Stadtpolizei Zürich ZH: Ab sofort - Verzicht auf automatische Nationalitätennennung

Künftig wird die Stadtpolizei Zürich die Nationalität eines mutmasslichen Täters nicht mehr automatisch nennen, sondern nur noch auf Anfrage. Dies hat Stadtrat Richard Wolff, Vorsteher des Sicherheitsdepartements, heute angeordnet.

Die regelmässige Nennung der Nationalität in Polizeimeldungen ist diskriminierend, weil damit suggeriert wird, die Tat lasse sich mit der Nationalität des Täters erklären.

Vor zwei Jahren hat der Gemeinderat ein Postulat von Min Li Marti (SP) und Samuel Dubno (GLP) überwiesen, in dem der Stadtrat aufgefordert wird, zu prüfen, ob die Polizei in ihren Medienmitteilungen auf die Nennung der Nationalität von Verdächtigen verzichten kann. Die Postulanten stellten sich auf den Standpunkt, die Nationalität eines Täters oder einer Täterin sei für die Beurteilung des Deliktes ebenso wenig aussagekräftig wie die Religion oder die sexuelle Orientierung.

Stadtrat Wolff hat bei der Prüfung des Postulats zwei Dinge geklärt. Erstens, wie wichtig es für das Verständnis einer Straftat ist, die Herkunft des Täters zu kennen. Zweitens, ob die Nennung der Nationalität unerwünschte Wirkungen hat.

Einzelne Medien betonen heute, es sei wichtig, die Nationalität der Täter zu kennen. Die Nationalität sei ein Fakt, der nicht verschwiegen werden dürfe. Die Nicht-Nennung sei ein Akt der Intransparenz und der Vertuschung. Dabei wird allerdings ausgeblendet, dass die Nennung der Nationalität nur vermeintlich der Transparenz dient. Indem man die Nationalität nennt, wird suggeriert, damit lasse sich die Tat ein Stück weit erklären. Dies verdeckt aber nur, was die eigentlichen Ursachen für kriminelle Handlungen sind: Armut, tiefes Bildungsniveau, Stigmatisierung in der Schweiz, Mutproben, mangelnde soziale Kontrolle, Kriegstraumata, Drogenkonsum und andere. Es handelt sich bei der Nationalitätennennung also um eine Scheintransparenz, welche die Ursachen von Kriminalität verdeckt.

Wissenschaftlich gut untersucht ist die Wirkung von Kriminalitätsberichterstattung auf das Weltbild der Medienkonsumentinnen und -konsumenten. Diejenigen, die über kriminelle Ausländer in den Medien lesen, schätzen den Anteil der Ausländer an den Kriminellen durchschnittlich höher ein, als er in Wirklichkeit ist. Insofern findet eine Vorverurteilung von Menschen gewisser Herkunft statt. Für Stadtrat Richard Wolff ist dies ein unerwünschter Effekt.

Das Sicherheitsdepartement hat bei der Bearbeitung des Postulats den Präsidenten des Schweizerischen Presserates befragt sowie die Medienethik-Dozenten der ZHAW und des Medienausbildungszentrums in Luzern MAZ. Zudem hat das Sicherheitsdepartement sechs Chefredaktoren befragt: jene von NZZ und Tages-Anzeiger, SRF, 20Minuten, watson und der Blick-Gruppe. Die beiden Medienethiker und der Presseratspräsident halten die heutige Praxis, also die regelmässige und unbesehene Nennung der Nationalität in der Kriminalitätsberichterstattung, für unsachlich und in der Tendenz diskriminierend. Drei Chefredaktoren schliessen sich dieser Aussage grundsätzlich an, während drei widersprechen.

In der Schweiz hat in den letzten zwanzig Jahren ein Wandel stattgefunden von einer Kriminalitätsberichterstattung, die mehrheitlich die Herkunft der Täterinnen und Täter nicht nannte, zu einer Berichterstattung mit Nationalitätennennung. Stadtrat Richard Wolff ordnet nun an, die Stadtpolizei habe in ihren Medienmitteilungen die Herkunft von Täterinnen und Tätern nicht mehr automatisch zu nennen. Ausgenommen sind Medienmitteilungen mit Fahndungsaufruf. Auf Anfrage gibt die Stadtpolizei die Nationalität jedoch bekannt. Dies ist eine Rückbesinnung auf eine frühere, bewährte Praxis.

Die Stadtpolizei Zürich wird die Vorgabe des Sicherheitsvorstehers per sofort umsetzen.

 

Quelle: Stadtpolizei Zürich
Artikelbild: Symbolbild © Denis Linine – shutterstock.com

Für Zürich

Publireportagen

Empfehlungen

MEHR LESEN