Brünigpass: Das Tor zwischen Berner Oberland und Obwalden
von Andrea Hauser
Der Brünigpass (schweizerdeutsch „dr Brüenig“) liegt auf 1 008 Metern über Meer und zählt zu den bedeutendsten Alpenpässen der Zentralschweiz. Er verbindet Meiringen im Berner Oberland mit Lungern im Kanton Obwalden – und damit gleich zwei sprachlich und kulturell unterschiedliche Regionen der Schweiz. Gleichzeitig ist der Brünig ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt: Die modern ausgebaute Passstrasse (Teil der Nationalstrasse A8) sowie die meterspurige Zentralbahn zwischen Luzern und Interlaken machen ihn ganzjährig befahrbar und für Bahn- wie Autofahrende zu einem der meistgenutzten Übergänge der Nord-Süd-Achse im Alpenraum.
In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über die verschiedenen Facetten des Brünigpasses – vom infrastrukturellen Aufbau über geschichtliche Entwicklungen bis hin zu Freizeitangeboten, Naturerlebnissen und seiner Bedeutung als kulturelle Schnittstelle mitten in den Schweizer Alpen.
Natur & Landschaft
Die vielfältige Natur- und Kulturlandschaft rund um den Brünigpass ist ein beliebtes Ziel für Naturfreunde und Erholungssuchende. Gelegen an der Schnittstelle zwischen dem alpinen Berner Oberland und den voralpinen Zonen Obwaldens –macht sich der Übergang in der Vegetation und am Klima bemerkbar. Während auf der Südseite des Passes das tief eingeschnittene Haslital mit seinen steilen Felswänden, rauschenden Wasserfällen und alpinen Bergflanken dominiert, zeigt sich die Nordseite offener und sanfter: Hier breiten sich grüne Matten, ausgedehnte Mischwälder und hügelige Weideflächen aus, die sich bis ins Sarneraatal erstrecken. Die Höhenlagen rund um den Brünig bieten zudem spektakuläre Ausblicke auf den Lungerersee, den Brienzersee und das umliegende Bergpanorama – mit Gipfeln wie dem Brienzer Rothorn, dem Pilatus oder dem Wilerhorn in greifbarer Nähe.
Besonders eindrucksvoll ist die Artenvielfalt in Flora und Fauna. Die Wiesen rund um den Brünigpass beherbergen eine grosse Bandbreite an Alpenpflanzen – von Glockenblumen und Enzianen bis hin zu seltenen Orchideenarten. In den Wäldern leben Rehe, Füchse, Dachse und mit etwas Glück lassen sich auch Steinadler oder Bartgeier am Himmel beobachten. Die Übergangszone zwischen alpinem und subalpinem Raum bietet ideale Lebensbedingungen für eine Vielzahl von Tierarten, insbesondere in den ruhigeren Randbereichen abseits der Hauptverkehrsadern. In den Moorlandschaften und Feuchtgebieten in Passnähe finden sich zudem spezialisierte Amphibien und Insekten, die auf diese empfindlichen Lebensräume angewiesen sind. Nicht zuletzt bietet der Pass vielen Zugvögeln eine Raststation auf ihrer Reise über die Alpen.
Auch geologisch ist die Region um den Brünig interessant: Die Gesteinsschichten erzählen von den Kräften, die bei der Entstehung der Alpen am Werk waren. Felsformationen, Moränenhügel und kleinere Karstfelder erinnern daran, dass hier einst Gletscher und tektonische Prozesse das Gelände formten. Wanderwege wie der Brünig-Panoramaweg oder der historische Säumerpfad eröffnen Besucherinnen und Besuchern faszinierende Einblicke in diese abwechslungsreiche Landschaft – mal ruhig und lieblich, mal rau und dramatisch. Der Brünigpass ist somit nicht nur ein Verkehrsweg, sondern auch ein Naturraum von hohem ökologischem und ästhetischem Wert, der einlädt, innezuhalten und die alpine Vielfalt in ihrer ganzen Breite zu erleben.
Kulturelle Bedeutung
Bereits im Mittelalter war der Brünig ein wichtiger Handels- und Säumerweg, über den Salz, Wein, Getreide und Käse transportiert wurden. Damals zogen Lasttiere beladen mit Gütern über den schmalen, oft beschwerlichen Pfad. Der Saumweg wurde über die Jahrhunderte kontinuierlich ausgebaut und befestigt, ehe er im 19. Jahrhundert zur offiziellen Passstrasse erhoben wurde – zunächst für Postkutschen, später für Automobile. Dieser Wandel spiegelt die technische und wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz wider, in der der Brünig eine zentrale Rolle spielte.
