Wetter-News Schweiz: Echtzeit-Messungen verbessern die Pollenvorhersage

Allergikerinnen und Allergiker erhalten seit Anfang 2023 präzisere Informationen über die erwartete Pollenbelastung in der Luft.

Der Grund dafür ist, dass MeteoSchweiz dank Echtzeit-Pollendaten die Erweiterung des numerischen Wettermodells für die Pollenausbreitung deutlich verbessern konnte.

Numerische Wettermodelle bei MeteoSchweiz nutzen seit langem aktuelle Messungen für die Vorhersagen. Für die Pollenvorhersage war das bisher nicht der Fall. Grund dafür war, dass keine aktuellen Pollenmessungen verfügbar waren, sondern Pollen unter dem Mikroskop von Hand gezählt wurden. Erst 2-9 Tage nach der Erhebung waren die Pollendaten verfügbar – zu spät für die direkte Verwendung in der numerischen Pollenvorhersage.

Mit der Einführung des nationalen automatischen Pollenmessnetzes hat sich die Situation grundlegend geändert. 15 Stationen in der Schweiz messen die Pollen in Echtzeit. Diese Daten werden automatisch an MeteoSchweiz geschickt, wo sie bereits nach weniger als einer Stunde abgerufen werden können.

Wie bringt man aber das Pollenvorhersagemodell dazu, diese Daten sinnvoll zu verwenden? Das Vorhersagemodell COSMO-ART (COnsortium for Small-scale MOdeling – Aerosols and Reactive Trace gases) berechnet das Wetter und die Pollenbelastung für hunderttausende Gitterpunkte, die mit unseren 15 Stationsmessungen korrigiert werden sollen.

Werfen wir einen Blick in die Funktionsweise von ART: Ein wichtiger Teil ist die Phänologie, also wie sich eine Pflanze im Laufe des Jahres entwickelt. Mithilfe des Temperaturverlaufs im Frühjahr werden die Zeiträume berechnet, in denen die Pflanzen blühen. Warme Witterung begünstigt frühes Blühen von Pflanzen und kühlere Temperaturen sorgen für spätes Blühen. Den Blühbeginn exakt vorherzusagen, ist aber nicht möglich – Fehler von einigen Tagen kommen durchaus vor. Das heisst, dass die Pollenprognose in der für allergische Personen sensiblen Zeit des Blühbeginns fehlerhaft sein kann.


Abbildung 1: Anteil der blühbereiten Birken im numerischen Pollenvorhersagemodell am 28. März. Je dunkler das Grün, desto höher der blühbereite Anteil der vorhandenen Birken. Weiss bedeutet, dass die Birken noch nicht blühen. (Quelle: MeteoSchweiz)

Echtzeitdaten korrigieren Prognose

An diesem Punkt kommen die Echtzeitdaten ins Spiel. Sie werden verwendet, um den Blühbeginn korrekt zu berechnen. Meldet eine Station erhebliche Pollenkonzentrationen und ist die Phänologie im Modell im Rückstand, so wird die Phänologie im Modell entsprechend angepasst. Auf gleiche Weise kann ein zu früh vorhergesagtes Blühen im Modell durch die Echtzeitdaten korrigiert werden. Abbildung 1 zeigt das aktuelle, angepasste Phänologie-Feld für die Birkenpollen.

Die Echtzeitdaten werden aber noch an einem anderen Ort im Modell verwendet. Weil die Pflanzen nicht jedes Jahr gleich stark blühen, schwankt auch die Pollenanzahl entsprechend. Dazu kommen noch weitere Unsicherheiten im Modell wie zum Beispiel in der Pflanzenverteilung aber auch im vorhergesagten Wetter. Das Verhältnis zwischen Echtzeitdaten und Modelldaten der letzten fünf Tage wird nun verwendet, um die Anzahl der freigesetzten Pollen zu vergrössern oder zu verkleinern.

Start der Birkenpollensaison

Die Birkenpollensaison hat auf der Alpensüdseite schon begonnen, auch auf der Alpennordseite wurden erste Birkenpollen registriert. Wie schon die Hasel und Erle blüht auch die Birke dieses Jahr früh. Im Mittel dauert die Zeit mit starkem Birkenpollenflug rund vier Wochen.

Auf der Webseite von MeteoSchweiz (Abbildung 2) wie auch in der MeteoSchweiz-App kann die kommende Entwicklung der Birkenpollenbelastung räumlich und zeitlich detailliert mitverfolgt werden. Es sind die bodennahen Pollenkonzentrationen dargestellt. Dank der geringen Maschenweite von 1.1 Kilometer werden die grossen und auch die mittleren Alpentäler gut aufgelöst. Für heute werden im Tagesverlauf zunehmende Birkenpollenkonzentrationen erwartet.


Abbildung 2: Modellierte Birkenpollenbelastung vom 28. März um 17 Uhr. Auffallend ist die hohe Pollenanzahl in einigen Alpentälern und den tiefsten Lagen des Mittellandes. Weitgehend pollenfrei sind mittlere und höhere Lagen in den Bergen. (Quelle: MeteoSchweiz)

Für die Berechnungen der Pollenkonzentrationen (Abbildung 2) werden neben der Phänologie (Abbildung 1) auch die Pflanzenverteilung, der Einfluss des Wetters und der Transport durch den Wind berücksichtigt. Neuerdings wird auch der „Fehler“ des Modells während der vergangenen 5 Tage miteinbezogen. Aus diesen Gründen kann die Pollenbelastung deutlich von der Verteilung der blühbereiten Birken (Abbildung 1) abweichen. Die Methodik, wie Echtzeitmessungen bei der Erstellung numerischer Pollenmodelle verwendet werden, wird in Zukunft noch verfeinert. Dies kann zu weiteren Verbesserungen der Pollenprognose führen.

Weiterführende Informationen

Titelbild: Auf der Alpensüdseite hat sie bereits begonnen: die Birkenpollensaison.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Echtzeit-Messungen verbessern die Pollenvorhersage – MeteoSchweiz (admin.ch)
Titelbild: Unsplash

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