Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft – in der Schweiz ohne grosse Relevanz
von Janine El-Saghir
Zur Schattenwirtschaft zählen illegale Erwerbstätigkeit ebenso wie explizit kriminelle Aktivitäten wie Drogenhandel oder Schmuggel. Der Anteil solcher Bereiche am gesamten Wirtschaftsleben lässt sich naturgemäss schlecht schätzen. Sicher ist jedoch, dass die Schweiz auch in dieser Hinsicht unter den OECD-Staaten ein Musterschüler ist.
Im vergangenen Jahr machte die Schattenwirtschaft in der Schweiz etwa 7 % der Wirtschaftsleistung aus – mit sinkender Tendenz. Der Linzer Ökonom Friedrich Schneider geht davon aus, dass dieser Wert im Laufe dieses Jahres auf 6,5 % fallen wird. Allerdings verbergen sich hinter diesem Wert trotzdem Milliardensummen. Basierend auf der Nachfrage nach Bargeld kommt Schneider auf Umsätze von schätzungsweise 30,7 Milliarden Franken, an denen unter anderem die Sozialkassen und der Fiskus nichts verdienen. Die Bundes- und Kantonsbehörden nehmen aus diesem Grund künftig Schwarzarbeiter stärker ins Visier.
Die Schweiz – auf dem vorletzten Platz im OEDC-Schattenwirtschafts-Ranking
Im internationalen Vergleich steht die Schweiz bereits heute ausgezeichnet da. Unter den 34 OECD-Mitgliedsländern liegt sie mit einem Schattenwirtschafts-Anteil von 6,5 % auf dem vorletzten Platz. Erfolgreicher in der Bekämpfung illegaler wirtschaftlicher Aktivitäten sind nur die USA – die Schattenwirtschaft steht dort nur für 5,9 % der Wirtschaftsleistung. Der OECD-Durchschnitt liegt derzeit bei 17,4 %; auf dem gleichen Niveau befinden sich grosse europäische Länder wie Frankreich oder Deutschland. Anders sieht es allerdings in vielen südeuropäischen Ländern aus. Im krisengebeutelten Griechenland liegt der Anteil der Schattenwirtschaft derzeit bei 22,4 %, in Italien summieren sich illegale Aktivitäten auf 20,1 % der Wirtschaftsleistung.
Schwarzarbeit in der Schweiz – geringe Anreize, regelmässige Kontrollen
Die ausgezeichnete Position der Schweiz erklären die Wirtschaftsforscher mit Faktoren wie einem nur wenig regulierten Arbeitsmarkt und vergleichsweise niedrigen Sozialversicherungsabgaben. Vor allem für Schwarzarbeit entfällt hierdurch von vornherein ein wesentlicher Anreiz. Trotzdem gibt es seitens der Kantone, die in der Eidgenossenschaft die Steuerhoheit haben, natürlich regelmässige Kontrollen. Die Behörden interessiert beispielsweise, ob ausländische Arbeitnehmer im Besitz der entsprechenden Bewilligungen sind und ob die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen oder Quellensteuern korrekt erfolgt. Die Frage, ob Erwerbstätige in der Schweiz – Selbstständige ebenso wie Arbeitnehmer – ihre Einnahmen versteuern, wird durch das Bundesgesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit dagegen nicht erfasst. Aus Sicht des Gesetzgebers soll sich daran auch nichts ändern.
Schwarzarbeit hat nicht nur Ausfälle an Steuern und Sozialabgaben, sondern oft auch Wettbewerbsverzerrungen zur Folge. Auch aus diesem Grund ist die Zahl der Überprüfungen von Betrieben in den letzten Jahren angestiegen. 2014 haben insgesamt 70 Inspektoren 12´009 Unternehmen und 38´981 Privatpersonen kontrolliert. Allerdings unterscheidet sich die Anzahl der Kontrollen stark zwischen den einzelnen Kantonen. Beispielsweise hat Zug pro 10´000 Unternehmen nur 36 Kontrollen durchgeführt, im Kanton Schaffhausen wurden dagegen 401 Überprüfungen vorgenommen.
Pläne für die Zukunft: Verbesserte Behördenkooperation, mehr Kompetenzen für die Inspektoren
Durch eine Gesetzesänderung will der Bundesrat den Inspektoren künftig zusätzliche Kompetenzen geben. So sollen sie auch eigenständig Bussgelder verhängen können, falls sie in einer Firma Unregelmässigkeiten vorfinden. Auch die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden soll in Zukunft besser funktionieren. Zum Beispiel sollen auch die Sozialhilfebehörden verdächtige Firmen oder Personen melden können. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) soll gegenüber den Kantonsbehörden eine explizite Weisungskompetenz erhalten, um den Ablauf und die Intensität der Kontrollen bundesweit auf den gleichen Stand zu bringen. Die Vernehmlassung für die Gesetzesänderung läuft bis zum 1. August 2015, danach sollen die geplanten Massnahmen möglichst bald in der Praxis greifen.
