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Schnelleres Asyl verringert Arbeitslosigkeit

04.08.2016 |  Von  |  News

Die Auswirkungen des anhaltenden Flüchtlingszustroms werden erst nach und nach systematisch erforscht. Eine Untersuchungsgegenstand sind die Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt. Zwischen der Dauer des Asylverfahrens und der Arbeitslosigkeit besteht ein Zusammenhang, den jetzt vom Schweizer Nationalfonds unterstützte Experten weltweit erstmals quantifiziert haben.

Am 5. Juni 2016 hat die Schweizer Stimmbevölkerung beschleunigte Asylverfahren an der Urne befürwortet. Damals wurde auch argumentiert, die Beschleunigung führe die Flüchtlinge schneller dem Arbeitsmarkt zu und entlaste somit das Sozialsystem. Dass schnell aufgenommene Flüchtlinge tatsächlich eher eine Stelle erhalten, wurde nun nachgewiesen.

Wartezeit – ein signifikanter Effekt

Dominik Hangartner (Universität Zürich und London School of Economics) analysierte zusammen mit seinen Kollegen Jens Hainmueller und Duncan Lawrence (beide: Stanford-Zurich Immigration Policy Lab) die Daten von Flüchtlingen im SEM-Migrationsinformationssystem. Darin wird neben der Dauer des Verfahrens auch die Erwerbstätigkeit von vorläufig aufgenommenen Asylsuchenden – zum Beispiel aus dem Kriegsgebiet Syrien – festgehalten und zwar bis zu fünf Jahre nach der Einreise.

„Die Wahrscheinlichkeit eine Stelle zu finden, sank um einen Fünftel von 23 auf 18 Prozentpunkte, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller den positiven Entscheid erst Ende des dritten Jahres anstatt schon Ende des zweiten Jahres erhielten“, so Hangartner. Der negative Effekt des „Warten Müssens“ kann nicht durch andere Faktoren wie Nationalität, Geschlecht oder Alter erklärt werden. „Die Stärke des Effekts ist beachtenswert. Wir gehen davon aus, dass die Flüchtlinge durch Wartezeit zunehmend entmutigt werden.“


Je länger die Asyl-Wartezeit umso eher droht Arbeitslosigkeit, belegt eine Schweizer Studie. (Bild: © xxx - shutterstock.com)

Je länger die Asyl-Wartezeit umso eher droht Arbeitslosigkeit, belegt eine Schweizer Studie. (Bild: © xxx – shutterstock.com)


Für Fakten statt Emotionen

Mit grosser Sorgfalt stellten die Forschenden sicher, wirklich den Effekt der Verfahrensdauer zu messen. Es hätte sein können, dass dieselben Menschen, die in Befragungen des SEM gut antworten können, sich auch in Bewerbungsgesprächen geschickter verhalten und deshalb auch schneller eine Stelle erhalten. Das kann jedoch ausgeschlossen werden, denn die Verfahrensdauer wird hauptsächlich durch administrative Faktoren bestimmt.

Wichtiger noch: In der Schweiz können Asylsuchende innerhalb des Aufnahmeverfahrens nach drei bis sechs Monaten bereits eine Stelle annehmen. Nutzen sie diese Möglichkeit, hatte dies keinerlei Einfluss auf die Dauer des Verfahrens, wie Hangartner und seine Kollegen feststellten. Unter den früh Aufgenommenen sind also nicht mehr geschickte Menschen als unter den lange Hingehaltenen.

„Das Resultat mögen einige erwartet haben“, betont Jens Hainmueller: „Doch Vermutungen sind das eine. Zu wissen, wie gross ein Effekt tatsächlich ist und damit die volkswirtschaftlichen Kosten und Nutzen einer Gesetzesänderung berechnen zu können, ist etwas ganz anderes.“

Eine erste, grobe Berechnung haben die Autoren bereits gemacht: Die Reduktion der Wartezeit um 66 Tage (10 Prozent) würde in der Schweiz eine Einsparung von über 5 Millionen Franken ermöglichen, durch geringe Sozialausgaben und höhere Steuereinnahmen. Im Kern ist es ein wissenschaftlicher Beitrag für empirisch fundierte politische Entscheidungen, auch im Asylbereich. „Wenn die Emotionen hoch gehen, können kühle Berechnungen zeigen, was funktioniert und was nicht“, so Hainmueller.

 

Artikel von: Schweizerischer Nationalfonds
Artikelbild: © Michael Wick – shutterstock.com