CERN: Tricksen Neutrinos Einstein aus?

Nicht alle Tage liest man Nachrichten aus der Wissenschaft, die das Zeug haben, an den Grundfesten des modernen Weltbildes zu rütteln.

Da kommen Entdeckungen am Teilchenforschungszentrum CERN bei Genf möglicherweise einer Sensation gleich: Sie scheinen nämlich in einem entscheidenden Punkt Einstein zu widersprechen.

Nichts ist schneller als das Licht, hatte Albert Einstein postuliert. Das Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist ein Grundpfeiler seiner Relativitätstheorie, die das Verständnis von Zeit und Raum revolutionierte. Doch möglicherweise stellen Messungen nun genau dieses Prinzip infrage. Bestimmte Elementarteilchen – so genannte Neutrinos – scheinen die Grenzgeschwindigkeit von rund 300.000 Kilometern pro Sekunde zu überschreiten. Sie wären damit schneller unterwegs, als Einstein erlaubt.

Im riesigen Teilchenbeschleuniger erzeugten die Forscher einen Strahl von Neutrinos und liessen diese auf 732 Kilometer durch die Erde bis zu einem Labor bei Gran Sasso in Italien reisen. Die Teilchen brauchten für die Strecke 2,4 Millisekunden – 60 Nanosekunden weniger als das Licht.

Die Konsequenzen aus diesen Ergebnissen wären weitreichend  – doch die Forscher sind sehr vorsichtig. Ist ihnen gar ein Messfehler unterlaufen? Über mehrere Monate haben die Forscher die Daten überprüft, aber keinen Messfehler gefunden. Die Messung des „Opera“-Experiments erfolgte auf zehn Nanosekunden genau – bei 15.000 Neutrinos wurde Überlichtgeschwindigkeit gemessen.

Ungeachtet des üblichen Konkurrenzdenkens unter Wissenschaftlern haben die Forscher nun ihre Kollegen aufgefordert, ihre Messungen zu überprüfen. Eine Wiederholung des Experiments ist am US-amerikanischen Fermilab geplant, wird jedoch voraussichtlich Jahre in Anspruch nehmen.

Hat CERN oder Einstein Recht? Die Antwort auf diese entscheidende Frage wird man gespannt abwarten müssen. Die Forscher am CERN haben jedenfalls bewiesen, dass sie eine grossartige und wichtige Arbeit leisten. Kritiker des weltweit grössten Forschungszentrums auf dem Gebiet der Teilchenphysik meinen, es sei unsinnig, so viel Geld für Grundlagenforschung auszugeben, die keinen greifbaren Nutzen habe (Ausgaben 2010: ca. 1,11 Milliarden Schweizer Franken). Dagegen bleibt festzuhalten: Was kann es Sinnvolleres geben als Forschungen, die uns verstehen helfen, wie die Welt funktioniert?

Neutrino-Witze

Zum Schmunzeln regen Neutrino-Witze an, die jetzt im Internet die Runde machen. Dass die „unerlaubt“ schnellen Neutrinos nach Meinung der Witzereisser gegen das Kausalitätsprinzip verstossen, macht die Pointe aus.

Der Barkeeper sagt: „Tut mir leid, wir bedienen keine Neutrinos, die schneller sind als das Licht.“ Ein Neutrino kommt in eine Bar.

Der LHC-Beschleuniger hat in diesem Jahr schon zum zweiten Mal gegen das Kausalitätsprinzip verstossen. Das erste Mal wird im Dezember sein.

„Neutrino!“ – „Wer ist da?“ – „Toc, toc.“

Schluss mit den Neutrino-Witzen, die habe ich alle nächste Woche schon gehört.

Weitere Neutrino-Witze auf Lager? Liste wird gerne fortgesetzt!;-)

Weiterführender Link: Aspekte der Einstein’schen Relativitätstheorie, für Laien erklärt – www.walter-fendt.de

 

Titelbild: Florian Hirzinger / Wikimedia / CC

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