Doch nicht nur der Handel, auch die sprachliche und kulturelle Grenze, die der Pass markiert, macht ihn zu einem bedeutenden Identitätsraum. Der Brünig liegt auf der sogenannten Brünig-Napf-Reuss-Linie – einer der wichtigsten Dialekt- und Kulturgrenzen der Schweiz. Südlich des Passes wird Berndeutsch gesprochen, während nördlich bereits der Innerschweizer Dialektraum beginnt. Diese Trennlinie geht über Sprache hinaus: Auch Bräuche, bäuerliche Arbeitsweisen, Architektur der Bauernhäuser und selbst die Volksmusik zeigen Unterschiede zwischen den Regionen, die am Brünig aufeinandertreffen. So wird der Pass häufig als symbolischer Ort des „Schweizerischen“ verstanden – ein Ort, an dem sich verschiedene regionale Identitäten begegnen und doch ein Miteinander ermöglichen.
Hinzu kommt die Bedeutung des Brünigs als Motiv in Literatur und Volkskunde. In vielen Reiseberichten, Volksliedern und Erzählungen wird der Brünig als „Tor zu den Alpen“ beschrieben – ein Ort des Aufbruchs, des Übergangs und der Begegnung. Auch in der Schweizer Geschichtsschreibung hat der Pass seinen festen Platz. So wurde etwa 1798 auf dem Brünig ein Gefecht zwischen französischen Truppen und lokalen Milizen ausgetragen, das Teil der napoleonischen Umwälzungen in der Schweiz war. Noch heute erinnern Tafeln und Denkmäler an diese Ereignisse. Auch die Tradition der Brünig-Schwinget – eines der ältesten Schwingfeste der Schweiz, das jeweils auf der Passhöhe stattfindet – unterstreicht die enge Verbindung zwischen Natur, Brauchtum und Identität.
Aktivitäten & Erlebnisse
Besonders beliebt ist der Brünigpass bei Wandernden: Zahlreiche gut ausgebaute Wege führen durch Wälder, über Alpwiesen und entlang von Berghängen mit eindrücklichem Panorama auf Brienzersee, Lungerersee und die umliegende Alpenwelt. Einer der bekanntesten Routen ist der historische Säumerpfad, der als Teil des alten Handelswegs von Meiringen nach Lungern rekonstruiert wurde und zeigt, wie einst Waren auf dem Rücken von Maultieren über den Pass getragen wurden. Tafeln entlang des Weges informieren über die Geschichte und machen die Wanderung zu einem lehrreichen Erlebnis für Gross und Klein.
Wer es gemütlicher mag, kann auf dem Brünig-Panoramaweg spazieren, der spektakuläre Ausblicke auf das Haslital, das Sarneraatal und die Obwaldner Voralpen bietet. Für Familien besonders attraktiv sind die zahlreichen Picknickplätze und Feuerstellen entlang der Wanderwege sowie kleine Themenpfade mit naturkundlichem Bezug. Im Winter verwandeln sich die umliegenden Hänge in ruhige Schneelandschaften, ideal für Schneeschuhtouren und Winterwanderungen abseits der grossen Skigebiete. Das nahegelegene Hasliberg-Gebiet bietet darüber hinaus Skigebiete und Bergbahnen, die vom Brünig aus rasch erreichbar sind.
Unterwegs mit der Brünigbahn
Ein besonderes Erlebnis ist eine Fahrt mit der Zentralbahn, die zwischen Luzern und Interlaken verkehrt und den Brünigpass als einzigen echten Alpenpass in der Schweiz mit einer Zahnradstrecke überquert. Die Zugfahrt ist nicht nur technisch spannend – mit maximal 120 ‰ Steigung und atemberaubender Aussicht –, sondern auch eine entspannte Möglichkeit, die Landschaft zu geniessen. Viele Gäste kombinieren Bahnfahrten mit Wanderungen oder Ausflügen in die umliegenden Dörfer wie Lungern, Meiringen oder Brienzwiler, wo regionale Spezialitäten, Museen und alte Holzhäuser das alpine Kulturerbe greifbar machen.
Verkehrssicherheit & Prävention
Als einer der meistbefahrenen Übergänge der Alpen im Mittellandbereich spielt der Brünigpass auch in sicherheitsrelevanter Hinsicht eine zentrale Rolle. Die Passstrasse, Teil der Nationalstrasse A8, ist ganzjährig geöffnet und wird sowohl von Pendlern als auch von Touristen rege genutzt – sei es mit dem Auto, dem Motorrad, dem Reisecar oder dem Fahrrad. Diese hohe Frequenz und die besondere topografische Lage erfordern besondere Massnahmen im Bereich Verkehrssicherheit und Prävention. Denn auch wenn der Brünig mit 1 008 Metern vergleichsweise niedrig liegt, können Steinschlag, Glatteis, Nebel oder plötzlicher Schneefall gerade in den Übergangszeiten erhebliche Gefahren darstellen. Umso wichtiger ist die sorgfältige Wartung der Infrastruktur, wofür das Bundesamt für Strassen (ASTRA) sowie die zuständigen kantonalen Stellen regelmässig sorgen.
