Wetter-Meldung-Schweiz: Wie wir Ihren Tag vorhersagen

Mit der Einführung von nachbearbeiteten Niederschlagsprognosen werden nun alle Grössen unserer lokalen Wettervorhersage in der MeteoSchweiz App mit statistischen Methoden und maschinellem Lernen kalibriert.

So können hochwertige und nahtlose Vorhersagen automatisch der Öffentlichkeit bereitgestellt werden.

Numerische Wettermodelle sind das Herzstück unserer Wettervorhersagen. Aber bevor die Lokalprognose in der MeteoSchweiz App sichtbar wird, sind noch einige Schritte nötig.


Abbildung 1: Die Lokalprognose in der MeteoSchweiz App.

Ein solcher Schritt besteht in der Kombination von Informationen aus verschiedenen Wettermodellen und in der Korrektur systematischer Fehler. Wir tun dies, indem wir vergangene Vorhersagen mit Beobachtungen von Bodenmessstationen und Satelliten vergleichen. Dies wird als statistische Nachbearbeitung oder neudeutsch Postprocessing bezeichnet.

Lokale Begebenheiten berücksichtigen

In erster Linie wird bei der Nachbearbeitung versucht, systematische Fehler in der Vorhersage der Wettermodelle zu reduzieren. Eine Quelle solcher Fehler ist die begrenzte räumliche Auflösung der Wettermodelle. Mit Postprocessing können wir lokale Effekte besser darstellen. Ein Beispiel ist die Nachbearbeitung der Windgeschwindigkeit (Abbildung 2), die es uns ermöglicht, zu berücksichtigen ob ein Standort exponiert (auf einem Kamm oder Gipfel) oder geschützt (im Tal) ist.


Abbildung 2: Vorhersage der Windgeschwindigkeit in der südlichen Schweiz aus a) dem Wettermodell COSMO-2E und b) der Nachbearbeitung mit einem Deep-Learning-Ansatz.

Nahtlose Wahrscheinlichkeitsvorhersagen

Für jede Vorhersage berechnen wir mit unseren Wettermodellen mehrere mögliche Szenarien des zukünftigen Wetters. Liegen diese Szenarien eng zusammen, ist die Vorhersage präzis. Wenn die Szenarien breit streuen, ist sie unsicher. Unsere Nachbearbeitung korrigiert nicht nur die beste Schätzung, sondern auch die Streuung der Szenarien.

Ausserdem kombiniert die Nachbearbeitung die Vorhersagen aller unserer Wettermodelle in eine einzige nahtlose Konsensprognose. Diese Wettermodelle unterscheiden sich in ihrer Auflösung, d.h. dem Detaillierungsgrad, mit dem die lokalen Besonderheiten abgebildet werden. Mit den hochauflösenden COSMO-Modellen werden Vorhersagen bis etwa 30 Stunden mit 1 km Auflösung und bis 5 Tage in die Zukunft mit 2 km Auflösung berechnet. Die längere Frist deckt das weniger hoch aufgelöste ECMWF IFS Modell ab. Die hochauflösenden Modelle werden bis zu 8 mal am Tag gestartet, das IFS Modell zwei Mal. Für die nachbearbeitete Vorhersage verwenden wir die aktuellsten Vorhersagen der einzelnen beitragenden Wettermodelle und kombinieren diese zu einer Vorhersage für den gesamten Vorhersagezeitraum. Dank der Nachbearbeitung sehen die Vorhersagen für die kurze und längere Frist viel ähnlicher aus. Wir nennen dies eine „nahtlose Vorhersage“.


Abbildung 3: Vorhersagen der Windgeschwindigkeit vom 20. Oktober 2023 für den Chasseral.

Abbildung 3 zeigt links die Vorhersagen der einzelnen Wettermodelle und rechts die nachbearbeitete Vorhersage. Die Streuungen der Vorhersagen sind als schattierte Flächen dargestellt. Sie zeigen den 90% Vertrauensbereich. In diesem Fall haben die verschiedenen Wettermodelle die Winde am Chasseral tendenziell unterschätzt. Die nachbearbeitete Vorhersage ist näher an den Beobachtungen und nur wenige Messwerte liegen ausserhalb des Vertrauensbereichs, die Vorhersage wurde durch das Postprocessing zuverlässiger.

Weniger sprunghafte Prognosen

Haben Sie schon einmal plötzliche Änderungen in den Wettervorhersagen bemerkt? Solche „sprunghaften Vorhersagen“ werden durch Nachbearbeitung erheblich reduziert. Durch die Kombination von Wahrscheinlichkeitsvorhersagen aus verschiedenen numerischen Wettermodellen erstellen wir eine stabile, zuverlässigere Vorhersage, die Überraschungen minimiert.


Abbildung 4: Entwicklung der Vorhersagen der stündlichen Regensumme für Locarno Monti. Die nachbearbeiteten Vorhersagen ändern sich im Laufe des Tages viel gleichmässiger.

Nachbearbeitung ist kein Allheilmittel!

Die Nachbearbeitung bringt zwar viele Vorteile mit sich, aber es ist wichtig zu betonen, dass sie keineswegs perfekt ist.

Wir können Vorhersagefehler mit Postprocessing nicht beheben. Situationen, die von den Wettermodellen nicht gut vorhergesagt werden, führen auch zu einer schlechten nachbearbeiteten Vorhersage. Dies liegt daran, dass durch Postprocessing die in der Regel zuverlässigen Vorhersagen der Wettermodelle nur leicht angepasst werden.

Bei unserem Ziel, überall in der Schweiz eine nachbearbeitete Vorhersage mit ähnlich guter Qualität zu liefern, müssen wir Kompromisse eingehen. Lokale Effekte, die sehr spezifisch und selten sind oder die in dem für das Training des Postprocessings verwendeten Beobachtungsdatensatz nicht vertreten sind, werden nicht erfasst. An einigen Standorten kann dies sogar dazu führen, dass die nachbearbeitete Vorhersage dem bisherigen Produkt unterlegen ist.

Unsere Postprocessingmethoden sind für alltägliches Wetter optimiert. Für seltenere Wettersituationen und Extremereignisse sind die nachbearbeiteten Vorhersagen unzureichend. Deswegen fliessen diese nicht in die offiziellen Warnungen ein. Um allfällige Unterschiede zwischen automatischer Vorhersage und offizieller Warnung zu reduzieren, arbeiten wir an weiteren Verbesserungen.

Was kommt als nächstes?

Im Vergleich zu Wettermodellen sind datenbasierte Methoden wie unser Postprocessing viel weniger komplex in der Entwicklung und relativ günstig in der Berechnung. Wir können daher das statistische Postprocessing häufig aktualisieren, um die Vorhersagen weiter zu verbessern. Das Postprocessing ermöglicht es uns auch, massgeschneiderte Produkte für bestimmte Anwendungen zu erstellen. Daher gehen wir davon aus, dass Postprocessing in Zukunft in unseren Vorhersageprodukten verstärkt eingesetzt wird. Schliesslich werden auch die Methoden fürs Postprocessing laufend weiterentwickelt. Wir nutzen bereits heute Machine Learning oder KI-Methoden für unser Postprocessing und gehen davon aus, dass die rasanten Entwicklungen in diesem Bereich helfen werden, das Postprocessing weiter zu verbessern.


Unten grün, oben weiss – Blick ins Berner Oberland.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Wie wir Ihren Tag vorhersagen – MeteoSchweiz (admin.ch)
Titelbild: MeteoSchweiz / J. Bhend

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