Kanton Thurgau: Mehr Straftaten – Cyberkriminalität nimmt zu

Die Zahl der Straftaten im Kanton Thurgau hat 2021 um 11 Prozent zugenommen und ist damit wieder auf dem Stand vor der Corona-Pandemie.

Mehr Delikte gab es bei der „digitalen Kriminalität“.

Die Zahl der Straftaten hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen: Gemäss Polizeilicher Kriminalstatistik 2021 wurden im Thurgau 9435 Straftaten gemäss Strafgesetzbuch registriert, das ist gegenüber dem Tiefststand von 2020 eine Zunahme um 908 Delikte oder 11 Prozent.

Damit bewegt sich die Zahl der Straftaten wieder im Bereich wie vor Corona: 2019 waren es 9419 Delikte gewesen. Im langjährigen Vergleich sind diese Zahlen tief: Noch im Jahr 2013 mussten fast 12’000 Delikte registriert werden. Die Häufigkeitszahl, die Anzahl Straftaten pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohner, stieg im vergangenen Jahr von 30.5 auf 33.3. Für die ganze Schweiz liegt dieser Wert bei 47.9 (49.0). Leicht abgenommen hat die Aufklärungsquote, von 43.3 auf 41.7 Prozent.

Hohe Aufklärungsquote bei Gewaltdelikten

Bei den Gewaltstraftaten wurden vergangenes Jahr 1019 Delikte registriert, 2.5 Prozent mehr als 2020. Dabei nahm die schwere Gewalt um 31 Prozent auf 42 Straftaten zu; das vollendete und die drei versuchten Tötungsdelikte wurden aufgeklärt. Der schweren Gewalt zugerechnet werden auch 17 (2020: 16) Fälle schwerer Körperverletzung.

Die minderschwere Gewalt ging um 1 Prozent zurück: Während bei einfachen Körperverletzungen ein Rückgang von 17 Prozent auf 129 Delikte zu verzeichnen war, stieg die Anzahl Tätlichkeiten um 2 Prozent auf 329 an.

Zurückgegangen sind die Fallzahlen bei der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, von 62 auf 55; dabei waren in 23 Fällen (2020: 24) Polizistinnen und Polizisten betroffen. 90.3 Prozent aller Gewaltdelikte wurden aufgeklärt, was der Arbeit der Ermittlung, der Fahndung und der Kriminaltechnik ein sehr gutes Zeugnis ausstellt.

Leicht abgenommen auf 209 (2020: 214) hat vergangenes Jahr die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Integrität. Stark angestiegen ist dabei die Zahl der Vergewaltigungen, von 9 auf 21 Delikte. 13 Fälle ereigneten sich im privaten und 5 im öffentlichen Bereich; in drei Fällen fehlt eine solche Zuordnung.

Wenig Einbrüche, deutlich mehr Einschleichdiebstähle

Die Vermögensdelikte machen jedes Jahr etwa zwei Drittel aller registrierten Straftaten aus, 2021 waren es 65.5 Prozent. Mit der Gesamtzahl der Straftaten stieg auch diese Zahl an: Es wurden 6191 (5493) Straftaten gegen das Vermögen registriert. Die Zahl der Einbrüche ging nochmals um 3 Prozent auf den historischen Tiefststand von 470 Delikten zurück; im Jahr 2013 waren noch fast 1200 Fälle registriert worden. Hingegen hat die Zahl der Einschleichdiebstähle um 50 Prozent zugenommen, es wurden 396 solche Delikte registriert (2020: 265). Auch die Zahl der Ladendiebstähle ist um 26 Prozent auf 423 gestiegen.

Die Zahlen beim Einbruchdiebstahl sind zwar seit mehreren Jahren rückläufig, doch wie schon 2020 dürfte auch im vergangenen Jahr die Corona-Pandemie die Entwicklung verstärkt haben. Wegen Covid blieb die Bevölkerung mehr zu Hause, wodurch Einbrecher abgeschreckt wurden. Zudem dürften die wegen den vielen Einreisebeschränkungen weniger durchlässigen Grenzen spezialisierten Tätergruppen die Einreise erschwert haben. Der Anstieg bei den Einschleich-diebstählen lässt sich am besten mit dem Spruch „Gelegenheit macht Diebe“ erklären, d.h. die Täter nutzen die „günstige Gelegenheit“, die z.B. sorg- und arglose Mieterinnen und Mieter von Mehrfamilienhäusern bieten, wenn sie Haus- und Wohnungstüren nicht abschliessen.

Digitale Kriminalität nimmt zu

Deutlich angestiegen, um 17 Prozent auf 503 Fälle, ist die Zahl der Betrugsdelikte. Vor zehn Jahren waren noch 135 solche Delikte registriert worden. Die Zahlen widerspiegeln die rasante Entwicklung bei den Online-Shopping- oder Verkaufsplattformen, auf denen sich auch viele gut organisierte Betrüger tummeln. 455 Betrugsfälle werden denn auch der digitalen Kriminalität („Cybercrime“) zugeordnet.

