Der newsbloggers-Wochenrückblick: Vertrauen in die Schweizer Wirtschaft

Die Schweizer Wirtschaft wird nicht wegen des starken Franken schrumpfen. Dieser Meinung ist nach der SNB nun auch die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF). Statt des ursprünglich angenommenen negativen Trends erwarten die Wirtschaftsforscher für das Gesamtjahr 2015 nun einen leichten Zuwachs.

Die SNB hat in ihrem Geschäftsbericht 2014 Zahlen vorgelegt, die belegen, dass die Kosten für die Erhaltung des Mindestwechselkurses zuletzt in keiner vertretbaren Relation zu dessen Nutzen für die Schweizer Wirtschaft standen. Finanz-Experten und kommerzielle Anleger rechnen damit, dass der schwache Euro nicht zum Dauerzustand wird. Die Schweizer Uhrenindustrie präsentierte sich auf der Baselworld investitionsfreudig und trotz des Franken-Hochs verhalten optimistisch. Auch bei den Inflationsprognosen könnte es in absehbarer Zeit Veränderungen geben: Der Konflikt im Jemen treibt den Ölpreis in die Höhe.

KOF-Prognose: Kein Abschwung am Arbeitsmarkt

Am vergangenen Donnerstag hat die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich ihre aktuelle Konjunkturprognose vorgelegt. Die leichte Franken-Abschwächung der letzten Tage ist für die Wirtschaftsforscher offensichtlich ein Anlass für grösseren Optimismus. In der vorhergehenden KOF-Prognose war für das Gesamtjahr 2015 noch davon die Rede, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz um 0,5 Prozent schrumpfen wird, inzwischen gehen die Konjunkturexperten jedoch von 0,2 Prozent Wirtschaftswachstum aus. Trotzdem wird der starke Franken eine erhebliche Belastung für die Wirtschaft bleiben – im zweiten und dritten Quartal 2015 wird das BIP sehr wahrscheinlich sinken, bevor im vierten Quartal eine Konsolidierungsphase folgt. Im nächsten Jahr könnte sich der BIP-Zuwachs in der Schweiz dann wieder auf ein Prozent belaufen. Mit ihrer Konjunkturprognose bleibt die KOF unter den Erwartungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die für 2015 bisher mit einem Prozent Wirtschaftswachstum kalkuliert. Mit Auswirkungen der abgeschwächten Konjunktur auf den Arbeitsmarkt rechnen die Wirtschaftsforscher vorerst nicht, sondern prognostizieren weiterhin eine Arbeitslosenquote von 3,4 Prozent.

SNB: Fast 26 Milliarden in Mindestwechselkurs investiert

In ihrem in der vergangenen Woche publizierten Geschäftsbericht für 2014 legt die SNB erstmals ihre Devisenkäufe zur Stützung des Mindestwechselkurses offen. Gegen Ende des Jahres tätigte sie demnach Devisenkäufe im Umfang von 25,8 Milliarden Euro, um den Franken-Kurs zum Euro auf dem Niveau von 1,20 CHF zu halten. In dem Bericht wird nochmals hervorgehoben, dass das Festhalten am Mindestwechselkurs für die SNB nicht mehr tragbar war. Durch den massiven Anstieg der Devisenkäufe hätte die SNB langfristig die Kontrolle über ihre Bilanz und damit die monetären Bedingungen der Schweiz verloren. Im Januar 2015 war dann „entschiedenes Handeln angezeigt“: Ein Aufschub der Entscheidung über die Freigabe des Wechselkurses und weitere Interventionen auf dem Devisenmarkt hätten – unter anderem durch Spekulationseffekte – zu „exorbitanten“ Verlusten in der Bilanz der SNB geführt.

Euro bald wieder stärker?

Aus der Finanzwelt kommen Meldungen, die aus Schweizer Perspektive und vor dem Hintergrund des Franken-Hochs langfristig optimistisch stimmen könnten. Kommerzielle Anleger – also Unternehmen, die nicht aus spekulativen, sondern aus geschäftlichen Gründen auf dem Devisenmarkt aktiv sind – rechnen inzwischen damit, dass der Euro seine Schwächephase überwinden wird. Der Dollar-Index, der den Wert des US-Dollars gegenüber einer Reihe anderer wichtiger Währungen misst, ist in der vergangenen Woche von etwas über 100 Zählern auf knapp 96 Punkte gefallen. An US-amerikanischen Terminbörsen spekulieren kommerzielle Anleger in einem Ausmass auf einen steigenden Euro, das in so in den letzten zwölf Jahren nur ein einziges Mal gegeben war. Allerdings hat der US-Dollar aus Expertensicht sein Jahreshoch bisher noch nicht erreicht – echte Trendveränderungen bei den Wechselkursen dürften sich also erst über einen längeren Zeitraum zeigen. Ein Euro ist derzeit 1,085 US-Dollar wert, der Euro-Kurs zum Franken hat sich bei 1,046 CHF eingepegelt.

