Datenschutztag 2017: Allgegenwärtige Videoüberwachung hat auch Risiken
Neue technologische Möglichkeiten erschliessen uns die Welt in hochauflösender Qualität zu Tiefstpreisen. Wenn sowohl staatliche Behörden als auch Privatpersonen ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis geltend machen, wird Videoüberwachung gern zum Allerheilmittel hochstilisiert.
Sie ist aber längst nicht immer ein geeignetes Mittel, um Bürgerinnen und Bürger vor Übergriffen zu schützen. Ausserdem kann sie die Privatsphäre der betroffenen Personen beeinträchtigen.
Videokameras werden immer besser und günstiger. Deshalb werden sie vermehrt zur Überwachung des Privatbereichs eingesetzt. So sollen sie in Restaurants, Kaufhäusern, Einstellhallen, WC-Anlagen von Kino- und Freizeitbetrieben oder sogar im trauten Heim für Sicherheit und Ordnung sorgen.
Zwar braucht es zum Betrieb einer Videoüberwachungsanlage auf dem eigenen Grundstück oder im eigenen Betrieb keine Bewilligung. Wer Menschen aber so aufnimmt, dass sie erkennbar sind, braucht dazu einen guten Grund und muss sich an gewisse Regeln halten. Dies gilt auch beim Einsatz von Drohnen oder Dashcams.
Zum diesjährigen Datenschutztag möchte der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte auf die Risiken der Videoüberwachung hinweisen. Insbesondere müssen Personen, die vom Aufnahmebereich erfasst werden könnten, darüber informiert werden, bevor sie in den Kamerafokus treten.
Die Kamera darf ausserdem nur das absolut Notwendige erfassen: Weder das Filmen des öffentlichen Raums noch das Miterfassen des Nachbargrundstücks ist erlaubt. Schliesslich sollte ein anderes Mittel gewählt werden, wenn dieses geeignet ist, für einen wirksamen Schutz zu sorgen, ohne die Privatsphäre anderer Personen zu beeinträchtigen. Ist eine Videoüberwachung erforderlich, sollten wenn immer möglich Privacy-Filter (Techniken zur Verpixelung bzw. Unkenntlichmachung) verwendet werden und nur in begründeten Ausnahmen Zugang zu den unbearbeiteten Bildern gewährt werden.
Um auf eine Videoüberwachung aufmerksam zu machen, empfehlen wir das gut sichtbare Anbringen eines Hinweisschildes auf Augenhöhe. Es sollte ersichtlich sein, wo die Betroffenen ihr Auskunftsrecht geltend machen können. Verdecktes Filmen von Personen verstösst gegen das Datenschutzrecht. Deshalb ist auch beim Einsatz von Drohnen und Dashcams besondere Vorsicht geboten. Hier kommt hinzu, dass das Filmen im öffentlichen Raum Sache der Polizei ist oder einer Bewilligung bedarf.
Wenn Bilder zur Aufdeckung eines Delikts dienen sollen, muss das Bildmaterial den zuständigen Behörden übergeben werden. Privatpersonen dürfen nicht selber eine Fahndung einleiten und beispielsweise Bilder mutmasslicher Täter im Internet veröffentlichen.
Ob Bilder als Beweismittel zugelassen werden, entscheidet das Gericht im Einzelfall. Werden Bilder für Beweiszwecke gespeichert, dürfen sie nicht länger aufbewahrt werden als für die Aufdeckung eines Missbrauchsfalls tatsächlich erforderlich ist. Sie sollten in der Regel innerhalb von 24 bis 48 Stunden gelöscht werden. Spezielle Regeln gelten für den Einsatz von Fotovergleichs-Systemen zur Zutrittskontrolle bei Skistationen und Freizeitanlagen.
Wer ohne seine Zustimmung von einer Videokamera gefilmt wird und sich dadurch in seiner Privatsphäre verletzt fühlt, hat das Recht, sich dagegen zu wehren und Auskunft über die eigenen Daten zu verlangen. Wir empfehlen zuerst einmal Kontakt mit dem Betreiber der Videoanlage aufzunehmen und die Löschung der Bilder und allenfalls die Änderung des Aufnahmewinkels oder des Kamerastandorts zu verlangen. Wenn das Problem nicht bilateral gelöst werden kann, steht den Betroffenen das Rechtsmittel der Zivilklage zur Verfügung. Je nach Fall empfehlen wir den Beizug eines Rechtsanwaltes. Wird die Videoüberwachung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses eingesetzt, können sich die betroffenen Arbeitnehmenden beim kantonalen Arbeitsinspektorat beraten lassen.
Umfassende Informationen zum Einsatz von Videoüberwachung in den verschiedensten Bereichen finden Sie auf unserer Website (www.derbeauftragte.ch).
Der Internationale Datenschutztag wird auf Initiative des Europarates seit 2007 jedes Jahr am 28. Januar europaweit und auch in Übersee ausgerichtet. Er hat zum Ziel, das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für den Schutz der Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu stärken und eine nachhaltige Verhaltensänderung im Umgang mit neuen Technologien zu bewirken.
Was sind Ihre Erfahrungen mit Videoüberwachung? Haben Sie Fragen zur Installation einer Videokamera oder wurden Sie selber schon einmal von einer Videokamera belästigt? Diskutieren Sie auf dem Blog des EDÖB.
Quelle: Medienstelle des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten
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