Der transparente Bürger – Internetpranger auch in der Schweiz möglich?
von Tobias Wolf
„Lexbase“ heisst die scheinbar legale Internetseite, die privateste Informationen über schwedische Bürger veröffentlicht. Gegen eine Gebühr von 10 Euro können dort Einträge über längst verbüsste Straftaten eingesehen werden. Die Macher der Internetseite, die für 100’000 Euro die Strafregisterauszüge erworben haben, stehen allerdings scharf in der Kritik und haben sogar schon Drohungen erhalten. Denn obwohl in der schwedischen Gesellschaft Transparenz als ein äusserst wichtiger Grundsatz gilt, so haben Täter dort trotzdem ein Recht auf Vergessen. Geschäftsführer Martin Gröndal sieht die ganze Angelegenheit allerdings gelassen und erwidert, dass sowieso jeder Zugriff auf diese Informationen hätte, da sie beim Gericht einsehbar wären – seine Internetseite würde somit nur den Zugriff erleichtern.
In den USA existiert ein vergleichbares öffentliches Register, welches sich allerdings auf sexuelle Vergehen und Verbrechen beschränkt. Die Bandbreite der verzeichneten Delikte reicht dort vom simplen Exhibitionismus bis hin zur Vergewaltigung. Die Einträge beinhalten zudem ein Foto des Täters sowie dessen Anschrift.
Gegen jede Ethik
In der Schweiz braucht man sich allerdings keine Sorgen zu machen, dass eine solche Seite eingerichtet werden könnte. Dies sei „absolut unmöglich“, so der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür. Hierzulande können Informationen aus dem Strafregister nur vom Betreffenden persönlich oder von einer Behörde wie der Polizei angefordert werden. Der normale Bürger von der Strasse hat darauf keinen Zugriff und auch keinen Anspruch. Aus diesem Grund ist für Thür das Betreiben einer solchen Webseite vollkommen inakzeptabel, da in keiner Art und Weise ein öffentliches Interesse an den Informationen bestehe.
Thür ist allerdings auch nicht dagegen, dass in bestimmten Fällen die Straffreiheit einer Person überprüft wird. Bei der Bewerbung um die Stelle als Lehrer werde heute beispielsweise viel zu selten überprüft, ob der betreffende Kandidat eine Vorstrafe wegen Pädophilie habe. Hier sieht der Datenschützer auch keine Probleme, da der Betroffene den Strafregisterauszug selbst organisieren muss und daher über den Vorgang informiert ist.
Thür erachtet die Internetpranger als einen Teil des Trends, eine vollständige Sicherheit der Bürger zu generieren. Irgendwo müsse allerdings eine Grenze gezogen werden, da absolute Sicherheit überhaupt nicht möglich sei. Für den Datenschutzbeauftragten ist diese Grenze durch die Internetpranger bereits deutlich überschritten worden.
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