Strauss-Kahn-Skandal versus Euro-Skandal

Inmitten der Verhandlungen über weitere Milliarden-Hilfen für Griechenland und Portugal zwecks Euro-Rettung schlägt die Verhaftung von Chefbanker Dominique Strauss-Kahn hohe Wellen.

Dem Vorsitzenden des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird versuchte Vergewaltigung vorgeworfen. In einem New Yorker Luxushotel soll der 62-Jährige nackt über ein Zimmermädchen hergefallen sein.

Medienberichten zufolge habe das Zimmermädchen die Luxussuite betreten, ohne von DSK’s Anwesenheit zu wissen. In diesem Moment sei DSK nackt aus dem Badezimmer gekommen und habe die Frau angegriffen. Kurz vor dem Abflug nach Europa, wo sich der IWF-Chef mit Kanzlerin Merkel über die „Euro-Rettung“ beraten wollte, holten Polizisten ihn auf dem New Yorker Flughafen aus einer Air-France-Maschine.

Dubioser Fall

Der Fall enthält viele Ungereimtheiten. Laut Informationen des französischen Radiosenders RMC soll DSK ein Alibi haben. Zum Tatzeitpunkt habe er sich mit seiner Tochter in einem New Yorker Restaurant aufgehalten. Bereits eine Stunde vor dem Tatzeitpunkt, also um 11 Uhr, habe DSK ausgecheckt. Seinen Verteidigern zufolge brachte Strauss-Kahn die Polizei selbst auf seine Spur, da er auf dem Flughaben JFK die Hotel-Rezeption anrief, um die Angestellten über sein vermisstes Handy zu informieren.

Inzwischen berichtet die regierungsnahe französische Website „Atlantico“, gestützt auf Polizeiprotokolle und diplomatische Berichte, von Indizien. Die Rede ist von Kratz- und DNA-Spuren.

Ablenkung vom Euro-Skandal?

Eine gerichtliche Klärung des Falls bleibt abzuwarten. Solange gilt die Unschuldsvermutung. Nicht auszuschliessen, dass DSK in eine „Sex-Falle“ getappt ist. Doch wer könnte ein Interesse daran haben? Vielleicht politische Gegner (DSK galt als möglicher Herausforderer von Nicolas Sarkozy bei der französischen Präsidentschaftswahl 2012)? Oder Konkurrenten innerhalb des IWF?

Die ganze Geschichte um den IWF-Chef führt jedenfalls auf ein Nebengleis. Fakt ist: Euro-Land brennt! Der IWF ist mit einem Drittel an den internationalen Milliarden-Hilfen für Griechenland und Portugal beteiligt. Zu haben gibt es die „Notkredite“ aber nur gegen harte Spardiktate, die in Griechenland bereits zu heftigen Unruhen führen. Die restlichen zwei Drittel bleiben an den europäischen Ländern hängen. Die Zeche zahlen am Ende also die europäischen Steuerzahler: Das ist der Skandal, über den es zu reden gilt! Also jetzt bitte keinen „Kachelmann-Prozess 2“ als Ablenkungsmanöver!

 

Titelbild: Guillaume Paumier / Wikimedia / CC

MEHR LESEN