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Profitieren die Konsumenten tatsächlich von einer Reduzierung der Mehrwertsteuer?

06.08.2014 |  Von  |  Beitrag

[vc_row][vc_column width=“1/1″][vc_column_text]Der Wirteverband Gastrosuisse ist in die Offensive gegangen: Gastgewerbliche Leistungen sollen im Hinblick auf die Mehrwertsteuer endlich gleichgesetzt werden mit Leistungen wie zum Beispiel dem Verkauf von Take-away-Produkten oder Lebensmitteln. Diesbezüglich haben die Gastronomen nunmehr auch eine Initiative gegründet, um ihren Forderungen nach einer Senkung der Mehrwertsteuer Nachdruck zu verleihen.

Laut der Argumentation des Verbandes würden bei einer entsprechenden Senkung der Mehrwertsteuer auch die Konsumenten eminent profitieren. In vielen anderen Ländern, die eine Angleichung der diesbezüglichen Mehrwertsteuerbelastung schon längst vorgenommen haben, ist dieser Fall allerdings nicht eingetreten. Ganz im Gegenteil. Unter dem Strich ist sogar eine Mehrbelastung für die Konsumenten möglich.

Gastrosuisse-Initiative für Reduzierung der Mehrwertsteuer: Konsument soll profitieren

Die Argumentationskette der Gastrosuisse-Initiative baut aber genau auf den Mehrwert bzw. den preislichen Vorteil des Konsumenten auf. So sei es doch in der Tat als unfair und ungerechtfertigt anzusehen, wenn zum Beispiel ein Handwerker bei seiner Mittagspause im Restaurant für eine Mahlzeit deutlich mehr bezahlen müsse, als wenn er seine mitgenommene Mahlzeit auf der jeweiligen Baustelle zu sich nimmt. Fakt ist diesbezüglich, dass im Restaurant auf die zu bezahlende Mahlzeit grundsätzlich der aktuell gültige Mehrwertsteuersatz von 8 % aufgeschlagen wird. Wer sich demgegenüber für Take-away-Produkte entscheidet, die lediglich einer reduzierten Mehrwertsteuer von 2,5 % unterliegen, kann hier auf den ersten Blick klare finanzielle Vorteile generieren.

Genau dieses Argument zweifelt der Bundesrat aber an. In den entsprechenden Abstimmungsunterlagen rund um die Mehrwertsteuerproblematik wird jedenfalls die vollumfängliche Weitergabe einer reduzierten Abgabe an den Konsumenten bezweifelt. Aber selbst dann, wenn es zu einer vollständigen Weitergabe respektive Umwälzung auf die jeweiligen Preise kommen würde, könnte ein durchschnittlicher Haushalt in der Schweiz mit einer Entlastung von maximal rund 195 Franken rechnen. Die entsprechenden Berechnungen basieren dabei auf einer von der eidgenössischen Finanzverwaltung bereits im Jahr 2007 erstellten Studie.

Bundesrat: Mit einer deutlichen Entlastung der Konsumenten ist eher nicht zu rechnen

Gemäss dieses Berichtes kommt es zu einer entsprechenden Weitergabe tiefer angesetzter MwSt.-Sätze an die Schweizer Bevölkerung tatsächlich lediglich in den Sektoren, in denen regulierte Preise verankert sind. In den Bereichen, in denen die jeweiligen Preise aber durch Nachfrage und Angebot bestimmt werden, werden die gesparten Kosten durch eine Senkung des MwSt.-Satzes in der Regel höchstens teilweise auf die Preise für den Endverbraucher umgelegt. Als diesbezügliches Beispiel gilt beispielsweise der 1996 durchgeführte Versuch, in der Hotellerie einen reduzierten Mehrwertsteuersatz zu integrieren.

Das Ergebnis wird vom Bundesrat dabei als eher ernüchternd bezeichnet. Denn die Reduktion des Abgabesatzes um insgesamt drei Prozentpunkte veranlasste die Hotels lediglich, ihre Preise im Schnitt um 0,8 % zu senken. Die zusätzlich gesparten 2,2 % wurden bei der Preisgestaltung nicht berücksichtigt. Dieser Umstand wird zudem noch von aktuelleren Erfahrungen und Beobachtungen in anderen Ländern untermauert. Beim Blick über den Tellerrand Richtung Frankreich ist zum Beispiel ein nahezu krasses Missverhältnis zwischen der Reduktion der Mehrwertsteuer und der letztendlichen Preisstaffelung zu beobachten. Demnach hat Frankreich zum 1. Juli 2009 zwar den Mehrwertsteuersatz für gastgewerbliche Leistungen um insgesamt 14,1 % reduziert, aber die Preise für die Konsumenten sind innerhalb des ersten Jahres um lediglich 2,5 % gefallen.[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]

In Frankreich und Deutschland konnte kein Mehrwert für die Verbraucher realisiert werden. (Bild: razihusin / Shutterstock.com)

In Frankreich und Deutschland konnte kein Mehrwert für die Verbraucher realisiert werden. (Bild: razihusin / Shutterstock.com)

[/vc_column_text][vc_separator color=“grey“][vc_column_text]In Frankreich und Deutschland konnte kein Mehrwert für die Verbraucher realisiert werden.

Selbst diese 2,5 % sind dabei noch nicht einmal „bereinigt“ betrachtet. So basiert diese Prozentzahl auch auf einem entsprechenden Vertragswerk zwischen den Gastronomie-Verbänden und dem Staat, wobei sich die Gastronomiebetriebe verpflichteten, die Preise für insgesamt sieben repräsentative Speisen oder Getränke um etwa 12 % zu reduzieren. Ansonsten hätte letztendlich noch nicht einmal eine Preissenkung von 2,5 % realisiert werden können. Auch in Deutschland wurden ähnliche Erfahrungen gemacht. Als dort nämlich im Jahr 2010 der entsprechende Satz für die so bezeichneten Beherbergungsleistungen um insgesamt zwölf Prozentpunkte gesenkt wurden, führte dies nachweislich aber nur bei einem Drittel der Hotelbetriebe zu tatsächlichen Preissenkungen.

Der Bundesrat hat diesbezüglich festgestellt, dass ein durchschnittlicher Haushalt in der Schweiz aufgrund einer etwaigen Mehrwertsteuerreduzierung höchstens 195 Franken im Jahr einsparen kann. Hier ist zudem zu beachten, dass gerade die einkommensstarken Haushalte von einer entsprechenden Reduzierung profitieren würden. Nach Meinung des Bundesrates kann es sogar passieren, dass die Mehrzahl der eidgenössischen Haushalte im Endeffekt finanziell stärker belastet würde, als es aktuell der Fall ist. Schliesslich kann bei einer Annahme der besagten Initiative davon ausgegangen werden, dass bei einem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2,5 % ein Steuerausfall von rund 700 Millionen Franken zu erwarten ist. Und diese Zeche zahle dann letztendlich wieder der Konsument.

 

Oberstes Bild: © StockPhotosLV – Shutterstock.com[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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