währungen den Goldstandard ein. Durch die Bindung der eigenen Währung an das Gold wurden de facto automatisch die Wechselkurse zu anderen Währungen definiert. Das setzte dem Devisenhandel enge Grenzen, er war im Prinzip ein reiner Austausch.
Auch nach der endgültigen Aufgabe der Goldbindung spätestens im Zuge des Zweiten Weltkriegs hielt man am System quasi-fixer Wechselkurse fest. Die Basis bildete das sogenannte Bretton-Woods-Abkommen. Danach diente der – weiterhin ans Gold gebundene – US-Dollar als internationale Leitwährung. Die Bretton-Woods-Staaten koppelten ihre Währungen an den US-Dollar, was eine indirekte Goldbindung bedeutete. Dabei wurden gewisse Schwankungen innerhalb enger Bandbreiten zugelassen.
Anfang der 1970er-Jahre kollabierte das System von Bretton Woods aus verschiedenen Gründen und es kam zur weitgehenden Freigabe der Wechselkurse. Der Währungshandel erhielt dadurch ein stark spekulatives Element und wesentliche Handelsimpulse. Es war die Initialzündung des modernen weltweiten Devisenhandels, wie wir ihn heute als FOREX kennen.
Essenzielle FOREX-Währungen und -paare
Der US-Dollar stellt nach wie vor die bedeutendste internationale Handelswährung dar. Er ist am häufigsten an Transaktionen beteiligt. Auf den nächsten Plätzen folgen der Euro, der japanische Yen und das Britische Pfund – danach mit deutlichem Abstand der Australische Dollar, der Schweizer Franken und der Kanadische Dollar. Alle anderen Währungen fallen demgegenüber in der Bedeutung ab. Bei den gehandelten Währungspaaren stehen folgerichtig die Kombinationen US-Dollar/Euro, US-Dollar/Yen und US-Dollar/Pfund an der Spitze. Die Paarungen US-Dollar/Schweizer Franken und Euro/Schweizer Franken sind die beiden meistgehandelten Währungspaare mit Schweizer Beteiligung.
Wie auf anderen Finanzmärkten auch, findet der Devisenhandel als Kassahandel oder als Terminhandel statt. Bei Kassageschäften werden Devisen auf der Basis tagesaktueller Erfüllung gehandelt. Bei Termingeschäften erfolgt der Geschäftsabschluss heute, während die Erfüllung erst in der Zukunft liegt. Auch Devisenoptionen sind besondere Formen von Terminvereinbarungen. Sie räumen dem Optionsinhaber das Recht – aber nicht die Pflicht – zum künftigen Kauf bzw. Verkauf einer Währung zu einem bestimmten Kurs ein. Devisen-Termingeschäfte können sowohl für Absicherungszwecke als auch für spekulative Zwecke genutzt werden. Daneben gibt es Swap-Vereinbarungen, bei denen ein Termin- und ein Kassageschäft getauscht werden.
Geschäft mit hohem Risiko
Der FOREX ist ein hochvolatiler Markt. Nachrichten werden hier in Sekundenschnelle verarbeitet und können zu beträchtlichen Kursausschlägen führen. Bei den gehandelten riesigen Volumina haben dabei bereits Wechselkurs-Änderungen in der dritten oder vierten Stelle hinter dem Komma eine grosse Wirkung. Selbst bei normalen Nachrichtenlagen sind daher bei den Marktakteuren beträchtliche Gewinne oder Verluste möglich. Ein aussergewöhnliches Ereignis wie zum Beispiel die Freigabe des Franken-Kurses im Januar dieses Jahres hat dann schon fast einen Tsunami-Effekt.
Devisengeschäfte stellen dabei generell ein Nullsummenspiel dar. Die Gewinne des einen Marktakteurs sind die Verluste seines Kontrahenten und umgekehrt. Nur der Abwickler profitiert als Dienstleister durch die Transaktionsgebühren de facto bei jedem Geschäft.
Wechselkurse sind dabei letztlich immer das Ergebnis von Angebot und Nachfrage. Ihre Entwicklung wird aber von einer Vielzahl an Faktoren bestimmt, die zum Teil schwer vorhersehbar sind. Dabei spielen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Ereignisse eine Rolle. Die Prognose von Wechselkursentwicklungen ist daher mit erheblichen Unwägbarkeiten behaftet, und selbst Experten liegen oft gründlich daneben. Das macht den spekulativen Währungshandel zu einem Geschäft mit ausgesprochen hohem Risiko. Letztlich handelt es sich um Kurswetten.
Starke Nerven gefragt
Nachdem der FOREX über Broker mittlerweile auch einem grösseren Kreis von Privaten offensteht, ist die Zahl der Online-Plattformen, die entsprechende Möglichkeiten anbieten, in den letzten Jahren ständig gewachsen. Private Anleger können sich in der Regel direkt über Währungspaare oder über CFDs – Differenzkontrakte – und Optionen am Devisenhandel beteiligen. Bei CFDs und Optionen werden Gewinnchancen und Verlustrisiken nochmals zusätzlich gehebelt. Selbst mit kleinen Engagements geht es hier um beträchtliche Summen.
Ein neuer Trend sind sogenannte binäre Optionen, die es auch mit Währungsbezug gibt. Hier setzt man nur auf fallende oder steigende Wechselkurse, das Ausmass der Veränderung hat dagegen keine Auswirkung.
Fazit
Für konservative und risikoscheue Anleger ist das Geschäft mit den Devisen jedenfalls nichts. Nur wer gute Nerven hat und Verluste verkraften kann, sollte sich an den globalen Handel mit den Währungen wagen.
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