Optimistische Gelassenheit auf der Baselworld

Die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld war in den letzten beiden Wochen das wichtigste wirtschaftliche Event der Schweiz. Zwar leiden auch die stark exportabhängigen Schweizer Uhrenhersteller unter dem starken Franken, insgesamt blickt die Branche jedoch recht gelassen in die Zukunft. Eine ganze Reihe von Unternehmen investiert in ihr Produktportfolio und in den Standort Schweiz. Beispielsweise erzielt Victorinox rund ein Fünftel seines Jahresumsatzes von geschätzten 500 Millionen Franken mit Uhren, nachdem das Unternehmen im Jahr 2005 den Messer- und Uhrenhersteller Wenger übernommen und damit vor dem Konkurs gerettet hat.

Zwar will Victorinox keine eigenen Uhrwerke produzieren, seine Stahlkompetenz jedoch künftig auch für die Herstellung von Uhrengehäusen nutzen. In den kommenden zwei Jahren wird die alte Wenger-Uhrenfabrik am Standort Delsberg deshalb ausgebaut – in das Projekt sollen 32 Millionen Franken fliessen. Auch die Genfer Rolex-Tochter Tudor hat in neue Produktionsstätten investiert und präsentierte auf der Baselworld erstmals Uhren mit einem selbst produzierten Uhrwerk. Der Standort der neuen Tudor-Manufaktur ist bis jetzt geheim – er soll irgendwo im Jura liegen, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt auch Besuchern offenstehen. Der Zürcher DKSH-Konzern investiert für seine Uhrenmarke Maurice Lacroix bereits seit Jahren sowohl in den Vertrieb als auch den Markenaufbau. In den USA wurden eigene Vertriebsstrukturen aufgebaut und in mehreren anderen Ländern die Distribution zurückgekauft.



Schweizer Uhrenexporte stagnieren auf hohem Niveau

Der Präsident des Verbandes der Schweizerischen Uhrenindustrie FH, Daniel Pasche, geht davon aus, dass die Exporte von Schweizer Uhren in diesem Jahr auf hohem Niveau stagnieren werden. Verantwortlich dafür ist nicht ausschliesslich das Franken-Hoch. Zwar ist in den USA und Asien die Nachfrage nach Schweizer Uhren ungebrochen, Probleme bereiten derzeit jedoch die für die Branche wichtigen Absatzmärkte Russland, Hongkong sowie Deutschland. Andererseits hilft der derzeit starke US-Dollar der Uhrenindustrie der Schweiz, zumal der Dollar-Raum für die Exporte der Branche wichtiger ist als die Europäische Union. Viele Hersteller planen für ihre Uhren Preiserhöhungen im Euro-Raum, parallel dazu stützen sie ihr Inlandsgeschäft mit Preisnachlässen für Schweizer Händler.

Jemen-Konflikt lässt Ölpreis leicht steigen

Die Gefahr einer Deflation steht derzeit nicht nur in der Schweiz, sondern in allen europäischen Ländern zur Debatte. Eine der Ursachen für extrem niedrige Inflationsraten war in den vergangenen Monaten der Preisverfall für Rohöl. Die aktuellen politischen Entwicklungen auf der arabischen Halbinsel könnten in dieser Hinsicht jetzt eine Wende bringen. In der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag vergangener Woche flogen Saudi-Arabien und seine Verbündeten die ersten Luftangriffe auf die schiitischen Huthi-Milizen im Jemen. Der Ölpreis ist daraufhin deutlich angestiegen, zeigte zum Wochenbeginn jedoch wieder einen rückläufigen Trend.


Jemen-Konflikt lässt Ölpreis steigen. (Bild: mj007 / Shutterstock.com)


Die Teilnehmer der Ölmärkte fürchten, dass der Konflikt, in dem es nicht nur um den Jemen, sondern im Kern um eine machtpolitische Auseinandersetzung zwischen Saudi-Arabien und Iran geht, weiter eskaliert. Hierdurch könnten sowohl die Ölförderung in der Region als auch die Öl-Transporte durch das Rote Meer und den ägyptischen Suezkanal in Mitleidenschaft gezogen werden. Derzeit wird auch der Goldpreis durch den Jemen-Konflikt getrieben. Am vergangenen Donnerstag überschritt er zum ersten Mal seit Anfang März wieder die 1.200-Dollar-Marke.

 

Oberstes Bild: Die Schweizer Wirtschaft wird nicht wegen des starken Franken schrumpfen. (© Blend Images / Shutterstock.com)

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