Moral – eine Frage des Geldes?
Dass Geld und ethisches Verhalten in einem komplizierten Verhältnis zueinander stehen, dürfte allgemein bekannt sein. Wie es genau aussieht, das haben jetzt Forscher an der Universität Innsbruck näher untersucht. Ihre Erkenntnis ist: Menschen orientieren sich nur dann an ethischen Normen, wenn eine finanzielle Strafe droht.
In einem Experiment wollten die Wissenschaftler herausfinden, mit welchen Massnahmen sich moralisches Verhalten fördern lässt. Dazu wurden 700 Studenten als „Versuchskaninchen“ genutzt. Die Versuchspersonen erhielten dabei einen Geldbetrag und konnten entscheiden, ob sie das Geld der UNICEF für Masernimpfstoffe spenden oder es selbst behalten.
Reine Aufklärung zeigt kaum Wirkung
„Die Studierenden erhielten reale Geldbeträge und die Spenden gingen auch tatsächlich an die UNICEF“, betont Erstautor Michael Kirchler. „Alle Probanden haben von uns später auch die Spendenquittungen erhalten.“ Die Ökonomen haben drei mögliche Szenarien zur Unterstützung des moralischen Verhaltens untersucht: ärztliche Aufklärung, die Aufhebung der Anonymität sowie eine monetäre Bestrafung von unmoralischem Verhalten.
Im ersten Fall klärte ein Experte der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ die Teilnehmer zu Beginn zehn Minuten lang über die drastischen Folgen von Masernepidemien und die Wirkung von Impfaktionen auf. „Erstaunlicherweise zeigt diese Massnahme keine Wirkung“, resümiert Kirchler. „Die Teilnehmer spendeten die gleichen Beträge, ob sie zuvor aufgeklärt wurden oder nicht.“ Dabei spielte es auch keine Rolle, ob sie einzeln über ihre Spendenbereitschaft entschieden oder in einem Marktumfeld die Spendenbeträge mit anderen aushandelten.
Extrinsische Anreize vor intrinsischer Motivation
Sehr wohl Wirkung zeigte hingegen die potenzielle monetäre Bestrafung von geringer Spendenbereitschaft und somit von unmoralischem Verhalten. In diesem Szenario nahmen weitere Personen an dem Experiment teil. Diese konnten die anderen Teilnehmer finanziell bestrafen, wenn sie unmoralisch handelten, mussten dafür aber auch einen Anteil ihres Startguthabens abgeben. „Wir spielten alle Szenarien mit jeder Gruppe zehn Mal durch. So konnten die Teilnehmer ihr Verhalten auch der Situation anpassen. Und es zeigte sich, dass durch die Möglichkeit der finanziellen Bestrafung die Spendenbereitschaft deutlich anstieg.“
Bereits in der ersten Entscheidung zeigte sich moralischeres Verhalten, da die Probanden die Gefahr der Bestrafung in die Entscheidung integrierten. Unterschiedlich reagierten sie, wenn sie nicht mehr anonym agieren konnten: „Wenn Personen allein entscheiden müssen, zeigt diese Massnahmen durchaus Wirkung“, so Ökonom Kirchler. „Im Marktumfeld hingegen macht die Aufhebung der Anonymität keinen Unterschied. Wir führen dies darauf zurück, dass die Verantwortung für die Entscheidung hier auf beide Handelspartner aufgeteilt ist“, sagt er.
Die Wissenschaftler schliessen aus den Ergebnissen, dass extrinsische Anreize stärker wirken als intrinsische. „Wir haben in dieser Studie den Einfluss von zwei sehr unterschiedlichen institutionellen Szenarien auf das moralische Verhalten des Menschen untersucht: individuelle und marktgetriebene Entscheidungen“, unterstreicht Kirchler abschliessend. „Die Ergebnisse können helfen, Regeln für die Einhaltung von ethischen Normen und Standards sowohl in der Gesellschaft als auch in Unternehmen zu optimieren.“
Quelle: pressetext.redaktion
Artikelbild: © TypoArt BS – shutterstock.com