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Platz wird hierzulande knapp – vor allem hinter Gittern

03.04.2014 |  Von  |  Beitrag

Die Bevölkerungsdichte in der Schweiz ist international verglichen sehr hoch, zumindest, was die bewohnbaren Flächen betrifft. So manche Kommune platzt da langsam aus den Nähten.

Ebenfalls aus den Nähten platzen viele Schweizer Gefängnisse. Neben der Reform des Strafrechts 2007 sind es auch die steigende Anzahl an Straftaten, eine höhere Bevölkerungszahl und der sogenannte Kriminalitäts-Tourismus, die den Platz hinter Gittern zunehmend weiter beschränken. So stellt es jedenfalls „Schweiz Aktuell“ in der Sendung vom 25. Februar 2014 dar.

Wieviel Quadratmeter braucht ein Mensch?

Die Enge in den Schweizer Gefängnissen sprengt die Zahlen der Wirtschaft. Immerhin reden wir hier von einer Auslastung je nach Anstalt von teilweise 120 bis 127 Prozent der eigentlichen Kapazität. Zahlen, die sich so mancher Unternehmer bezogen auf den Umsatz wünscht, die im Strafvollzug hinter Gittern aber für bedenkenswerte Zustände sorgen. Die kantonalen Regelungen für den Strafvollzug sehen zwar keine Mindestgrössen für die Zelle vor, allerdings wird in einer Baurichtlinie von acht Quadratmetern je Häftling gesprochen.

Die europäische Kommission für Menschenrechte (EMRK) sieht nur drei Quadratmeter als Minimum für den Platzbedarf eines Sträflings in der Zelle vor. Hier liessen sich treffliche Diskussionen darüber führen, wieviel Platz ein Mensch auch unter den Bedingungean der Haft zum leben braucht. Die meisten Anstaltsleiter umgehen eine solche Grundsatzdebatte mit dem Argument, dass den Gefangenen über den Tag hinweg ausreichend Bewegungsraum innerhalb der Mauern bleibt. Beispielsweise durch Hofgänge oder die Bewegungsfreiheit auf den Fluren und in den Gemeinschaftsräumen.

Überlastung ist nicht nur eine Frage des Raumes

Dass sich die Überbelegung vieler Schweizer Gefängnisse nicht nur am Mangel an Raum manifestiert wird dann klar, wenn man weiss, dass mittlerweile aus vielen Einzelzellen Doppelzellen geworden sind. Damit wird freilich der Sinn von Einzelhaft in Frage gestellt.

Die ethnische Mischung in den Gefängnissen führt darüber hinaus zu vielen Konflikten, die in der aktuellen Situation der Überbelegung kaum zielführend zu lösen sind. So schwelen beispielsweise im Genfer Gefängnis offene Auseinandersetzungen zwischen Albanern und Nordafrikanern, die zumindest zeitweise durch den Einsatz eines Sonderkommandos der Polizei beruhigt werden mussten. Ausgang offen.

Zum eigentlichen Raumproblem kommt der Umstand, dass eine Grosszahl der Schweizer Gefängnisse personell unterbesetzt ist. Ein Mangel an Platz, kombiniert mit einem Mangel an Sicherheit und Betreuung, potenziert mit oftmals gefährlichen ethnischen Vermischungen führen zu einem explosiven Lagegemenge, für das es in naher Zukunft keine Lösung zu geben scheint.

Mehr Häftlinge machen die Situation nicht besser

Zwar wurden mit der Reform des Strafgesetzes 2007 Änderungen in der Strafbewertung eingeführt, die Situation konnte dadurch aber nicht geändert werden. Mehr Straftäter werden zunächst zu Geldstrafen verurteilt, die sie aber aufgrund ihrer oftmals schwierigen finanziellen Lage nicht aufbringen können. In der Folge verbleiben diese Straftäter in Haft, der Platz bleibt also begrenzt.

Bei steigenden Bevölkerungszahlen steigt zwar statistisch gesehen die Kriminalitätsrate nicht deutlich, allerdings steigt die absolute Zahl der Straftäter und damit auch der Bedarf an Haftplätzen. Dazu kommen die so genannten Kriminalitäts-Touristen. Das sind zweifelhafte Zeitgenossen, die wegen den durchlässigen Grenzen die Schweiz als Ort ihrer kriminellen Aktivitäten auswählen.

Drogenhandel, Raub und Diebstahl sind hier häufige Delikte, die beim Ergreifen der Täter natürlich auch in der Schweiz verhandelt und zur Strafe gebracht werden. Der Kriminalitäts-Tourismus lässt dabei den Anteil der ausländischen Straftäter signifikant ansteigen. Auch damit ist für mehr Konfliktpotential in den ohnehin schon überbelegten Gefängnissen gesorgt.


Änderungen brauchen Geld und Beschäftigte.

Änderungen brauchen Geld und Beschäftigte. (Bild: dacasdo / Fotolia.com)


Änderungen brauchen Geld und Beschäftigte

Wenn die Situation in den Schweizer Gefängnissen langfristig geändert werden sollen, müssen die Kantone dazu eine Menge Geld in die Hand nehmen. Dass es hier um öffentliche Mittel geht, steht ausser Frage. Neben notwendigen Gefängnis-Neubauten und baulichen Erweiterungen vorhandener Strafanstalten werden natürlich auch geeignete Belegschaften benötigt. Immer mehr Häftlinge bei vergleichsweise immer weniger Vollzugsbeamten ist eine Rechnung, die nicht aufgeht. Auch das Modell privater Strafanstalten scheint für die Schweiz keine wirkliche Lösung zu sein.

Zustände in den Gefängnissen rufen Widerstand hervor

Wenn aus rechtskräftig verurteilten Straftätern plötzlich Ankläger gegen das System werden, scheint der Änderungsbedarf doch recht hoch zu sein. In einem Radiobeitrag von SRF 4 vom 26. Februar 2014 stellt ein Inhaftierter die Frage, ob sich nicht auch ein Staat an seine eigenen Gesetze halten muss. Wie schon bemerkt gibt es keine festgeschriebenen Vorschriften für die Grösse von Zellen.

Wie dramatisch die Situation bei einer Belegung von 127 Prozent wirklich ist, lässt sich daran bemessen, dass eine Strafanstalt eigentlich schon bei 85% Belegung als vollbelegt gilt. Die übrigen 15 Prozent Kapazität sind eigentlich für besondere Ausnahmesituationen als Puffer reserviert. Letztlich gilt hier also oftmals eine Überbelegung von bis zu 42 Prozent.

Der Widerstand dagegen wird vor allem bei den Gefangenen laut. Die nutzen die schwierige Situation dafür aus, sich selbst als Opfer zu präsentieren und den Staat Schweiz aus der Haft heraus anzugreifen. Dass sie selbst letztlich die Straftäter sind, bleibt bei allzu humanistischer Aussensicht oftmals zweitrangig.

Möglicherweise bedarf das System der Strafverfolgung in der Schweiz vor allem in der Richtung einer Änderung, dass die Kantone entsprechend ihrer Einwohnerzahl mehr Haftplätze bereitstellen müssen. Bedauerlicherweise zu Lasten der nicht straffälligen Steuerzahler, die sich so ein Mindestmass an Sicherheit wieder einmal erkaufen müssen. Vielleicht wäre aber auch eine Verschärfung des Ausschaffungsrechts für ausländische Straftäter eine gute Lösung.

 

Oberstes Bild: © alswart / Fotolia

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