Sowohl der Schweizerische Gewerkschaftsbund als auch die Arbeitgeber bewerten diese Pläne positiv. Aus Gewerkschaftssicht wären jedoch deutlich mehr Kontrollen und vor allem höhere Bussgelder für die Unternehmen nötig. Der Arbeitgeberverband moniert indessen, dass der administrative Aufwand durch ein schärferes Vorgehen gegen Schwarzarbeit für die Firmen nicht steigen dürfe. Zusätzliche Bürokratie wird sich daraus auf jeden Fall ergeben. Allerdings geht das Seco davon aus, dass die Unternehmen den „geringen administrativen Mehraufwand“ verkraften werden, zumal die negativen Auswirkungen von Schwarzarbeit deutlich grösser sind.
Vergleichsweise knappes Budget für Schwarzarbeits-Kontrollen
Die Kontrollen gegen Schwarzarbeit werden pro Jahr mit vier Millionen Franken finanziert. Die „NZZ“ schreibt in diesem Kontext, dass die Ausgaben für flankierende Massnahmen gegen Lohndumping etwa dreimal höher sind – obwohl die Finanzkontrolle der Ansicht ist, dass die Folgen der Schwarzarbeit sich auf dem Arbeitsmarkt und bei den öffentlichen Kassen stärker bemerkbar machen als Verstösse gegen Tarifvereinbarungen oder Vorschriften zu den Arbeitsbedingungen. Für grössere Effizienz sollten sich laut Seco die Kontrollinstanzen daher enger zusammenschliessen.
Überprüfungen erfolgen grundsätzlich in allen Branchen, jedoch mit einem gewissen Fokus auf Bereiche, in denen die Beschäftigten nur niedrige Löhne beziehen. Auch für Erwerbstätige mit hohen Einkommen kann eine Verlagerung eines Teils ihrer Arbeit in die Schattenwirtschaft jedoch attraktiv sein, da sie auf diese Weise Steuern sparen können.
Hilft die Limitierung des Bargelds gegen Schwarzarbeit?
Weltweit gilt, dass Kontrollen und Sanktionen gegen Schwarzarbeit oder auch die in vielen Staaten angedachte Limitierung der Bargeldmittel nur in beschränktem Umfang helfen. Um Schwarzarbeit wirksam einzudämmen, müssen ihre Ursachen angegangen werden. Beschäftigungsförderung, ein für möglichst viele Arbeitnehmer offener Arbeitsmarkt, aber auch transparente Steuer- und Transfersysteme sind hier wichtige Faktoren.
In einem Interview mit der „NZZ“ erklärte Schattenwirtschafts-Experte Friedrich Schreiber kürzlich, dass er von „Bargeld-Verboten“ zur Bekämpfung der Schwarzarbeit überhaupt nichts halte. Zum einen seien damit massive Beschränkungen der Privatsphäre verbunden, zum anderen werde auch in der Schattenwirtschaft einmal abgesehen von Drogengeschäften heute meist bargeldlos gezahlt. Schreiber setzt vor allem auf steuerliche Anreize, um Schwarzarbeit zu limitieren. Haushalte, die Handwerker oder Haushaltshilfen auf Rechnung beschäftigen, würden beispielsweise von einem jährlichen Steuerbonus profitieren. Auch Mini-Jobs nach deutschem Vorbild könnten eine Alternative sein.
Kriminalisiert die Ausweitung der Kontrollen unbescholtene Bürger?
Die geplante Ausweitung der Schwarzarbeits-Kontrollen in der Schweiz hält er dagegen für einen falschen Weg. Flächendeckend sind sie ohnehin nicht durchführbar, zudem werde der „rechtschaffene Durchschnittsschweizer“ hierdurch der Tendenz nach kriminalisiert. Der Eidgenossenschaft bescheinigt Schreiber, dass Schwarzarbeit hier alles andere als weitverbreitet sei. Im internationalen Vergleich werde auch die hohe Steuermoral der Schweizerinnen und Schweizer deutlich, da die Relation zwischen der Steuer- und Abgabenlast sowie staatlichen Leistungen hierzulande recht ausgeglichen sei und von den Bürgern auch so wahrgenommen werde.
Der starke Franken könnte die Zunahme von Schwarzarbeit nach sich ziehen
Ob sich die wirtschaftlichen Folgen des Franken-Hochs perspektivisch auch in einer Zunahme von Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit niederschlagen werden, ist laut Schreiber heute noch nicht absehbar. Beides wachse in der Regel, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Bürger und Unternehmen schlechter werden; jedoch dauere es einige Zeit, bis sich diese Veränderungen in der Praxis zeigen – in etwa einem Jahr dürfte jedoch klar sein, ob und wie sich der starke Franken in dieser Hinsicht auswirkt.
Für sehr unwahrscheinlich hält Schreiber dagegen, dass die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative eine Zunahme der Schwarzarbeit nach sich ziehen wird. In der Landwirtschaft, im Gastgewerbe oder im Tourismus werde möglicherweise die Arbeit von Familienmitgliedern wieder eine grössere Rolle spielen. Die Unternehmen würden dagegen legale Wege finden, mit stärkeren Zuwanderungsbeschränkungen – falls sie denn kommen – umzugehen.
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