Kolumbien: Ein Jahr nach der Wahl – Christen zwischen Hoffnung und Besorgnis
Neuer Gesetzesentwurf droht Rechtsmittel bei Verletzung der Religionsfreiheit einzuschränken
Grosse Hoffnungen lagen auf den Wahlen im Mai 2022. Doch trotz ambitionierter Pläne des neuen Präsidenten ist die Lage im südamerikanischen Land nicht sicherer geworden. Gewalt durch bewaffnete Guerilla-Gruppen und Drogenbanden dominiert weite Teile des Landes. Zusätzlich droht ein neuer Gesetzesentwurf die Religionsfreiheit zu unterminieren, stellt das internationale Hilfswerk für verfolgte Christen, Open Doors, fest.
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Beinahe ein Jahr nach der Präsidentschaftswahl im Mai 2022, die nach Jahrzehnten mit konservativ geprägten Regierungen erstmals einen linksgerichteten Präsidenten hervorbrachte, stehen die mit diesem Wechsel verbundenen Erwartungen auf dem Prüfstand. Die bisherige Bilanz der Entwicklungen ist durchwachsen. Präsident Gustavo Petro erklärte das Projekt „Paz total“, was so viel wie „kompletter Frieden“ bedeutet, zur höchsten Priorität. Ziel ist die Beilegung des bewaffneten Konflikts auf allen Ebenen und mit allen beteiligten Gruppen. Das schliesst die linksextreme Guerilla, die rechtsextremen Paramilitärs sowie die zahlreichen Drogenbanden mit ein. Doch bisher musste das Land mit dem Jahr 2022 das blutigste seit dem Friedensvertrag zwischen FARC-Guerilla und der Regierung im Jahr 2016 verzeichnen. Die Friedensgespräche entpuppen sich als komplex und sensibel, sehr unterschiedlich sind die Interessenlagen, die Erwartungen und die Bereitschaft zu Zugeständnissen.
Gesetzesentwürfe zur Strafreduktion und Entmilitarisierung, die die Zerschlagung von organisierter Kriminalität und Drogenkartellen bewirken sollen, werden teils hoffnungsvoll, teils kritisch betrachtet. So sollen Bandenmitglieder, wenn sie sich freiwillig stellen, sich schuldig bekennen und ihre Waffen aushändigen, massive Strafreduktion sowie die Möglichkeit, anschliessend durch ein Rehabilitationsprogramm einen Neuanfang zu starten, erhalten. Befürchtungen sind allerdings, dass diese Massnahmen instrumentalisiert werden könnten, um bestimmte Gruppen zu schwächen und andere unbehelligt zu lassen.
Neuer Gesetzesentwurf beeinträchtigt Religionsfreiheit
Nun bereitet ein weiterer Gesetzesentwurf den Christen in Kolumbien besonderen Anlass zur Sorge. Christen stehen in dem konfliktgeschüttelten Land seit Jahrzehnten zwischen den verschiedenen Gruppen und feindseligen Aktivitäten. Sie geraten häufig in den Fokus von Gewalt, Entführung und Drohungen, wenn sie sich den Einschüchterungen und kriminellen Handlungen entgegenstellen. Der Gesetzentwurf 336 sieht nun vor, „Strafen und die Schaffung neuer Straftaten zu reduzieren“, wie es in „La Gaceta del Congreso“, dem Veröffentlichungsorgan von Gesetzestexten in Kolumbien, heisst. Ziel ist es, „die Straf- und Strafvollzugspolitik zu humanisieren, um zur Überwindung der verfassungswidrigen Zustände beizutragen“. Teil dieses neuen Gesetzes wäre, die Straftatbestände „Verletzung der Religionsfreiheit“, „Behinderung und Störung religiöser Zeremonien“, „Schäden an Personen oder Gegenständen für den Gottesdienst“ sowie „Leichenschändung“ abzuschaffen. Straftaten, die die Religionsfreiheit beeinträchtigen, würden also aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.
Der Open Doors-Analyst für Kolumbien erläutert, dass das Gesetz schwerwiegende Folgen für die Religionsfreiheit haben würde: „Die Gewährung von Erleichterungen für Straftäter verschärft das Problem der Straflosigkeit. Da viele dieser Straftaten nicht angezeigt werden können, müssen Pastoren und christliche Leiter ständig Beleidigungen, Verleumdungen und Druck über sich ergehen lassen, ohne dass die Justiz sie schützt.“
Christen weiterhin im Fokus von Gewalt
Schon bisher ist das Leben für Christen insbesondere in ländlichen Regionen extrem gefährlich. Pastoren und Leiter, die sich gegen kriminelle Gruppen stellen, werden bedroht oder tatsächlich brutal überfallen oder ermordet. Jose*, Sohn eines Pastors in der wirtschaftlich gering entwickelten Region Arauca im Nordosten Kolumbiens, erklärt: „Ein Kind, das in der Arauca-Region aufwächst, ist dem Konflikt unmittelbar ausgesetzt. Die Gefahr der Rekrutierung durch illegale Gruppen ist ständig präsent. Es ist verwirrend und beängstigend, wenn du in deiner Familie eine Erziehung erhältst, die der Liebe Jesu Christi Raum gibt, aber auf der Strasse mit Waffen und Gewalt konfrontiert bist. Du befindest dich plötzlich mitten im Krieg.“
Der „Paz total“, der „komplette Frieden“, ist noch nicht Realität geworden im Alltag der Menschen. Der ambitionierte Plan hat an Strahlkraft verloren, die Sehnsucht der Kolumbianer nach Frieden und Sicherheit hält allerdings weiterhin an. „Es wurde von einem Frieden gesprochen, den wir bisher nicht erleben. Es gibt so viele offene Fragen, Hoffnungen und Befürchtungen. Bisher sehen wir keine Besserung, sondern eher das Gegenteil, dass die bewaffneten Gruppen gewachsen sind und die Konfliktzone noch stärker dominieren.“ Jose appelliert an die weltweite Kirche und Menschen darüber hinaus, sich für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen: „Die Kirche in Kolumbien braucht Menschen, die für uns beten, und Menschen, die uns tatkräftig zur Seite stehen und für Gerechtigkeit, Religionsfreiheit, Rechtssicherheit und echten Frieden eintreten.“
Auf dem Weltverfolgungsindex 2022 von Open Doors, der die 50 Länder auflistet, in denen Christen am stärksten verfolgt werden, liegt Kolumbien auf Rang 22.
Quelle: Open Doors
Titelbild: Lemonsoup14 – shutterstock.com