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Film kritisiert Nestlés Trinkwasser-Geschäfte

30.01.2012 |  Von  |  Beitrag

Soll Wasser ein öffentliches Gut bleiben? Oder dürfen Unternehmen Wasservorkommen privatisieren und damit Riesenprofite machen – auf Kosten von Menschen in der Dritten Welt? Diese Frage spaltet NGOs und Bürgerbewegungen auf der einen Seite – und globale Lebensmittelkonzerne auf der anderen Seite, allen voran Nestlé.

Die zweifelhaften Geschäfte des Schweizer Lebensmittelgiganten mit abgefülltem Trinkwasser haben der Berner Filmemacher Urs Schnell und der Zürcher Journalist Res Gehriger unter die Lupe genommen. Zu sehen ist ihr kritischer Film „Bottled Life – Nestlés Geschäfte mit dem Wasser“ seit dem 26. Januar 2012 in den Kinos der deutschen und französischen Schweiz.

„Bottled Life“ wirft zugleich ein Schlaglicht auf den weltweiten Kampf um die Kontrolle der Wasservorräte. Untersucht wird dabei die Situation in Pakistan, Nigeria und den USA (Bundesstaat Maine). Im Zentrum der Kritik steht „Pure Life“, die grösste Wassermarke der Welt, die von Nestlé speziell für den Dritte-Welt-Markt entworfen wurde. Für den Konzern geht es um ein Milliardengeschäft.

Trinkwasser verkommt zur Handelsware

Die Methode hinter „Pure Life“ ist ebenso gewinnbringend wie fragwürdig: Grund- und Quellwasser wird erst privatisiert, dann abgepumpt, mit Mineralien versetzt, in Trinkflaschen abgefüllt und schliesslich wieder an die Menschen in der Dritten Welt verkauft. Während das Trinkwasser jetzt zwar abgepackt zum Verkauf in den Regalen steht, kommt das Wasser aus den Leitungen entweder gar nicht oder nur als ungeniessbare Brühe. Die ganz Armen können sich die Trinkwassermarke nicht leisten und müssen sich mit verschmutztem Wasser begnügen. Zudem verschlechtert sich durch das Abpumpen die allgemeine Wasserqualität. Das Grundwasser wird verdreckt und der Wasserspiegel sinkt. Quellwasser wird demineralisiert oder droht gar ganz zu versiegen.

Lokale Organisationen wollen das nicht hinnehmen. Sie streiten gegen Nestlé für das Recht auf ihr Wasser. Das Verdienst des Films ist es, ihren Kampf einem breiteren Publikum hierzulande vor Augen zu führen.

Nestlé weicht Fragen aus

Und wie reagiert Nestlé auf die Vorwürfe? Zu Stellungnahmen stand der Konzern während der Dreharbeiten nicht zur Verfügung. Es sei der „falsche Film zur falschen Zeit“, teilte der damalige Sprecher François-Xavier Perroud den Filmern 2007 mit. In einem aktuellen Gespräch mit der BaZ am Weltwirtschaftsforum in Davos antwortete Nestlé-Verwaltungspräsident Peter Brabeck ebenfalls ausweichend. Es sei ein „rein ideologischer Film“, der die Sache einseitig beleuchte, moniert er. Zur konkreten Thematik befragt, redet er entweder das Problem klein oder lenkt auf andere Probleme ab. Zugleich zeigt sich Brabeck bemüht, Nestlés ökologisches Image zu pflegen, indem er den Konzern als Vorkämpfer gegen die Übernutzung der Ressource Wasser darstellt.

Wasser sei weltweit übernutzt, weil es keinen oder einen zu niedrigen Preis habe – daher solle es etwas kosten, argumentiert Brabeck. – Aber ist es nicht zynisch, dass den Preis ausgerechnet die Menschen in den armen Ländern zahlen müssen, denen ihr Wasser weggenommen wird?

Der Bereich Trinkwasser in Flaschen betreffe nur „0,0009 Prozent“ des gesamten Wasserverbrauchs weltweit, so Brabeck weiter. – Selbst wenn diese Zahl stimmt, so schmälert dies nicht die negativen Folgen, welche die Menschen vor Ort durch die kommerzielle Ausbeutung ihres Wassers erleiden.

Brabeck möchte lieber über die Wasserverschwendung in der Landwirtschaft reden, wo der Wasserverbrauch am grössten sei. Nestlé habe ein vorbildliches Modell entwickelt, um den Wasserverbrauch zu senken. So laviert sich der Nestlé-Manager am angesprochenen Thema vorbei. Sein beredtes Schweigen zum Problem zeigt, dass die Filmemacher offenbar den Finger in eine Wunde legen. Den Film hat Brabeck nach eigener Aussage übrigens noch nicht gesehen. „Dafür hatte ich noch keine Zeit.“



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