Ein zentraler Baustein für die Sicherheit am Brünig ist die permanente Überwachung des Strassenzustands – insbesondere im Winter. Schnee- und Räumdienste sind rund um die Uhr im Einsatz, um bei Bedarf zu streuen oder die Fahrbahn zu räumen. Schneezäune und Lawinengalerien sichern besonders exponierte Abschnitte. Zudem gibt es an neuralgischen Punkten elektronische Verkehrstafeln, die tagesaktuelle Hinweise zu Fahrbedingungen, Geschwindigkeit und Witterung geben. Gerade in den Wintermonaten ist die Mitführung von Schneeketten oder ein Fahrzeug mit Allradantrieb dringend empfohlen, insbesondere bei Fahrten in Richtung Haslital mit seinen steileren Gefällstrecken. Auch die Bremskontrollen für Reisebusse und LKWs spielen eine wichtige Rolle – dafür gibt es eigens ausgewiesene Kontrollpunkte und regelmässige Überprüfungen durch die Kantonspolizeien Bern und Obwalden.
Neben der physischen Infrastruktur sind es auch präventive Massnahmen, die zur Sicherheit auf dem Brünig beitragen. Die Polizei führt regelmässig Verkehrskontrollen durch – sowohl zur Überwachung der Geschwindigkeit als auch zur Überprüfung der Fahrfähigkeit. Besonders in der Motorradsaison von Frühling bis Herbst wird auf die Einhaltung von Tempolimits und Überholverboten geachtet, denn der Brünigpass gilt unter Zweiradfahrenden als beliebte, aber stellenweise anspruchsvolle Route. Hier wird neben der Kontrolle auch auf Aufklärung gesetzt: Informationskampagnen – etwa zur richtigen Fahrweise in Kurven oder zur gegenseitigen Rücksichtnahme – gehören zur Präventionsstrategie. In den Sommermonaten patrouilliert die Polizei zudem vermehrt zu Spitzenzeiten, um das hohe Verkehrsaufkommen zu steuern und bei Zwischenfällen rasch eingreifen zu können.
Nicht zuletzt spielt auch die Zentralbahn, welche den Pass mit einer Zahnradstrecke quert, eine Rolle in der Verkehrssicherheit: Sie bietet eine zuverlässige, wetterunabhängige Alternative zur Strasse und entlastet den Individualverkehr – insbesondere bei schlechtem Wetter oder in der Feriensaison. Durch diese Kombination aus technischer Ausstattung, Überwachung, Wartung und präventiven Massnahmen ist der Brünigpass heute einer der sichersten und bestüberwachten Alpenübergänge der Schweiz. Doch auch wenn moderne Technik vieles leistet, bleibt das verantwortungsbewusste Verhalten der Verkehrsteilnehmenden – angepasstes Tempo, Aufmerksamkeit und Rücksicht – der wichtigste Faktor für unfallfreies Fortkommen auf dem Brünig.
Fazit
Der Brünigpass ist ein kultureller, historischer und naturräumlicher Knotenpunkt mit hoher Symbolkraft für die Schweiz. Als verkehrstechnisch hervorragend erschlossener Alpenpass ermöglicht er nicht nur den ganzjährigen Austausch zwischen zwei Regionen, sondern lädt auch zum Entdecken, Verweilen und Staunen ein. Ob beim Wandern auf historischen Pfaden, beim Geniessen spektakulärer Ausblicke oder auf der beeindruckenden Fahrt mit der Zentralbahn: Der Brünig vereint alpine Naturerlebnisse mit lebendiger Geschichte und gelebter Mehrsprachigkeit. Gleichzeitig beweist er, wie moderne Verkehrssicherheit, nachhaltige Infrastruktur und präventive Massnahmen dazu beitragen können, auch stark frequentierte Routen sicher und zugänglich zu halten. Damit bleibt der Brünigpass ein Paradebeispiel für ein gelungenes Zusammenspiel von Mensch, Technik, Natur und Kultur mitten im Herzen der Schweiz.
Quellen:
Bundesamt für Strassen ASTRA: https://www.astra.admin.ch
Zentralbahn AG: https://www.zentralbahn.ch
Kanton Obwalden: https://www.obwalden.ch
Kanton Bern: https://www.be.ch
Schweiz Tourismus: https://www.myswitzerland.com/de-ch/erlebnisse/bruenigpass
Wanderland Schweiz: https://www.wanderland.ch
Alpenpässe.ch: https://www.alpenpaesse.ch/de/alpenpaesse/bruenigpass
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Brünigpass
(alle abgerufen am 1.7.2025)
Bildquellen:
Titelbild: Michael Derrer Fuchs – shutterstock.com
Bild 1: Adrian Michael, Brünig Passhöhe, CC BY-SA 3.0
Bild 2: Christian Hoffmann, Bruenigpass Bahn Winter, als gemeinfrei gekennzeichnet
Bild 3: Friedrich-Karl Mohr, 1008-Brünigpass, CC BY-SA 3.0 DE
Bild 4: Martin Hawlisch (User:LosHawlos), Mh bruenigbahn meiringen, CC BY-SA 3.0