Die wachsende Bedeutung dieser Form der Kriminalität schlägt sich in der Struktur der Polizeilichen Kriminalstatistik nieder: Erstmals werden die Straftaten mit einem Modus operandi der digitalen Kriminalität separat abgebildet und die Zahl der Delikte mit dem Vorjahr verglichen. Dabei wurde im Vergleich zum Jahr 2020 ein Anstieg um 25 Prozent registriert. Nebst dem Betrug (von 342 auf 455), haben auch der betrügerische Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage und Erpressung zugenommen.

Kein Anstieg der Straftaten bei Häuslicher Gewalt

Vergangenes Jahr musste die Kantonspolizei Thurgau 665 Mal (2020: 634) wegen Häuslicher Gewalt (HG) ausrücken. Bei 463 dieser Interventionen handelte es sich um HG mit mindestens einem Straftatbestand. Die anderen Polizeieinsätze betrafen familiäre Vorfälle, bei denen kein Straftatbestand erfüllt war (z.B. verbale Streitigkeiten). Die Zahl der Straftaten bei Häuslicher Gewalt bewegte sich damit auf dem Niveau des Jahres 2020 (469), während im Jahr 2019 noch 539 solche Straftaten registriert worden waren. Ein pandemiebedingter Anstieg der Fallzahlen, wie er in anderen Kantonen oder Ländern beobachtet wurde, konnte also im Thurgau nicht festgestellt werden. Mit 180 Wegweisungen und Kontaktverboten wurden im Jahr 2021 auch etwas weniger Gewaltschutzmassnahmen als 2020 (186) ausgesprochen.

„Jederzeit voll einsatzfähig“

Die Pandemie hat die Kriminalstatistik beeinflusst, und sie war erneut ein prägender Faktor in der Polizeiarbeit. Für Kommandant Jürg Zingg gab es drei zentrale Herausforderungen: Die Einsatzfähigkeit aufrecht erhalten, die Durchhaltefähigkeit sicher stellen und bestmöglich für die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen. Diese Ziele wurden erreicht, auch dank der hohen Einsatz- und Leistungsbereitschaft auf allen Ebenen. Die Ausfallzahlen bewegten sich meist im einstelligen Bereich und lagen nie über 20 Mitarbeitenden. Die Kantonspolizei war „jederzeit voll einsatzfähig“, so Zingg. Ihm war es zudem ein Anliegen, dass die Kapo von der Bevölkerung nicht als „Corona-Polizei“ wahrgenommen wird: „Ich denke, das ist gelungen.“ Aber natürlich mussten im vergangenen Jahr auch im Thurgau knapp 300 Ordnungsbussen gemäss Covid-19-Verordnung ausgestellt werden; z.B. für Nichttragen einer Gesichtsmaske.

Aufwuchs kommt voran

Bekanntlich hat der Grosse Rat der Kantonspolizei Thurgau im Frühling 2020 die Erhöhung des Korpsbestands von 384 auf neu 475 Polizisten und Polizistinnen bewilligt; dies innerhalb von zehn bis zwölf Jahren. Zur Begründung führten Kantonspolizei und Regierung u.a. an, dass die Digitalisierung der Gesellschaft und die technologische Entwicklung starke Auswirkungen auf die Polizeiarbeit haben, deren Komplexität deutlich zugenommen hat und weiter steigen wird.

Auch das Bevölkerungswachstum verlangt nach zusätzlichen Ressourcen: Seit 2011 ist die Wohnbevölkerung im Thurgau um rund 14 Prozent gewachsen, und auch in den kommenden Jahren ist von einem Anstieg auszugehen. Mehr Menschen, mehr Fahrzeuge: Der Motorfahrzeugbestand stieg zwischen 2011 und 2021 sogar um 24 Prozent. Auch in Zukunft ist mit einem steigenden Fahrzeug- und Verkehrsaufkommen zu rechnen.

Der Aufwuchs kommt gemäss Kommandant Zingg sehr gut voran: Am 1. März 2022 zählte die Kantonspolizei 416 Polizistinnen und Polizisten, das heisst ein Drittel der Bestandserhöhung ist bereits realisiert. Doch natürlich muss und will die Kantonspolizei Thurgau weiter wachsen.

Sie wird deshalb alle Hebel in Bewegung setzen, um Nachwuchs über den regulären Weg, die Ausbildung an der Polizeischule Ostschweiz zu rekrutieren – wohlgemerkt, ohne Konzessionen bei den Qualifikationen der Bewerberinnen und Bewerber zu machen. Zudem soll die Kantonspolizei auf dem umkämpften „Polizei-Arbeitsmarkt“ als so attraktiv wahrgenommen werden, dass Polizistinnen und Polizisten aus anderen Korps in den Thurgau wechseln. Die Kampagne „Auf uns ist Verlass“, die Anfang Mai lanciert wird, soll dazu beitragen, beide Ziele zu erreichen.

 

Quelle: Kantonspolizei Thurgau
Titelbild: Symbolbild © vsr3168 – shutterstock.com

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